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Burg, das sie erst zu dem macht, was man damit zu meinen Pflegt, fehlt nicht, und das ist
der Berchfried. Wo er dennoch mangelt, da sprach der Zeitgenosse nur von einem „Hause",
wenn auch die Bezeichnung „Burg" im Namen liegt, wie bei Frauenburg. Je nach der
Gunst des Bodens ist der Berchfried in der Mitte, meist aber an der Ringmauer angebracht,
ganz so, wie in den Städten die Burgen regelmäßig in eine der Ecken gestellt sind. Zwei
Berchfriede sind selten; wo sie Vorkommen, hat meist ein jeder sein besonderes Beobachtungs
gebiet. Zuweilen, wie bei Waldstein, ist der zweite vorgeschoben und außer oberirdischer
Verbindung mit der Burg; dann dient er als Vorwerk und mittelst der sogenannten
Kreidfener zur optischen Verbindung mit einer nachbarlichen Burg.
Zwei Berchfriede weist auch Thalberg auf bei Friedberg, so weit erkenntlich die
älteste Burg im Lande, sehr wahrscheinlich von den Grafen von Putten zwischen 1140
und 1150 gegründet. Sie steht auf mäßig hohem geräumigen Hügel, um den zu drei
Vierteln die Straße und zum letzten die Lafnitz sich windet. Ihre Anlage ist nach der Art
alter Edelhöfe ein Langeck, der Eingang im Osten bildet ein ungemein hohes Portal, das
die spätere Zeit um eine Klafter untermauerte, und daran lehnt sich ein Berchfried ganz
aus Quadern gebaut, den bis zur halben Höhe Steinmetzzeichen bedecken. Seine Pforte im
Hofe, hoch über dem Boden, zeigt schöne romanische Gliederung und Scnlptur; sein erstes
Geschoß ist eingewölbt und aus ihm führt die Treppe in der Mauer nach dem zweiten.
Gegen Westen war der Palas das Wohnhaus; jetzt in Ruinen, zeigt es an einzelnen Thüren
und Fenstern, daß es gleichfalls dem XII. Jahrhundert angehörte. Am Westende schließt
ein zweiter, gleich alter, aber minder sorgfältig gebauter Berchfried das Gesammte ab.
Welche Entwicklung der Burgenbau in Steiermark im XIII. Jahrhundert genommen,
läßt sich genau nicht verfolgen. Es ist zwar ein ungemein reicher Zuwachs darin nach
weisbar, der bald mit rechten, bald mit Unrechten Dingen vor sich ging, doch für strenge
Unterscheidung der Fortschritte mangelt es an Belegen. Dafür lernen wir die Ansichten
der Gesetzgeber in dieser Richtung kennen, vorausgesetzt, daß das österreichische Landrecht
in Steiermark ähnlichen Anschauungen begegnete. Darnach mag auch in ruhigen Tagen
manch böser Geist auf Burgen gehaust haben. Deßhalb schränkte man den Bau ein und
band ihn an ein gewisses Maß, das für den gewöhnlichen Schutz der Bewohner ausreichte.
Nicht einmal ein Freier sollte ohne Erlaubniß des Landesfürsten „ein edles Hans oder
eine Burg" bauen, wohl aber stand ihm unbenommen Haus oder Thurm, zwei Stock
werke hoch, doch ohne Zinnen und Erker, und dieser Bau durfte von einem Graben von
gesetzlicher Tiefe und Breite umgeben sein. Hier kehrt sonach der alte Edelhof wieder, und
bei starker landesherrlicher Gewalt hätte seine Schutzvorkehrung genügt. Allein eben das
XIII. Jahrhundert entbehrte der ersteren znm guten Theile, und in der wirren Zeit des
Zwischenreiches kamen jene Trutz- oder Verdrußburgen auf, welche der Eine dem Anderen