Festzugsgedankens: dreißig, die letzte Figur links, schon in voller förmlich
paradierender Sammlung, eins erst im Begriffe sich zu sammeln, noch ganz
Morgen.
Und wie herrlich ist das Ganze dreigeteilt; eine untrennbare Dreieinig-
keit! Phidiasisch, wie sich uns die Südmetopenreihe erwiesz" dreißig Figuren
waren auf drei Gruppen zu verteilen! Das geschah nun nicht nach trockenem,
symmetrischen Schema 3 X 10, oder I 1 + 8 + I I, 9 + I2 + 9, oder dergleichen,
auch nicht n + IO-I-Q, wie es nach der bisher üblichen Betrachtungsweise
widersinnig erscheinen würde, sondern, voll befriedigend, glücklich vorwärts-
schreitend im Sinne des hohen Meisters: 9+ 10 + u!
Auf diese Gesamtkomposition des Westfrieses wird noch zurückgewiesen
werden; nur ein Detail dieser Seite sei hier besonders hervorgehoben, weil
es, soviel ich sehe, bisher fast unbeobachtet blieb und doch kunsthistorisch
für die Stellung der Parthenonskulpturen in der ganzen Entwicklung der
griechischen Kunst und zueinander, Friese, Giebel und Parthenos, wichtig
ist. Der Reiter 23 (Fig. 5 rechts), nach der bisherigen Zählung 8, hat einen
auffallend verzeichneten Oberkörper: dieser erscheint bis zur Mitte der
Brust ganz richtig im Profil von links gesehen, dann aber schiebt sich die
rechte Hälfte der Brust und die rechte Schulter ganz unnatürlich vor, was
auch durch die Armhaltung nicht ausreichend begründet würde; das ist ein-
fach ein Rest von „rudis antiquitas", der sich ähnlich noch bei einem der
Reiter des Nordfrieses" und beim Poseidon des Ostfrieses Endet, der an den
Atlas der Olympiametope erinnert. Nur „Carrey", Dalton und Lüders haben
bisher, soweit ich das hier feststellen kann, darauf hingewiesen: Lüders
schreibt in der „Archäologischen Zeitung" (XXX, 1873), Seite 32, über „die
verzeichnete Figur des Reiters" und kann damit wohl nur diesen einzig und
allein aus der damals eben noch nachwirkenden Tradition erklärbaren „Stil"
meinen; „Carrey" hat diesen „Fehler" einfach „verbessert"; ebenso Dalton;""'"'
er ist, wie manches andere - die starke en face Zeichnung mancher Augen,
der Zopf des einen der Männer des Nordfriesesi- - nur ein beredtes Zeugnis
für das Alter auch dieses Teiles aller Parthenonskulpturen. Daß Cellafries und
Giebel zusammengehören, wurde schon oft erkannt; aber alle Skulpturen
lassen sich eben in einem so engen Zeitraum entstanden verstehen, daß sie nur
einen Teil des Lebenswerkes eines großen Künstlers ausfüllen können, nicht
auf verschiedene Schulen, geschweige denn Künstlergenerationen verteilt
zu werden brauchen. Am Faust wurde an 60 Jahre gearbeitet; die „Neunte"
beschäftigte Beethovens Geist durch seine ganze reife Lebenszeit!
„So viel aber steht ganz fest: mögen auch noch so viele Hände daran
gearbeitet haben, erfunden hat diese Komposition nur ein einziger, so reich
und wunderbar gleichmäßig strömt der Fluß der Erfindung, so prachtvoll
i" Jahrbuch des deutschen archäologischen Institutes XXXII (1917).
" „The P." pl. 57, Nr. 1x5.
f" Seine auf den Parthenon bezüglichen Blätter sind außer dem „vergessenen Panhenonbild" und der
„Wesrfassadeß wie ich jetzt neuerdings feststellte. für die Wissenschaft wirklich nahezu wertlos.
"i" „The P." pl. 44, Nr. 4x.