Stoffe, Bewegungsrhythmus, die Delikatesse des Umrisses, das Spielen der Kleiderfalten
beim graziösen Schreiten, das werden dankbare Aufgaben. Und ihre bestrickendste
Erfüllung finden sie in Nymphenburg. Zwei erlesene Figürchen der Darmstädter Kollektion
Poru-ätmedaille von Antonio Abbondio (l-lofmuseum in Wien)
geben hiefiir Beispiel. Voll sprühender Verve, mit momentanem Griff sind sie gefasst und
ihre Gewänder sind mit koloristischer Finesse abgestimmt.
Wie die Ahnen moderner impressionistischer Frauenplastik in Terrakotta und
Porzellan wirken sie, wie Verwandte der Damen des Desjean und De Feures aus dem
achtzehnten Jahrhundert.
Pompöser, repräsentativer sind die Meissener Krinolinfiguren von Kändler. Grosse
Kunst liegt in der Modellierung der Silhouetten, in der grosszügigen Behandlung dieser
schweifigen Kleiderarchitektur. Subtil ist die Farbengebung. An Email cloisonne wird
man bisweilen bei den tiefen grünen und blauen Lustertönen auf schwarzem Grunde
erinnert. Diese Porzellanplastik hat auch grosses Interesse für die Tierwelt. Während
heute Kopenhagen die Alltagstiere bevorzugt, sucht sich jene alte Kunst das Rare und
Barocke der Menagerien oder die Geschöpfe koloristisch verschwenderischer Naturlaunen.
Papageien mit gesträubtem gelb und rotem Gefieder sind die eigentlichen Porzellan-
vögel. Ihre abenteuerlichen Formen und Farben mit dem Duft wunderbarer asiatischer
Ferne entsprechen dem Zeitgeschmack, die Kakadus sind in ihrer Auffassung für die Tier-
welt das, was die langzöpiigen Chinesen in bunt geblümtem Seidenkleid für die
Menschenwelt bedeuten.
Auch die „indianischen" und „kalekuttischen" Hähne, die ernailschimmernden Gefieder
der Perlhühner und der Fasanen sind lockende Muster.
Dabei fehlt der bürgerlich genrehafte Zug nicht, man findet ihn namentlich bei der
Hundedarstellung. Die Meissener Möpse als ehrbare Wächter eines Tintenfasses
belegen das.
Ein ganzes Reich für sich bilden die Porzellangrotesken und sie haben auch einen
eigenen Sammler in Herrn Wilhelm Gumprecht gefunden. Die Freude am Kurieusen und
Monströsen, an Hofnarren und Zwergen hat sie geschaifen. Vorbildliche Nahrung empfing
sie durch chinesische Pagoden, die sehr gern nachgebildet wurden. Aber auch viel
eigenes entstand, ein „Hof der Wunder", ein Raritätenkasten der Abnormitäten ist die
Gumprechtsche Vitrine. Ein anregendes Thema müsste es sein, die literarischen, male-
rischen und Zeitbeziehungen dieser Fratzen und Grimassen zu studieren. Zusammenhänge