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schulen vollständig befriedigt worden. Nach dem Wortlaut: in dem Vorworte hatte man
bei der Bearbeitung des BuchneHschen Leitfadens gerade die genannten Bildungsanstalten
im Sinne; aber nunmehr das Resultat dieses Strebens vorliegt, erscheint uns der ursprüng-
liche Charakter des Leitfadens wesentlich verändert. Durch zahlreiche kleinere Einschal-
tungen im Texte und ganz neue Ausarbeitung mehrerer ausführlicher Abschnitte wurde
der Umfang des Büchleins im Ganzen um sieben Druckbogen vermehrt, was trotz der
x74 Abbildungen einer ausgiebigen Vermehrung des Lernstolfes gleichbedeutend ist. Ich
fürchte nicht, missverstanden zu werden, wenn ich sage, aus einem Lernbuchc sei nun fast ein
Lesebuch geworden; das wird aber vollständig zuStande kommen, wenn die Autoren ihre Ab-
sicht ausführen und in der nächsten Auflage noch die Geschichte des Wohnhauses, das Ver-
haltniss derAntike zur Renaissance, ausführliche Berücksichtigung der deutschen Renaissance
und des Kunstgewerbes und eine Uebersicht der Kunstlitteratur bis zur Aufzählung größerer
Aufsätze aus Zeitschriften in ihr Bereich ziehen wollen. Das ist gewiss sehr loblich, besonders
wenn alle neuen Artikel so sorgsam ausgearbeitet werden, wie jene über die Malerei des Mittel-
alters und über die Entwicklung der Barocke in den einzelnen Ländern. (Die Charakteristik
des Rococo in seinem Elemente als decorativen Stils ist ein wenig zu kurz ausgefallen.)
Aber ein so ausgewachsenes Handbuch ist zum eigentlichen Schulgebrauche nicht mehr
recht verwendbar. Man kann doch nicht dem Lehrer der Kunstgeschichte, bei deren
Unterricht das lebendige, begeisternde Wort die Hauptrolle spielt, zumuthen, dass er den
Schülern das ganze Buch sozusagen vorlese und ihnen dann angebe, wie viel oder wenig
sie sich von dem Texte für die Prüfungen anzueignen haben. Uebrigens haben die Autoren
selbst schließlich ihr Buch für weitere Kreise und zum Selbsluntetrichte bestimmt. Zuletzt
kann nicht unerwähnt bleiben, dass in beiden Werken noch einige Nachträge zur oster-
reichischen Kunstgeschichte erwünscht und mehrere zum Theile sehr störende Druck-
tehler zu tilgen sind. Chmelarz.
n
Die Bautbätigkeit und Kunstpflege im Kloster Wessobrunn und die Wesso-
brunner Stuccatoren. Von Dr. Georg Hager. München 1894. Sonder-
abdruck aus dem oberbayer. Archiv des histor. Vereins von Oberbayern.
Dieses Buch ist mit sichtlicher Begeisterung für seinen Gegenstand und auf Grund-
lage einer sehr eingehenden Localforschung geschrieben und erfüllt dadurch den Zweck
einer gediegenen kunstgeschichtlichen Untersuchung über jenes uralte, im Jahre 763 bereits
gegründete bayerische Stift, welche bisher fehlte. Seiner Anordnung nach zerfallt es in
zwei Partien, von welchen die erste im großen Ganzen die mittelalterliche, die zweite
die Barock- und Rococoperiode des Hauses ganz vorzüglich behandelt, wenngleich man
in der Darstellung beider Perioden vielleicht etwas klarere und concisere Zusammen-
fassung des unendlichen Stoffes wünschen würde. Die mit anerkennenswerthem Fleiß:
gesammelten Details zerquellen Einem etwas zu sehr bei der nicht mühelosen Lectüre
und man hat zu thun, um sich aus denselben das Gesnmmtbild zu gestalten, welches die
Schilderung des Verfassers als Resultirende uns über der Fülle von Einzelheiten eigent-
lich schuldig bleibt. Der Autor hat eben große Verdienste als ein enorm eifriger
Sammler und Forscher von Materialien, aber es mangelt ihm noch an Methode, um ihrer
zum bequemen Genusse des Lesers Herr zu werden. ln unserer kurzen Besprechung des
Buches gehen wir übrigens an dem die altere Zeit betreEenden Theile hier kurz vorüber,
denn, was uns besonders interessirt, ist die Zeit der Wessobrunner Stuccatoren des
Barnckzeitalters, über welche sich der zweite Abschnitt eingehend verbreitet. Wir be-
merken blos, dass Hager mit ausgezeichneter Sorgfalt bemüht ist, das Bild der mittel-
alterlichen Klosterkirche, welche bei der Saecularisirung barbarischer Weise dem Erdboden
gleich gemacht worden war, wieder zu erwecken; dass dabei namentlich seine Forschungen
über die romanischen Apostelstatuen, von denen noch Fragmente vorhanden sind, aus-
nehmenden archaeologischen Werth besitzen. Mit diesen und den übrigen seiner Unter-
suchungen über die mittelalterliche Kirche und das Kloster wird man nur einverstanden
sein können und sie als erfreuliche Früchte liebevoller Beschäftigung mit dem Gegen-
stande begrüßen. Sowohl uns nach unserer speciellen Richtung, als dem Interesse dieser
Blltter liegt es aber zu ferne, sich auf die mittelalterliche Geschichte jenes südbayerischen
Klosters naher einzulassen, wogegen der zweiteTheil, besonders nach der Werthbedeutung,
die demselben der Autor selber für die österreichische Kunstgeschichte beimisat,
wohl geeignet ist, unsere besondere Beachtung herauszufordern. Aber, wir vermogen
uns mit dem Verfasser leider in dieser Hinsicht nicht eben einverstanden zu erkliren.
Hager hat gefunden, dass sich in dem Bezirke des ehemaligen Stiftes Wessobrunn
seit dem 17. Jahrhunderte eine Unmasse Stuccatorer befanden, deren Namen er in un-
erschopflichem Reiehthum aus dortigen Kirchen-, Pfarr-, Tauf-, Trau- und Sterbever-
zeichnissen bis in unser Saeculum mit größtem F leiße herausgehoben hat. Er bespricht
auch stilgeschichtlich genau ihre Leistungen, die Stuccaturen, welche sich in den noch.