in krummen Gäßchen, intime Höfe, bunte Läden bis zum Aufbau des Ganzen auf hügeligem
Gelände, bekrönt von Kirche und Schloß, die in schweres Gewölk hineinragen und in den
Strahlen einer vergoldenden Sonne zu monumentaler Kraft emporwachsen. Mannigfaltiges
ist mit sicherem Griff, mit feiner Beobachtung und festem Zusammenschluß tüchtig und
lebendig geschildert.
In einem anderen Raume weiß Radler den bunten leuchtenden Zauber heimischer
Blumenpracht ornamental und doch lebensvoll auf die Leinwand zu bannen. Tüchtiges
Naturstudium von F. Kruis, farbenfrohe und frische Bildnisse von V. Reisenbichler
erfreuen und erfrischen. All dies bewegt sich gemessen und sicher in den bewährten
Geleisen, die nun lange schon ihre verdiente Geltung errungen haben. So lange, daß heute
schon wieder ein neues Empfinden und Wollen stürmisch hervordringt, das diese
gefestigte Übung als eine Erstarrung verurteilt. Die Ausstellung der Sezession ist frei von
solchen Umstürzen. Und mehr noch, sie zeigt eine bewußte Betonung der akademischen
Tradition in einer umfangreichen Abteilung, welche der Baukunst gewidmet ist.
Leopold Bauer hat sich mit gutem Recht in die Öffentlichkeit begeben, um sein
Hauptwerk dem Urteil vorzuführen, das in der Ungunst der Zeiten von der Zurückstellung
bedroht ist. Der Neubau, der für die Österreichisch-ungarische Bank errichtet werden
sollte, beschäftigt den Künstler seit acht Jahren und erfüllte sein ganzes Denken und
Trachten, der Entwurf war steter Verbesserung und Ausbildung unterworfen, so daß
gegen 18 Projekte entstanden. Die Schwierigkeiten der Anforderungen, die Kompliziertheit
der Bgdürfnisse, ihre einwandfreie Befriedigung in konstruktiver Hinsicht und mit Wahrung
der künstlerischen Absicht verursachten eine bedeutende Arbeitsleistung, in deren Umfang
die zahlreichen Zeichnungen und größeren Modelle Einblick geben. Man erlangt hier
Kenntnis von der enormen Leistung baukünstlerischer Arbeit, die gewissenhaft und kritisch
einer großen Aufgabe gerecht werden will, die den Auftraggeber befriedigen, den Zeit-
forderungen gerecht werden, ein schwieriges Problem künstlerisch lösen will.
Leopold Bauer sagt in den begleitenden Worten, die er zu seiner Ausstellung
verbringt, daß er in der Architektur Chronik und Spiegel ihres Zeitalters erblickt, daß er
die wichtigsten Forderungen seiner Zeit zu erkennen, ihnen künstlerischen Ausdruck zu
geben bemüht war, daß er den entscheidenden Tendenzen seines Jahrhunderts entgegen-
zukommen strebte. So sehr dies nun in der Klarheit der Disposition, in der Durchbildung
der konstruktiven und räumlichen Erfordernisse der Fall ist, der formale Ausdruck
dieser inneren Kräfte läßt jene Absicht nicht klar erkennen. Bildet schon ein mächtiger
zentraler Turmbau als ein typischer Repräsentant alter akademischer Ideale nicht den
Ausdruck einer Zweckforderung, sondern eines Bauwillens, der Symbole bevorzugt, so
greift auch die Formensprache aller schmückenden Bauglieder auf den antikisierenden
Apparat zurück, der seit der Renaissancezeit immer wieder auflebt.
Von der Ecole des Beaux-Arts, jenem Hort des klassischen Bauprogrammes und der
historischen Formensprache, aus ist die ganze Welt - die alte europäische und mehr noch
die neue überseeische - mit Bauwerken offizieller Zweckbestimmung versorgt worden; die
größten baukünstlerischen Aufgaben der neuen und der alten Welt sind dieser Macht aus-
geliefert worden. Der wirkungsvolle, leicht verständliche Eindruck ihrer mächtigen Kuppel-
bauten, Türme,Kolonnaden, denen oft keine innere Notwendigkeit, sondern vielmehr zumeist
ein äußerliches Prunkbedürfnis mit mehr oder weniger gediegener formaler Gewandtheit
entsprach, dieser erprobte Apparat bewußter Eklektik bildete stets eine große Gefahr
für die Entwicklung einer neuen Zeitkunst. Die Forderungen unserer ganz von großen
technischen Problemen erfüllten Zeit gingen von strengster Selbstbesinnung aus, von der
Entfernung alles formaltheoretischen Ballastes und aller akademischen Symbolik. Die Über-
Windung des akademischen Programmes war eine ihrer Hauptbedingungen.
Österreich und Deutschland waren die stärksten Arbeitsgebiete dieser in bestem
Sinne zeitgemäßen Bestrebungen, die hervorragende Leistungen vollbrachten. Leopold
Bauer hat geraume Zeit in ihrem Sinne geschaffen, ist aber aus den Reihen der Vorkämpfer