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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe IX (1874 / 106)

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fertigung charakteristischen Muster möglichst chronologisch geordnet, in 
einem kurz beschreibenden Katalog numerisch aufgeführt werden, dürfte 
es hier am Orte sein, in kurzen allgemeinen Zügen den geschichtlichen 
Entwicklungsgang und den allmäligen Aufschwung anzudeuten, den die 
Spitzen- und Kantenindustrie seit dem XVl. Jahrhundert bis zum Eintritt 
der grossen französischen Revolution vorzugsweise im südwestlichen Europa 
genommen hat. . 
Gleichwie die Musik erst seit dem XVI. Jahrh. vornehmlich in Italien 
und zwar von Rom aus unter dem Einfluss grosser Tonmeister, wie Pale- 
strina, Allegri, Orlando di Lasso, den ersten künstlerischen Aufschwung 
genommen hat, so begannen auch die durchbrochenen spitzenartigen Weiss- 
zeugarbeiten (points coupes, p. comptäs, p. en relief) unter demselben 
bevorzugten I-Iimmelsstrich und zwar von Venedig aus gerade in derselben 
Zeitepoche die engen Grenzen der mittelalterlich überlieferten Technik zu 
durchbrechen und eine seither ungekannte künstlerische Entwickelung und 
Gestaltung zu nehmen, als hervorragende Künstler, wie Vavassore, Pagani, 
Caleprino, Vinciolo und Andere, es nicht unter ihrer Würde erachteten, 
durch Entwurf der schönsten und vielgestaltigsten Musterungen dieser 
jugendlich aufblühenden Kunstindustrie eine stilistische Form und ein 
künstlerisches Gepräge zu geben. Sowie ferner im Verlauf des XVI. Jahr- 
hunderts von Rom aus durch die Meisterwerke namhafter Tonsetzer die 
Pflege und das Studium der Musik durch ganz Italien, die Niederlande, 
durch Deutschland und Frankreich sich allmälig verbreitete, so fand 
auch die Vorliebe und der Sinn für kunstreich durchbrochene Nadelarbeiten 
ei dem raschen Absatz der vielen im Laufe des XVI. Jahrh. zu Venedig 
gedruckten Modelbücher in den grossen Städten Italiens, desgleichen auch 
in Spanien, Flandern, Deutschland, England und Frankreich eine auffal- 
, lend schnelle Verbreitung. Dieser rasche, gewinnreiche Absatz der venetia- 
nischen Musterbücher, welcher das Interesse für Anfertigung sowohl von 
ausgeschnittenen Arbeiten, als auch für solche in Filet und in Relief allent- 
halben bei den Frauen und Jungfrauen der höheren Stände anregte, war 
auch Ursache, dass insbesondere seit dem Schlusse des XVI. Jahrhunderts 
solche sehr gesuchte Muster- und Modelbücher, in kräftigen Holzschnitten 
gedruckt, nicht nur in Deutschland, sondern auch in Frankreich und Eng- 
land in grosser Zahl zu erscheinen begannen. Diese von Künstlern dies- 
seits und jenseits der Berge entworfenen Modelbücher für verschieden- 
artige Weisszeugarbeiten lehnten sich hinsichtlich der darin enthaltenen 
charakteristischen Compositionen noch theilweise an traditionelle mittel- 
alterliche Vorbilder an, theilweise jedoch schufen sie auch neue Vorlagen, 
welche mit den von Italien neu überkommenen wwelschent- Formen der 
Renaissance analog waren. Wenn nun dem eben Gesagten zufolge der 
 
Fortsetgung auf der Beilage.
	        
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