Mmheilunuen des k. k. lleslerrßicll. Museums
KUNST UND INDUSTRIE.
(Monatschrift für Kunst und Kunstgewerbe.)
Am r. eines jeden Monat: erscheint eine Nummer. - Abonnementspreis per Jahr B. 4.-
Redacteur Bruno Bueher. Expedition von C. Gerohfs Sohn.
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alle Buch- und Kunsrhandiungen.
Nr. 105. WIEN, 1. Jvm 1874. IX. Jahrg.
Inhalt: Der menschliche Körper und seine Darstellen durch Malerei und Plastik. - Ueber Kundi-
werhe-Museem-Statuten derGeseilschakt zur örderung der Bronze-Industrie. v Vorlesun en
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18m Museum. - Bücher-Revue. -_Kl:in:re Mitrheilungen. - Katalog der Ausstellung alter Mb l
und Binnchrungastucke. - Fortsetzung des Katalogen der Ornumentsuch-Sammlung. - Inserat.
Der menschliche Körper und seine Darstellung durch Malerei und Plastik.
V o r t r a g ,
gehalten im k. k. Oesterr. Museum am 15. Janner 1874 von Dr. A. Frisch.
Der Eindruck, den uns die Betrachtung einer schönen Landschaft
gewährt, wird von dem Augenblicke ein anderer, wo ein mit freier Be-
wegung begnbtes Geschöpf, und sei es auch nur ein Eichhörnchen in den
Zweigen, unsere Aufmerksamkeit auf sich lenkt. Es ist der unendliche
Reiz einen beseelten Lebens, der unseren Empfindungen, unserem Wesen
um unendlich viel näher steht, als die ganze stille Pdanzenwelt. Wer es
sich zur Aufgabe gemacht hat, die Natur in ihren landschaftlichen Reizen
zu studiren und was er ihr Schönes abgelauscht durch Pinsel und Farbe
festzuhalten, der wirkt auf unser Gemiith durch Motive, die ihm und uns,
selbst bei dem regsten und zartesten Natursinne, so ferne liegen, dass sie
nur Stimmungen, kein von lebhaften Empfindungen getragenes Interesse
hervorzunifen im Stande sind. Anders wirken auf uns Darstellungen aus
dem Thierleben und noch anders die Werke derjenigen, die menschliche
Gestalt und menschliches Handeln und Empfinden uns vorführen.
Es ist eine halb unbewusste Forderung, die wir an alle Darstellungen
aus dem Leben stellen, die: dass sie uns das Leben möglichst getreu vor-
spiegeln, dass die Täuschung eine möglichst vollkommene sei. Ein Kunstq
werk, das dem Imben nachgebildet ist, wird, wenn es mit warmem Ver-
ständniss geschaffen und getreu dem Vorbild wiedergegeben, selbst belebt
und wahr. Diese Wahrheit ist ein Vorzug, der zum Theil ausser dem
Bereiche jener Forderungen liegt, die die Idee der Schönheit an ein Kunst-
werk stellt. Es liegt nicht in dem Kreise unserer Betrachtungen, zu er-
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