BEILAGE
zu
Nr. 192 der „Mittheilungen des k.k. Oesterr. Museums".
Tag an der Arbeit und gern bereit, den Schülern, wenn es nöthig war,
rathend zur Seite zu stehen. Und so wurden die Schüler Laufbergefs
nicht blos zur Kunst, sondern auch zur Arbeit herangezogen. Das falsche
Künstlerthum, das sich in affectirter Genialität und auffallender Kleidung
zu documentiren für nöthig hält, hatte in Laufberger den entschiedensten
Gegner. Er duldete nicht, dass seine Schüler den zweiten Schritt machten,
bevor sie den ersten mit Sicherheit gethan hatten. Auch das müssen wir
ihm rührnend nachsagen, dass er den Beruf und die Grenze der Kunst-
gewerbeschule nie aus dem Auge verloren hat.
Allerdings ist die Kunst eine untheilbare; wer sich in der Kunst-
gewerbeschule der Kunst widmet, muss wissen, dass man den vollen
Künstlerberuf in sich fühlen muss, um auf dem Gebiete der Kunstgewerbe
zu voller Geltung zu gelangen. Es ist ein Vorurtheil, das aus den alten
Vorurtheilen des privilegirten akademischen Künstlerstandes herstammt,
dass man den Künstler, der auf dem Gebiete der Kleinkunst oder decora-
tiven Kunst Kunstwerke schaEt, nicht als Künstler eben so hoch stellt als
Denjenigen, welcher auf dem akademischen Kothurn einherschreitet. Der
Werth eines Kunstwerkes wird nicht mit dem Zollstabe gemessen. Denn
die kleinen, zierlichen Tanagräischen Figürchen sind wahrhaft grosse
Kunstwerke, trotz der kleinen Form. Niemand wusste es besser als Lauf-
berger, wie eng verbündet das, was wir Kunstgewerbe heutigen Tages
nennen, mit der ganzen großen Kunst und wie die erstere nur ein Bruch-
stück von der ganzen großen Kunst ist. Der Einblick in den Zusammen-
hang der einzelnen Künste untereinander, der ornamentalen mit der figu-
ralen, der Malerei mit der Architektur, gibt wie der ganzen-Kunstgewerbe-
schule des Oesterr. Museums, so auch speciell der Schule Laufbergers
einen eigenthümlichen, wohlthuenden Charakter. Es ist von anderer
berufener Seite schon geschildert worden, wie förderlich das Zusammen-
wirken und die innige Freundschaft Storcks und Laufhergers für die Schule
selbst gewesen ist und wie zahlreiche Kunstschöpfungen dem Zusammen-
wirken dieser beiden Künstlerfreunde ihr Entstehen zu verdanken haben.
Seit dem Jahre r873 ist die Frage der Reform des Zeichenunterrichtes
an der Tagesordnung. In all den zahlreichen Conferenzen und Commis-
sionen, die sich mit dieser Frage, welche nicht blos eine pädagogische,
sondern eminent volkswirthschaftliche ist, beschäftigten, hat sich der päda-
gogische Beruf Laufbergers glänzend bewährt. Ich bin überzeugt, dass
alle Schulmänner und alle Künstler, welche sich mit dem Lehrfache be-
schäftigen, mit mir übereinstimmen, dass nicht blos ein tüchtiger Künstler,
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