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Ludwig Lott.
Aufhängen nur Vortheil, da man dadurch verhindert war, die vielen Mängel fcharf
ins Auge zu fallen.
An der linken Ecke diefes Tifches befanden fich die Erzeugniffe von
Friedrich Jasper in Wien. Diefe Firma hatte eine Anzahl der bei ihr
gedruckten periodifchen Blätter, Werke, Brofchüren und Accidenzarbeiten ausge-
ftellt. Von der periodifchen Literatur miilfen wir vor allem andern die „Oefter-
reichifche Buchdrucker-Zeitung“ nennen, deren Redadteur, Herausgeber und
Drucker in Einer Perfon Herr Friedrich Jasper ift. Die Verdienfte, die fich Herr
Jafper als Redadleur der Buchdrucker-Zeitung erworben, gehören auf ein anderes
Feld; der Satz und der Druck diefer Zeitung find eines typographifchen Fach
blattes würdig. Von den Werken und Brofchüren muffen wir befonders das fteno-
graphifche Werkchen von Carl Faulmann nennen. Dafs Herr Faulmann feine
ftenographifchen Arbeiten mit Vorliebe der Buchdruckerei Jasper überträgt, ift.
ein ehrendes Zeugnifs für diefelbe. Aus den Accidenzen konnte man erfehen, dafs
diefe Buchdruckerei eine fchöne Auswahl von Typen befitzt und diefelben auch
gut zu verwenden weifs.
An der rechten Ecke des anderen Tifches, gerade hinter Jasper, befand fich
die Ausftellung von J. C.Fifcher & Comp. Diefe Druckerei, eine derjüngeren
in Wien, ging doch fchon in die zweite Hand über, als fie Herr Fifcher erwarb.
Unter dem erften Befitzer lieferte diefes Gefchäft nur Alltagswaare und noch
dazu um jeden Preis! Dafs es damit auch viele Arbeiten gab, die fogarun t e r
dem Preife waren, ift zu begreifen, wie nicht minder, dafs diefe Druckerei,
trotz ihrer Jugend und trotz Ueberfluffes an Arbeit, auf keinen grünen Zweig kom
men konnte. Seit der Uebernahme des Gefchäftes durch Herrn Fifcher, derfogleich
einen ftrebfamen, jungen Mann als Fadtor aufftellte, ift ein vollftändiger Um-
fchwung eingetreten, wovon man fich auf den erften Blick überzeugte. Der Bericht
erftatter war ganz erftaunt, dafs diefe Buchdruckerei nach kurzer Zeit fchon im
Stande gewefen, fo Vieles zur Ausftellung zu bringen, unter dem das Meiftefehens-
und betrachtenswerth war. Nur können wir leider nicht verfchweigen, dafs unter
dem Vielen auch manches Tadelnswerthe fich befand. Befonders hätte die Feftfchrift
des öfterreichifchen Mufeums und der damit verbundenen Kunftgewerbefchule,
ein Band in Grofsquart, eine beffere Behandlung verdient. Von den vielen
Plolzfchnitten diefes Werkes waren nicht alle fo gedruckt, wie fie hätten gedruckt
fein follen; der Satz des Textes, der aus Mediaevalfchrift hergeftellt war, hatte
Ueberfchriften aus andern neueren Schriften u. f. w.
Wenn wir jedoch einestheils in Rechnung bringen, dafs das Gefchäft erft
in den letzten Jahren vor der Weltausftellung in Fifcher’s Hände übergegangen
ift; wenn wir anderntheils die leidigen Arbeiterverhältniffe in Betracht ziehen,
unter denen felbft alte Gefchäfte mit einem Stamm gefchulter Arbeiter erheblich
gelitten haben; wenn wir dann erwägen, dafs ein folch junges Gefchäft doppelt
und dreifach unter dem Uebermuthe der Arbeiter zu kämpfen hatte, fo müffen wir
billig den ausgeftellten Gegenftänden alles Lob zollen.
Carl Fafo 1 in Wien hatte von feinen in Stigmatotypie ausgeführten
Kunftblättern zwei Gegenftände ausgeftellt, beide fowohl im Satze als in
Abdrücken, und zwar das Port rät Guttenberg’s und ein Früchtenftück.
Diefe Stigmatotypien find aus lauter Punkten zufammengefetzt, von denen 576
Stück auf einen Quadratzoll Wiener Mafs gehen. Die Punkte haben viererlei
Stärke und zwar ganz dicke, weniger dicke, feinere und ganz feine. Dafs der Satz
diefer Stigmatotypien grofse Aufmerkfamkeit, Kunftfertigkeit und namentlich
Geduld und Ausdauer erheifcht, kann man daraus ermeffen, dafs der Satz des
Früchtenftückes, 10% Zoll breit und 13 Zoll hoch, aus beiläufig 70.000 Punkten
zufammengeftellt ift.
So bewundernswerth diefe Arbeiten aber auch find, und fo grofses Auf-
fehen diefelben in der typographifchen Welt gemacht haben, dennoch müffen wir
bedauern, dafs Herr Fafol fich auf folch ein unfruchtbares Feld geworfen hat,
Buchdruck.
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anftatt dafs er feinen Gefchmack und Kunftfmn anderen praktifchen typograpliifchen
Arbeiten zuwendet, denn auf dem Felde der Stigmatotypie wird er fehr wenige
oder gar keine Nachahmer finden. Würde er z. B. feinen fchon feit langen Jahren
bekannten Gefchmack als Accidenz- und ganz befonders als Titelfetzer dadurch
verwerfhen, dafs er unter Beihilfe der vielen neueren Phantafie-, Band- etc. Ein-
faflimgen M u fl e r v o r 1 a g e n f ü r A c c i d e n z fe t z e r ausführte, worin nämlich
für Titel, Umfchläge, Actien. Gefchäfts-, Verlobungs-, Ball-, Einladungskarten
u. f. w. mit und ohne Einfaffungen, dann für Rechnungen, Facturen, Wechfel-
blanquette etc. Vorbilder enthalten wären: fo würde, wir find deffen überzeugt,
Fafol, unterflützt durch feine künfllerifche Auffaffung, eine fo grofse Abwechslung
und eine fo reiche Mannigfaltigkeit zu Tage fördern, wie fie aufser ihm kaum
Jemandem gelingen dürften. Wie künftlerifch Herr Fafol ein ihm gegebenes Mate
rial zu verwenden verfleht, haben wir oben an dem aus Meffing-Stücklinien zu-
fammengefetzten Tableau für Ruft & Comp, gefehen. Er würde ficli durch die
periodifche Herausgabe folcher Muftervorlagen nicht allein den Dank der Buch
druckereibefitzer und der nach vorwärts ftrebenden Setzer verdienen, fondern
auch zur Hebung und Veredlung unterer Kunft viel mehr beitragen, als durch
feine Stigmatotypien, die man bewundert, aber nicht nachahmt, weil die Punktir-
manier der Gravirnadel damit doch nicht zu erreichen ift.
Was wir hier über die mühfamen und kunftvollen, aber dennoch nicht
praktifch zu verwerthenden Arbeiten Fafol’s gefagt haben, gilt auch zum Theile
für zwei andere kunftvoll erzeugte Setzerarbeiten, und zwar für das bei M. S al-
z er ausgeftellte Tableau Glafer’ s und für den von Carl Schneid, Setzer m
R. v. Waldheim’s artiftifcherAnftalt, aus Epheuranken, anderen Einfaffungs-
ftücken und Linien hergeftellten Plafond. So kunftreich dieferPlafond auch gefetzt
ift, und fo ähnlich er auch dem von Profeffor T e i r i c h entworfenen und in deffen
„Kunftgewerbe-Blättern“ enthaltenen Plafond im Haufe Friedländer’s fein mag,
fo wird es doch Herrn Teirich oder einem andern Künftler gewifs niemals em-
fallen. einen ähnlichen oder andern Entwurf durch Verwendung von Einfaffungs-
ftücken etc. herftellen zu laffen, fondern fie werden ihn entweder in Holz fchnei-
den oder in Zink ätzen lallen, wenn er auf typographifchem Wege vervielfältigt
werden foll. Schneid’s Plafond war leider nur im Satze ausgeftellt, ohne dafs auch
Abzüge davon Vorgelegen hätten. Wäre diefs der Fallgewefen, unterUrtheilüber
diefe Verwendung des typographifchen Materials würde gewifs beftätigt wor
den fein. , , , .. ._ ,
Herr Schneid fowohl wie Herr Glafer, fchon lange als kunftlenfch
ftrebende Jünger Guttenberg’s bekannt, find auf der Wiener Arbeiter-Induline-
Ausftellung für ihre damals ausgeftellten kunftvollen Arbeiten beide mit Medaillen
bedacht worden. Wir fpenden ihren mühevollen und künftlerifch ausgeführten
Arbeiten bereitwillig, in Bezug auf die gefchickte Behandlung des Materials, das
belle Lob, geliehen aber ebenfo freimüthig unfer Bedauern, fo viel Gefchick und
Gefchmack, eine folche Unfumme von Fleifs und Ausdauer und folchen Aufwand
von Zeit an eigentlich unfruchtbare Arbeiten verfchwendet zu fehen.
Eduard Sieger, lithographifche Anftalt und Buchdruckerei in Wien.
Diefe Firma verlieht es meifterhaft, die lithographifche und typographische Prefle
in Gemeinfchaft zum Drucken ihrer Erzeugniffe zu benutzen. Doch hatte fie in
ihrem fchön und überfichtlich geordneten Kalten leider wenig von diefer Gattung
ausgeftellt und gehörte das Meifte zu den Erzeugniffen derlithographifchenPreffe ;
defto mehr fand man diefe Vereinigung in den grofsen Ausflellungsraumen zer-
ftreut aufgelegt, als Gefchäftsadreffen und Preiscourante der Ausfteller. Dafs
diefes Gefchäft aber auch dem Bücherdrucke befondere Aufmerkfamkeit widmet,
davon konnte man fich in der Colledtiv-Aufteilung der öfterreichifchen Buch-,
Kunft und Mufikalienhändler überzeugen, wo hier und da manches fchone bei
Sieger gedruckte Buch ausgelegt war.