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Ausgeführt wurden die Blätter in der Kunstgewerbeschule unter
Leitung von Prof. H. Herdtle, von Schülern seiner Abtheilung und
zwar mittelst Autographie. Der Maßstab, V5 der natürlichen Größe, ge-
stattete ein möglichst exactes Eingehen auf die Detailbildungen, so dass
in dieser Hinsicht die Blätter auch für den ausführenden Kunsthandwerker
von Nutzen sein werden.
Zu den im ersten Hefte gebrachten Beispielen von Schränken und
Stühlenwerden in den folgenden Heften außer ergänzenden Grundrissen
zu Blatt l und 3 noch Beispiele von Tischen, Buffefs, Lehnstühlen, Bett-
stellen etc. hinzukommen, so dass das Mobiliar der französischen Renais-
sance möglichst vollständig vertreten sein wird.
Den nach dem AUSSpfUChC von Meistern, wie Semper und Viollet
le Duc, an ein gutes Möbel zu stellenden Anforderungen: Klarheit der
Construction und richtige Vertheilung der Verzierungen, deren Composition
der Technik des Holzschnitzens angepasst ist, entsprechen gerade die Möbel
der französischen Renaissance in hohem Grade. Nach Viollet le Duc hatte
die Möbelkunst vom Beginne der Renaissance das Verdienst, ndie dürftige
Ziererei der letzten gothischen Epoche zu beseitigen, ohne in die Ueber-
treibungen und Schwerfälligkeiten derjenigen Ludwigs des XIV. zu ver-
fallen. Die Construction des Möbels hatte sich vereinfacht und entsprach
den Bedürfnissenm Wo architektonische Motive angewendet werden, sind
sie dem Materiale entsprechend umgebildet; nie findet man spielende Nach-
ahmungen wirklicher Bauwerke.
Von Franz I. bis Ludwig XllL, so ziemlich also das ganze 16. Jahr-
hundert lang, dauert die Epoche, der die hier zu behandelnden Möbel
entstammen. Schon im Mittelalter waren französische Möbelwerkstätten
berühmt, vor Allem die von Paris, nicht minder die von Lyon und Toulouse.
Burgund, Auvergne und Normandie blieben nicht hinter der lle-de-France
zurück, und als sich der italienische Einfluss in Fontainebleau geltend
machte, war die Lyoner Schule schon fest begründet.
Es sind aus jener Zeit der Renaissance auch Entwürfe von Möbeln
hinterlassen, theils in Miniaturen, Handzeichnungen u. dgL, doch ersetzen
dieselben namentlich für den ausführenden Möbeltischler nicht die Wieder-
gabe und correcte Aufnahme alter Originalmöbel. Selbst die Arbeiten
Ducerceau's und seiner Nachfolger, die ja praktisch gebildet waren und
speciell für Zwecke der Industrie gravirten, sind nur für sehr routinirte
Arbeiter bestimmt, die sozusagen zwischen den Zeilen zu lesen und das-
jenige bei der Ausführung hinzuzufügen verstehen, was den Ideen der
Meister erst Körper verleiht. Ebenso sind die prächtigen photo- und helio-
graphischen Publicationerf) der Franzosen nach alten Originalen, deren
') Meubles e! Obieß d'Art des XV., XVL, XVII. Siäcles. Goupil 6100. 1871. Rzcueil
descr. e: nis. de principaux objets d'art ayant 65m6 ä FExposition de Lyon 1877. pur
J. B. Giraud. Paris 1878.