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wechseln, auf anderen Objecten, gravirte, manchmal von erstaunlicher
Feinheit, aber nie so wirkungsvoll wie die halherhabene Decoration.
Der Uebergang von der gegossenen zur geschmiedeten Bronze voll-
zog sich ohne Zwischenstufen. Eine solche industrielle Umwälzung ist
nicht denkbar ohne den Eintritt eines mächtigen neuen Culturelementes
- sagen wir eines fremden Volkes. Dieses Volk können aber nicht die
Etrusker gewesen sein; denn diese besaßen eine vielleicht etwas anders-
geartete, aber jedenfalls keine höhere Cultur als die Terramaricoli. Die
Metallkunst, von der wir eben sprachen, ist aber das Ergebniss einer
langen Entwicklung und Lehrzeit, von der in Italien alle Spuren fehlen.
Das Verhalten der Etrusker und Italiker zur Metallkunst gleicht
dem der Griechen im homerischen Zeitalter, wo bronzene Dreifüße,
Schalen, Helme, Waffen als Kampfpreise für die besten Helden aus-
gesetzt werden. Man erzählt sich die Herkunft einzelner Stücke, sei's
dass sie Hephaistos selbst geschmiedet, sei's dass phönikische Kaufleute
sie an den griechischen Küsten zurückgelassen.
Dazu kommt noch, dass man eine Reihe von Formen jener Metall-
kunst im Osten, in Griechenland und auf Kypern, wiederfindet, und dass
andere Gegenstände, welche ausschließlich neben jenen Bronzen vor-
kommen, zweifellos exotischer Herkunft sind. Hieher gehören eiserne
Schwerter und Messer mit elfenbeinverzierten Knäufen; Drähte, Nadeln,
Spiralen und Fibeln aus Gold, Goldscheiben mit getriebenen Ornamenten;
vergoldete Bronzebleche; Drähte, Fibeln, Ringe, Armbänder und getriebene
Bleche aus Silber; Anhängsel aus emaillirtem Glas, Muscheln, die im
Mittelmeere nicht vorkommen, ägyptische oder ägytisirende (phönikische,
griechische) Amulette und Skarabäen.
Wahrscheinlich haben phönikische Schiffer den Seehandel eröffnet,
welcher der italischen Keramik neue Vorbilder und dem italischen
Luxus Bronzevasen und Bronzegeschmeide zufiihrte, den Sinn für Plastik
weckte und in die dumpfen Hütten abendländischer Halbharbaren einen
Schimmer von der Lebensfiille des Morgenlandes warf. Tyrus und Sidon
hatten berühmte Erzwerkstätten, holten das Zinn aus dem fernsten
Westen und brachten gewiss auch viel fertige Bronze und anderen Tand
nach dem Occident. Doch werden sehr früh auch die Griechen an
diesem Verkehr theilgenommen haben. Das geometrische Decorations-
princip ist nicht eigentlich in der orientalischen Kunst zu Hause. Die
Elemente desselben sind Gemeingut vieler Völker, nicht blos der Indo-
gerrnanen, wie man früher gemeint hat; aber die Composition derselben
zu einer wohlgeordneten Buntheit, der geometrische Stil, erscheint in
seiner höchsten Ausbildung doch nur auf dem Boden Griechenlands und
seiner Inseln.
Außer dem Vorkommen verwandter Bronzen in Griechenland muss für
die Ursprungsfrage des Villanovastils noch die Summe von mehr oder minder
sicheren Nachrichten in Anschlag gebracht werden, welche einen uralten