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Er kam selbst auf den Gedanken, seine beliebten, nur manchmal zu
porzellanglatt gemalten Genrebildchen durch Janinet's Kunstweise zu
vervielfältigen, immer geschickt in der Composition, gut in der Färbung,
prächtig gezeichnet, voll Leben und auf's sorgfältigste im Drucke über-
wacht. Letzteres Moment spielt bei dieser Reproductionsart wegen der
nothwendigen Geschicklichkeit im Auftragen der Farben und Ueber-
drucken der Platten eine sehr große Rolle, so dass kaum ein Abdruck
dem anderen ganz gleich ist und aus dieser Ungleichheit der Blätter
sich zum Theil auch die Verschiedenheit ihrer Preise erklärt.
Bei Nennung von Debucourt denkt jeder Sammler sofort nur an
dessen zwei Hauptblätter: die nPromenade de la Galerie du Palais
Royalu vom Jahre 1787 und wdie Promenade publique du jardin du Palais
Royalu vom Jahre 1792. Beide Blätter illustriren uns das Leben und
Treiben im Palais Royal vorn Ende des vorigen Jahrhunderts, jenes
Palais Royal, welches die Capitale von Paris, der Salon und Rendezvous-
platz der Nationen genannt wurde, der Ort, den jeder richtige Pariser
täglich mindestens einmal aufsuchen musste, wollte er in der Gesellschaft
überhaupt noch zählen und gegen Mode und guten Ton nicht ganz ver-
stoßen. Das erste Blatt, die Promenade in der Galerie mit dem Cafe
de la Rotonde wurde bei seinem Erscheinen im Mercure de France um
12 Livres angekündigt, und zwar als groteskes, pikantes, originelles Bild
mit zahlreichen unterhaltenden Gestalten. ln der That ist dasselbe ein
köstliches Spiegelbild der damaligen Gesellschaft am Vorabende der Revo-
lution, mit Stoff zu stundenlanger Ergötzung und einer Menge von
Charakterfiguren und Caricaturen, von denen unsere heutigen Salonlöwen
und Straßen-Dandies noch manche neue ldeen für den Bau ihrer Kleidung
entnehmen könnten. Wie gesagt um 12 Francs ausgegeben, wurde dieses
Blatt vor zwei Jahren mit 1500 Francs bezahlt, und nicht mindere Preise
erzielt die Promenade publique, die gleichfalls eines der lustigsten Blätter
zur Zeitschilderung genannt werden kann; allerdings mit sehr wahrnehm-
baren Veränderungen im Costüm und förmlich auch in den Physiognomien
während der 5 Jahre seit der Promenade du jardin, aber immerhin noch
ein drastisches Bild des menschlichen Wettrennens nach leichtfertigem
Vergnügen, des losgelassenen Serails vom Palais Royal mit seinen mehr
als 600 Mädchen, wo die Küsse und Rendezvous-Bestellungen nur so in
der Luft herumschwirren, rnarkirt von der Hand stadtbekannter Herren,
wie des Herzogs von Chartres. Vor einigen Decennien war dieses Blatt
auf dem Pont-neuf um 15-20 Sous zu haben und heute müssten dafür
mindestens ebensoviele hundert Francs bezahlt werden ').
(Schluss folgt.)
') Siehe die Biographie Debucourfs in E. Goncourt: L'art du dixhuitieme siecle.
ll, pug. 267 E.