Nr. 12
INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG
Seite 129
hat sich als irrig herausgestellt. Aber als Denk
mal ostgotischer Schreibkunst und Dekoration auf
italienischem Boden aus der Zeit Theodorichs ist
uns heute der silberne Codex nicht minder wertvoll.
Bis auf unsere neue Buchkunst sind von ihm An
regungen ausgegangen: die wunderbare Schrift des
Codex ist das Vorbild der sog. Behrens-Schrift ge
worden. Die vorzügliche Wiedergabe aus Upsala,
die leider in deutschen Bibliotheken nicht viel zu
finden sein wird — außer Berlin besitzt sie auch
die Deutsche Bücherei in Leipzig als Stiftung der
schwedischen Universität — gibt da ein noch weit
besseres Bild dieses einzig kostbaren Stückes als
alle früheren Reproduktionen.
JCokoschka-JlussteUung in Condon.
Aus London wird uns berichtet:
Zum erstenmal seit 1914 ist in London die Ausstel
lung eines Angehörigen des einstmals feindlichen Landes
offiziell eröffnet worden. Zum erstenmal seit 1914 wurde
an hervorragender Stelle eine große Ausstellung eines
,,Mittelmächtekünstlers" gezeigt. Zum erstenmal bekam
London einen expressionistischen Künstler zu sehen;
bisher hatte man „diese Expressionisten“ nur vom Hören
sagen, von gelegentlichen Abbildungen gekannt. Man
kann sich vorstellen, welches Interesse der ersten großen
Ausstellung Oskar Kokoschkas entgegengebracht
Irurde. Die Ausstellung, die in einer der größten Lon
doner Galerien, der Leicester Gallery, stattfindet, wurde
vom österreichischen Gesandten, dem Baron Franken
stein, eröffnet. Außer sämtlichen Mitgliedern der öster
reichischen Gesandtschaft waren die meisten Angehörigen
der deutschen Botschaft sowie eine ganze Reihe be
kannter Persönlichkeiten aus Londons Kunst und Gesell
schaft erschienen. Man kann wohl sagen, daß keine
Privatausstellung des letzten Jahres am Eröffnungstage
einen solchen Andrang des besonders geladenen Publi
kums erlebte, wie diese. Keine Ausstellung der letzten
Zeit erweckte aber auch ein so allgemeines Interesse.
Gezeigt wurden neben einigen wenigen Aquarellen
35 große Oelbilder des Künstlers. Da es sich hauptsäch
lich um bedeutendere Werke handelt, außerdem aber
auch Werke aus den Jahren 1910 bis 1928 gewählt
wurden, kann man wohl behaupten, daß es eine wirklich
repräsentative und würdige Schau ist. Gezeigt werden
vornehmlich Landschaften, aber auch sechs Porträts aus
verschiedenen Zeiten sind zu sehen. Die Landschaften
geben einen Querschnitt nicht nur durch die verschie
denen Phasen von Kokoschkas künstlerischem Schaffen,
sondern auch durch seine vielen Reisen der letzten Jahre:
Es gibt Bilder aus Paris, Venedig, Lyon, Toledo, vom
Mont Blanc und von der Themse in London, von Biarritz
und von nordafrikanischen Oasen.
Die Bilder aus Afrika bilden ein Kapitel für sich:
Zum erstenmal werden in dieser Schau die Früchte von
Kokoschkas erstem Aufenthalt in Afrika gezeigt. Die
Landschaften und Araberporträte aus dem algerischen
und tunesischen Süden sind lockerer, leichter, farbiger,
gelöster, weniger „metaphysisch“, malerischer, auch
schmissiger und atmosphärischer als die früheren dunk
leren Landschaften der Jahre 1920 und 1925. Vielleicht
ist die Tiefe und der Ernst der früheren Genfer Land
schaft, der malerische Reichtum der Lyoner und die Ein
dringlichkeit einer der venezianischen Landschaften nicht
erreicht worden, dafür besitzen die neuen afrikanischen
Bilder einen gleichsam heiteren und transparenten Reiz,
der ganz neu in Kokoschkas Schaffen zu sein scheint.
Ob die Ausstellung eine wirksame Propaganda für
deutsche moderne Kunst werden wird, sei dahingestellt.
Bei den künstlerisch eigenartigen Ansichten der Eng
länder ist ein solcher Erfolg nicht ohne weiteres zu er
warten.
388. JCunstauktion des Dorolkenms.
Bei der vom 11. bis 13. Juni im Dorotheum
in Wien durchgeführten 388. Kunstauktion wurden
folgende Preise (in Schilling) erzielt:
Alte Oelgemälde,
4 Deutscher Meister, um 1700, Mariä Himmelfahrt . . 100
6 Deutsch, 18. Jahrh, Cioße dekorative Landschaft . 500
7 Desgleichen. Große deutsche Mittelgebirgslandschaft
mit Burgen 480
9 Flämischer Maler, 16. J,, Brustbild eines hl. Papstes 85
11 Flämischer Meister, um 1620. Gebirgslandschaft mit
Christus und den Aposteln 320
12 Flämisch, um 1700. Zwei bäuerliche Genreszenen . 100
13 Flämischer Meister, um 1650. Historische Szene . . 2150
14 Flämischer Maler, um 1700, Dame im Parke Laute
spielend 150
17 Holländisch, 17. J. Landschaft mit Dorf 140
19 Oosterwyck. Großes Blumenstück 400
21 Salvator Rosa zugeschr. Landschaft mit Merkur und
Marsyas 100
22 Italienischer Barockmaler. Christus und die Ehe
brecherin 80
24 Mailändische Schule, um 1520. Madonna lactans mit
zwei Heiligen 600
29 Oeslerreichdsch., 18. J. „Das gefangene Mäuschen“
und „Das Vogelnest" 80
36 Venezianische Schule, 18. ,1. Flußlandschaft mit Ba
denden 70
Aquarellbildnisse und Miniaturen.
37 A g r i c o I a, Halbfigur eines blonden Kindes . . . 350
39 Eyibl. Aquarellbildnis eines jungen österr. Offiziers 120
Neuere Oelgemälde und Aquarelle,
51 Rud, v. Alt. Aus dem romanischen Kreuzgang, in
Heiligenkreuz 110
61 C a r 11 n i, Maria Stuart . 80
65 D a r n u t. Bauerngarten mit blühendem Apfelbaum
und Bienenstöcken 130
66 Deutscher Maler, um 1880, Mutter und Kind . . . 150
67 D i e r. Bauerntanz 60
74 Dubuys. Französischer Fischerhafen' ...... 160
75 Ders. Fischerboote vor Venedig . 150
77 Gau ermann zugeschr. Kirchenruine ..... .600
80 Hasslwander. „Das verlorene Paradies" .... 60
86 I g 1 e r. Bauernmädchen an einem Spinett .... 200
87 Italien, um 1820, Die hl, Anna lehrt die kleine hl.
Maria die Hl. Schrift - . . . . 100
88 Kasparides. Die Wasserburg 50
92 K 1 i c. „Die erste Zigarre" 360
94 Larwin. Sitzendes Zigeunerweib neben einem
Tümpel 170
95 Ders. Zwei Zigeunermädchen 430
99 L i c h t e n f e 1 s. Gebirgslandschaft 100
102 Schule des Marko. Italien. Berglandschaft .... 50
104 M i e 1 i c h. Markt in Merg bei Kairo ; . . . ... 150
105 Moser. Inneres des Stephansdomes in Wien . . . 430
110 N o w a k. Pater Kellermeister beim W.einkoslen . . 300