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Volltext: Monatszeitschrift XXIII (1920 / Heft 11 und 12)

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Stellung „Einfacher Hausrat" und allen Sammlungen sowie der Bibliothek, in der Kunst- 
gewerbeschule allen Ateliers und Werkstätten. 
EROFFNUNG DER AUSSTELLUNG „EINFACHER I-IAUSRAT". Am 
i 3. November Vormittags wurde die Ausstellung „Einfacher Hausrat". verbunden 
mit einer Ausstellung von Plänen, Entwürfen und Ansichten von Kleinwohnungen, in 
Vertretung des Bundesministers für Handel und Gewerbe, Industrie und Bauten Eduard 
Heinl durch den Sektionschef Dr. Friedrich Rücker in Gegenwart zahlreicher Vertreter 
der öffentlichen Ämter und eines geladenen Publikums eröffnet. Der Direktor des Museums 
Hofrat Dr. Leisching begrüßte den Vertreter des Ministers und die Versammlung mit einer 
Ansprache, in welcher er die Ziele dieser Ausstellung darlegte, auf die Leistungsfähigkeit und 
einsichtsvolle Arbeitslust aller beteiligten Kreise hinwies und betonte, daß Voraussetzung 
und Folge der wirtschaftlichen Wiederaufrichtung Österreichs der moralische Aufbau aller 
schaffenden Kreise sei. Er richtete sodann an den Vertreter des Ministers die Bitte, die Aus- 
stellung eröffnen zu wollen, worauf dieser folgende Ansprache an die Versammlung hielt: 
„Unter den vielen schwierigen Problemen, vor die uns der Krieg und die 
Erschütterungen der Nachkriegszeit gestellt haben, greift wohl keines tiefer und 
schmerzlicher in das Leben der gesamten Gesellschaft und namentlich der jüngeren 
Generation ein als die Sorge um die Beschaffung und menschenwürdige Einrichtung 
einer Wohnung. Die ungezählten Tausende, die jahrelang im Felde unter namenlosen 
Anstrengungen und Gefahren ihr Leben in die Schanze geschlagen haben und nun 
in den traulichen vier Wänden eines eigenen Heims Erholung und Vergessenheit 
von "den Eindrücken jener furchtbaren Zeit suchen wollen, das Heer der Fest- 
angestellten und Arbeiter, die durch die Gründung eines eigenen Hausstandes wahre 
Menschlichkeit aus den wirtschaftlichen Nöten der Gegenwart in eine bessere Zukunft 
hinüberretten wollen, sie alle sehen sich heute der Unmöglichkeit gegenüber, auch 
nur die bescheidensten Bedürfnisse auf dem Gebiete der Wohnungskultur zu befrie- 
digen. Es rnuß sicher als ein äußerst dankenswertes Unternehmen begrüßt werden, 
wenn das Österreichische Museum für Kunst und Industrie darangegangen ist, durch 
Veranstaltung der Ausstellung von einfachem Hausrate den unter den wirtschaft- 
lichen Kriegsfolgen am meisten leidenden Bevölkerungsschichten wenigstens die 
Möglichkeit einer entsprechenden Aufklärung darüber zu bieten, welche Wege ein- 
zuschlagen sind, um unter Aufwendung verhältnismäßig noch geringer materieller 
Opfer Gutes und Dauerndes zu erhalten. Denn wenn sich schon die Sorge um die 
Aufbringung der notwendigsten Mittel zur Anschaffung auch nur des bescheidensten 
Hausrates lähmend und drückend gestaltet, so wächst noch darüber hinaus die 
Gefahr, für die aufgewendeten Mittel minderwertige Ware zu erhalten, die im 
Gewande einer gewissen fadenscheinigen Eleganz und unter Verwendung unechten 
Materials einen tatsächlich nicht vorhandenen und noch weniger berechtigten Luxus 
vortäuscht und immer tiefer hinabführt auf der Bahn der Kulturlosigkeit, die jedes 
tiefere seelische Leben und Erleben zu ersticken droht. Die Ausstellung, die ich heute 
zu eröffnen die Ehre habe, soll nun die Pfade weisen, die auch unsere Voreltern in 
Zeiten ähnlicher Bedrängnis wiederholt betreten haben. Gerade aus dem Drange der 
Zeit heraus sollen die einfachsten und schlichtesten, aber von wahrem künstlerischen 
Geiste beseelten Mittel gewonnen werden, um sich ein Dasein neu aufzurichten, das 
des äußeren Glanzes entbehrt, aber dafür von desto innigerer innerer Befriedigung 
getragen und erfüllt ist. Ich kann in diesem Sinne nur von ganzem Herzen dem 
Wunsche Ausdruck geben, daß die Ausstellung in gleicher Weise einem dringenden 
Bedürfnisse des Mittel- und Arbeiterstandes abhelfen als auch dazu beitragen möge, 
den Geschmack weitester Kreise zu veredeln und damit eine wahre Kulturaufgabe 
ihrer Erfüllung näherzubringen. Sie möge dem kunstgewerblichen Schaffen neue 
Anregungen bieten und den altbewährten Ruf des österreichischen Kunstgewerbes
	        
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