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Mit Zuhilfenahme der im Depot ruhenden Werke alterer Wiener Schulen wird es mög-
lich sein, den Zusammenhang, freilich nicht ohne Lücken, zu gewinnen, so zwar, dass
die deutsche Schule, bei den altdeutschen Werken beginnend, mit der modernen Zeit
abschliesst.
Die vorhandenen deutschen Bilder der Galerie beginnen mit dem 14. Jahrhundert
(Theodorich und Wurmser) und reichen in stets wachsender Anzahl bis auf die jüngste Zeit.
Die Bilder der niederländischen Schule beginnen in der Galerie mit dem 15. Jahr-
hundert: Eyclt, Geertgen von Harlem, Rogier van der Weyden, Memmling, Van der
Goes und Peter Porbus sind in der kais. Galerie die Repräsentanten derselben und sie
schliesst im 18. ab. Weit mehr als die Halfte dieser Bilder gehören dem 17. Jahrhun-
dert an; sie bilden somit die Hauptmasse der niederländischen Sammlung, welche überw
haupt von allen dreien die zahlreichste ist.
Die italienische Sammlung hat ihren Schwerpunkt ebenfalls im 17. Jahrhundert.
Die alt-italienische Zeit, namentlich die Florentiner, zahlt leider zu den empfindlichsten
Lücken der Galerie. Das reizende Bildchen von Benozzo Gozzoli, welches, aus der Böhm-
schen Sammlung stammend, in der GselPschen Licitntion für das Belvedere gekauft
wurde, muss allein eine reiche hochinteressante Kunstperiode reprasentiren. Der berühmte
Bildertausch mit Florenz unter Kaiser Franz, welcher bestimmt war, diesem Mangel ab-
zuhelfen, hat uns das einzige, allerdings sehr werthvolle Bild Fra Bartolomeds gebracht,
dann aber grösstentheils zwar Florentiner, aber (Andrea del Sarto ausgenommen) leider
nicht die richtigen. Statt Giotto, Fiesole und Botticelli haben wir Jacopo da Empoli und
Cardi erhalten; dafür aber Dürer, Tizian, Giorgione, Paul Veronese, Leonardo da Vinci etc.
von der besten Qualität in Tausch gegeben.
Die Aufstellung muss sich, so gut es geht, darüber hinweghelfen, bis ein günstiges
Ereigniss vielleicht zu neuen Erwerbungen nach dieser Richtung verhilft. Uebrigens gibt
es einen Trost. Es gibt keine Galerie, die vollständig Ware, und die Belvedere-Galerie
kann immer noch, trotz ihrer Lücken, zu den vollstandigeren gezahlt werden.
Die Austheilung der Räume im neuen Museum würde sich nach dem Aufstellung:-
projecte folgendermassen gestalten: '
Wenn der Besucher des Museums die Haupttreppe erstiegen hat, bieten sich ihm
im ersten Stockwerke drei Haupteingänge dar. Der eine in der Mitte der Längenseite des
Hauses, gegen die Babenbergerstrasse, und zwei andere, rechts und links an der Haupt-
front, gegen das Maria-Theresia-Monument. Es sind im Ganzen neun Thüren, welche in
die Galerie führen. Diese besteht aus 14 grossen, 6 Klafter breiten, 10 - 14 Kl. langen
und 8 Kl. hohen Oberlichtsälen, welche, nach der lnnenseite des Hauses liegend, um
zwei grosse Hofe rechts und links des Treppenhauses herumlaufen, und aus 12 Sälen von
derselben Lange wie die Oberlichtsale, aber niedriger, mit Seitenlicht versehen. 59 Fenster
bilden durch die eingestellten Scharwände eben so viel Compartiments, so dass x18 Be-
hangwande, von Seitenlicht beleuchtet, zur Aufnahme von Bildern kleinerer und delica-
tcrer Gattung vorhanden sind. '
Die Benutzung dieser Raume soll nach dem Aufstellungsplane in folgender Weise
stattfinden.
Die Mittelthüre im Fond führt zur altdeutschen und altniederländischen Schule,
derart, dass der Eintretende rechts zur altdeutschen und links zur altniederlandischen
Schule gelangt. An den ersten Saal, mit altdeutschen Bildern, schliessen sich in aufstei-
gender Reihe die deutschen Werke bis in die neueste Zeit. Damit ist die deutsche Schule
an den Ecksaal und an die kleine Ecktreppe gelangt, wo sie ihren Abschluss Endet.
Aus dem ersten Saale links, mit altniederlandischen Bildern, entwickeln sich nach
links die niederländischen Schulen und ihre Ausgänge münden in der Mitte an der
Kuppelseite der Treppe. Zwei der grossen Oberlichtsale werden von den Cartonen des
Vermeyen eingenommen; ihre Lage ist so gewählt, dass sie keinen Durchgang bilden,
wodurch erzielt wird, dass sie, von den farbenglühenden Oelbildern abgeschlossen, ganz
besonders betrachtet werden können, ohne deshalb ausser Zusammenhang zu treten mit
der Schule, zu welcher sie gehören. '
Der Eingang zu den italienischen Schulen liegt entgegengesetzt vorn Ausgange der
niederländischen. Die italienischen Bilder werden den Flügel der Hauptfront und die
Schmalseite gegen die Lastenstrasse füllen. Die Aufstellung beginnt mit der liorentinischen
und römischen Schule, dann folgt die venetianische und endlich die bolognesische, ferra-
rische, neapolitanische etc., so dass die letzten und jüngsten Werke Italiens an die letzten
deutschen Werke anschliessen, getrennt durch die kleine Treppe und verbunden durch
drei Thüren.
Die spanischen und die wenigen französischen Bilder können sehr passend in dem
südöstlichen Eckzimmer Platz Enden. Dort sind sie abgesondert für sich aufgestellt, ohne
von der italienischen Schule gänzlich abgetrennt zu sein.
Damit Ware der Ring geschlossen. Der Besucher hatte die Freiheit, um das ganze
Haus herum alle Säle zu durchwandern. Es stünde ihm aber auch frei, eine Schule allein