mittelalterlichen Kunst behaftet. Aber man sieht alsbald das Können der
Maler zunehmen. Eine höhere Stufe, die erste auf dem Wege der mo-
dernen Kunst, bezeichnen die Bilder, welche von Cimabue und seinen
Schülern gegen das Ende des dreizehnten Jahrhunderts ausgeführt wurden.
Freilich, wenn Cimabue die Madonna malt, ist er noch ganz in den her-
kömmlichen byzantinisch starren Formen befangen; er wagt es nicht
diesem Gegenstande gegenüber, dessen Formen sich in der Verehrung
traditionell festgesetzt harten, frei zu sein. Anders ist es mit den Gegen-
ständen aus dem Leben des Heiligen. Auch hier bewahrt er noch die
feierliche Würde der alten Schule, aber das neue Element einer wahr-
haften Lebensdarstellung macht sich bereits erkennbar.
Noch um einen Schritt weiter geht Giotto. sein größerer Schüler
und Nachfolger, der größte Maler dieser Zeit und der Franziskaner-
Richtung insbesondere. Zwar in der Darstellung der Madonna ist auch
er traditionell befangen, und doch muss der Fortschritt erkennbar
gewesen sein, wenn die Bewohner von Florenz sein Madonnenbild voll
Entzücken im Triumphe durch die Straßen führen konnten. Aber seine
Größe besteht in den Frescobildern, in denen auf dem Wege von Assisi,
Pisa, Florenz und wo er sonst malte, ein steter Fortschritt zu erkennen
ist, ein Fortschritt in der Technik wie in der realen Darstellung. Er
war kein Neuling mehr in dieser Richtung. Er war aufgewachsen in dem
Streben nach künstlerischer Wahrheit, wenn das Vermögen dazu auch
noch gering gewesen war. Er erstrebte die Wahrheit, indem er sich
einerseits buchstäblich streng an den biblischen Text oder an die Erzäh-
lung der Legende anschloss, andererseits den Vorgang so darstellen
wollte, wie er in Wirklichkeit hätte vorgehen können. In dieser Be-
ziehung vermochte er freilich den Umständen, der Umgebung, der costüm-
lichen Treue wenig gerecht zu werden, da es ja keine Wissenschaft von
diesen Dingen der Vergangenheit gab, dafür aber verstand er den Vor-
gang selber mit seiner Handlung und seinen Motiven höchst deutlich
und glaubwürdig vorzustellen. Und er bediente sich dabei nicht mehr
Personen, als nöthig waren; er reducirte die Erzählung auf ihre ein-
fachste künstlerische Gestalt. Auch fehlte es ihm nichr an dem Vermögen,
die innere Stimmung, Gefühle und Affecte zur äußeren Erscheinung zu
bringen, wie z. B. bei einer Predigt des heiligen Franciscus vor dem
Papste Honorius die Aufmerksamkeit der Zuhörer in bewundernswürdiger
Weise zum Ausdruck gelangt; man blickt tief in Geist und Herz der
andächtigen Hörer hineinu
Mit dieser seiner Kunst wie mit seiner Lebenszeit (1266-1336) ging
nun Giotto der Blüthezeit des Franziskaner-Ordens völlig parallel. Un-
mittelbar darnach sank das Feuer, der Enthusiasmus der Franziskaner
und sank die Kunst wieder von der Höhe herab, auf welche der Meister
sie geführt hatte. Keiner seiner Schüler kam ihm gleich, keiner beherrschte
wie er das ganze Gebiet: sie theilten sich gewissermaßen in die Arbeit.
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