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anderen Teppich (Oesterr. Museum) stürmen die wilden Männer, auf
Fabelthieren reitend, eine gleichfalls von wilden Männern vertheidigte
Burg, während links davon zwei Männer und eine Frau, auch diese
letzteren demWaldgeschlechte angehörend, unter einem Zelte zum Schmause
versammelt sind. Von letzterem Teppich findet sich eine in allem Wesent-
lichen identische Wiederholung auf der Wartburg, woraus deutlich her-
vorgeht, dass diese Darstellungen nicht immer aus der jeweiligen Phan-
tasie des Verfertigers heraus, sondern bereits nach gegebenen festen Vor-
bildern, also wohl nach gemalten Cartons hergestellt wurden. Man ist
geneigt, diese Teppiche noch in das 14. Jahrh. zuriickzuversetzen; - der
paiäograpische Charakter der Inschrift lässt am Straßburger Teppich
eher das 15. Jahrh. vermuthen, wogegen in den Bandrollen des anderen
sich Maiuskeln linden, die zu einer genaueren Zeitbegrenzung nicht zu
gebrauchen sind. Von verwandten Darstellungen existirt in Basel ein im
Beiwerk noch sehr alterthümlicher Teppich, mit ähnlichem Inhalt wie am
Straßburger Teppich, doch sind dort die wilden Männer durch einen jungen
Herrn und eine Dame ersetzt, deren Costl.'1m bestimmt auf das 15. Jahrh.
hinweist. Man wird also vielleicht am besten thun, die Entscheidung
zwischen dem 14. und 15. Jahrh. offen zu lassen.
Von religiösen Darstellungen sind insbesondere hervorzuheben ein
vortreülich erhaltener Tod der Maria (Dr. Figdor) aus Schloss Annen-
berg im Vintschgau, und eine Anbetung der Könige (ders.) aus Ober-
italien oder der Südschweiz. Eine weitere Anzahl von kleinen Dorsalien
vertritt den Uebergang vom 15. zum 16. Jahrh., der in den meisten
Fällen ziemlich weit in das letztere zu datiren sein dürfte. Vollständig
auf dem Boden der Renaissance, nach lnhalt und Ausführung, steht
aber ein prächtiger Behang mit dem Mythus von Ifyramus und Thisbe
(Dr. Figdor), der in seiner noch immer gotbisirenden Inschrift die Jahres-
zahl 1538 trägt. Dieses Datum mag die deutsche Rücklaken-Wirkerei
nicht mehr lange überdauert haben, und dasselbe Schicksal hat wohl
auch die Wirkerei von rein ornamental gehaltenen Tapeten gehabt,
wovon sich ein Exemplar mit Granatapfelmuster (Dr. Figdor), Gelb in
Roth, in der Ausstellung befindet. Unmittelbar daneben hängt eine
ähnlich gehaltene Tapete aus Schloss Tratzberg (Graf Enzenberg), die
ungefähr um das Jahr 1560 entstanden ist; dieselbe ist aber bereits gewebt.
Damit hat die Teppichwirkerei als Volkskunst in Deutschland ihr
Ende gefunden. Was späterhin in München und anderswo erzeugt worden
ist, das hatte seine kurzlebige Existenz der vorübergehenden Laune ein-
zelner Fürsten zu verdanken, die flämische oder französische Wirker in
ihre persönlichen Dienste zogen, ohne dass aber deren Thätigkeit irgend
eine nachhaltigere Wirkung auf dem deutschen Boden hinterlassen hätte.
Wir haben also in den späteren Gobelinmanufacturen der deutschen
Höfe nur Episoden der niederländischen und französischen Teppich-
wirkerei zu erblicken, weshalb auch die nach dieser Richtung vorhandene