MAK

Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe II (1887 / 8)

Ausstellungen immer zu geschehen pflegt, nicht geeignet, über den wirk- 
lichen dermaligen Stand der weiblichen Handarbeit in Italien aufzuklären. 
Es sind fast ausnahmslos Pracht- und Schaustücke, von leidlicher Aus- 
führung. Auch hat man die in der ersten Hälfte des Jahrhunderts im 
Süden so sehr beliebte Porträtstickerei wie es scheint ziemlich aufgegeben. 
Auch eine Kunstgewerbeschule hat sich an der Ausstellung betheiligt: 
die von Palermo; sie hat es aber für gut befunden, neben drei oder 
vier eigenen Leistungen - Imitationen natürlicher Blumen und erbar- 
mungswürdigen Nadelmalereien - eine große Collection japanischer 
Arbeiten auszustellen. 
Beweist dies nun die Nothwendigkeit, für das italienische Publicum 
eine Anzahl tüchtiger alter Arbeiten einmal beisammen zu sehen, so ist 
umsomehr zu bedauern, dass es sich die Gelegenheit nur in sehr geringem 
Maße zu Nutze gemacht hat. Die Betheiligung war Anfangs so spärlich. 
dass man kurz nach der Eröffnung bereits daran dachte, die Ausstellung 
wieder zu schließen. Man half sich nach bewährtem Recepte mit musika- 
lischen Concerten; das rührige Comite brachte es auch dahin, dass die 
Ausstellungsräume im Palazzo delle belle arti für die Frühjahrssaison 
zum Rendezvous der eleganten Welt an Sonntagnachmittagen wurden. 
Von den ausgestellten Gegenständen erweckte weitaus das größte Interesse 
die Wolldecke, unter welcher Garibaldi geschlafen hatte. Freilich trägt 
einen Theil der Schuld auch das Comite. das dem Publicum das Lernen 
möglichst schwer gemacht hatte. Die Aufstellung war ganz bunt und 
unsystematisch; der Laie, der nur Heterogenes nebeneinander sah, fand 
keine Gelegenheit, durch Vergleichen zu unterscheiden und zu erkennen. 
Der Katalog erschien sehr spät, zwei Monate nach Eröffnung, einen vor 
Schluss der Ausstellung, Die Redaction hatte sich's damit unglaublich 
bequem gemacht: voran stand eine Note des Inhalts, dass nur die Angaben 
der Aussteller abgedruckt sind und die Redaction alle Verantwortlichkeit 
für die Richtigkeit derselben ablehnt. Da ist es nicht zu verwundern, 
dass eine richtige Bestimmung hie und da geradezu die Ausnahme bildet. 
Daneben wimmelt es an Fehlern aller Art: Kalifen regieren in Palermo 
am Ende des 12. Jahrhunderts (S. x31), ein Teppich wird beschrieben 
als gewebt in Beauvais, verso la meta del secolo XVII sui disegni di 
Bouche, Epoca Luigi XV. Wie sollte das Publicum aus solchem Unsinn 
klug werden? - Der dem Specialkatalog vorangeschickte Excurs über 
die italienische Textilkunst ist eine Compilation aus Müntz und einigen 
italienischen Localschriftstellern und bis auf wenige locale Notizen völlig 
werthlos.
	        
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