Bau nach und in bezug auf ihren Auf-
wand an Schmuckmitteln zumeist noch
von solchen Dimensionen und von so
ausgeprägtem dekorativem Charakter
und solcher Würde, daß sie mit den im
XIX. Jahrhundert auftretenden beschei-
denen Raumverhälmissen und verein-
fachten Lebenshaltungen nicht mehr
vereinbar sind. Wohl wissen wir aus
Chodowieckis Blättern und anderen
Schilderungen des bürgerlichen Lebens
der Rokoko- und Zopfzeit, daß auch
damals der bescheidenere Haushalt gute
Möbelformen besaß. Es lebte in ihnen aber doch eine Steifheit und Ge-
bundenheit, die ja auch in einer zeremoniellen Umgangsform und in noch
anspruchsvollen feststehenden Kleidertrachten Ausdruck fanden.
Die Empirezeit hat diese Hemmungen nicht ganz überwunden, ja in
manchen Hinsichten durch exakte, nüchtern-kühle Formalität vermehrt.
Allerdings bei uns weit weniger als im prunkliebenden Kaiserreich Napoleons.
In den Dimensionen tritt bereits jene I-Ierabminderung ein, die zur Brauch-
barkeit im Wohnraum nötig ist. _
Das Schrankmöbel der Biedermeierzeit, das von der Vereinfachung der
Form durch den Klassizismus ausgeht und durch Weglassung der Steifheit
Beweglichkeit erreicht, nützt die vom XVIII. Jahrhundert übernommene
handwerkliche Durchbildung und Gewandtheit glücklich aus. So entwickelt
sich ein Reichtum an Typenbildungen, der den Sekretären (Schreib-
schränken), Glasschränken, Aufsatzkästen, Kommoden, Trumeaux mannig-
faltigste Ausbildung verschafft und das Eingehen auf Bedürfnisse und
Neigung der Besteller, auf Besonderheiten bürgerlicher Lebensgewohnheiten
. . ruft hier ein überraschend vielseitiges
Resultat hervor. Die Mannigfaltig-
keit zeigt sich aber weniger in der
äußeren, der Vereinfachung zu-
strebenden Erscheinung als in der
inneren, konstruktiven Beweglichkeit
_ und in einer reizvollen Ausbildung
. geschickter Materialverwendung und
-behandlung.
Die Tischmöbel erhalten ihren
Formenreichtum durch den stärkeren
Bedarf des Wohnraumes und Speise-
"A" r zimmers. Der Eßtisch erhält erst
' jetzt jene Bedeutung und konstruk-
Schreibtisch aus den Vorlageblättem von A.P0pp tive Durchbildung, welche aus der
Toilettetisch von A. Popp
11