Weisheit der griechischen Welt in seinen Werken niedergelegt hat _- in
Aristoteles nämlich , welcher in dem leider unvollendeten achten Buche seiner
Politik von der Erziehung spricht, und als die vier Hauptgegenstände des
damaligen Jugendunterrichtes Grammatik, Gymnastik, hie und da auch
Zeichnen und Musik bezeichnet. Von letzterer allerdings meint er, dass
über ihre Nützlichkeit Zweifel erhoben werden , da die Meisten dieselbe
nur zum Vergnügen betreiben. Die Gymnastik komme zur Anwendung,
als geeignet den männlichen Muth auszubilden, die Grammatik und das
Zeichnen werde der Nützlichkeit halber betrieben. Es ist aber gewiss
bezeichnend für Aristoteles und eines Philosophen würdig, dass er diese
Nützlichkeitstheorie, welche damals beim griechischen Jugendunterrichte
verwaltete, in ihrer Einseitigkeit nicht gelten lässt; denn er glaubt, dass
es eine Jugendbildung gebe, die man den Kindern angedeihen lässt, nicht
weil sie nützlich oder nothwendig, sondern weil sie "eines Freien würdig
und etwas Schönesn ist. _
Und von diesem Standpunkte spricht er auch vom Zeichnen; nman
lernt es", so sind seine eigenen Worte, vnicht sowohl deshalb, um bei
Einkäufen keinen Fehler zu begehen, und sich beim Kauf und Verkauf
von Geräthen und Kunstsachen nicht betrügen zu lassen, als vielmehr
deshalb, weil diese Kunst den Blick für körperliche Schönheit schärft.
Ueberall nach dem Nutzen zu fragen, geziemt am wenigsten hochsinnigen
und freien Menschen-r.
Obwohl Aristoteles sich über den Zeichenunterricht weiter nicht so
verbreitet, wie über Musik, so sieht man doch ganz deutlich, dass er auf
der einen Seite das Zeichnen für nützlich und auf. der andern auch als
den Menschen bildend, den Schönheitssinn fördernd erkannt hat. Und wie
zu Aristoteles" Zeiten, so tritt auch in den heutigen beim Zeichenunter-
richte dieser doppelte Standpunkt hervor. Das eine Mal wird er von vielen
Kreisen verlangt, weil er nützlich ist, und von anderen Seiten wird er ver-
langt, weil er den Sinn für das Schöne fördert. Bei keinem Zweige des öffent-
lichen Unterrichtes vereinigt sich der utilitarische Gesichtspunkt mit dem
idealen in so hohem Grade als bei diesem, und das macht es vielleicht,
warum in den verschiedensten Kreisen der Gesellschaft die Erkenntniss
dllfChdrillgt , den Zeichenunterricht ausdehnen und ihn zugleich ver-
tiefen zu sollen. In einer kurzen Spanne Zeit sprachen sich in den Räumen
des Museums Vertreter der verschiedensten Richtungen des Lebens über
diese Frage aus: Künstler, welche die Vorbildung zum Eintritte in die Aka-
demie der bildenden Künste erörterten, und Fabrikanten der Baumwoll- und
Seidenindustrie, welche den Zeichenunterricht vom Standpunkte der För-
derung ihres Industriezweiges besprachen, d. h. einmal Männer, welche die
Kunst um der Kunst, das Zeichnen um des Zeichnens willen treiben, und
das andere Mal Industrielle, die ihren Blick auf den Weltverkehr gerichtet,
ihre Waare durch gute Zeichnung verbessert wissen wollten, damit sie ge-
eignet sei, die, Chancen des Wcltverkehres leichter undsicherer zu ertragen.