der Hellenismus in Rom nun völlig zu Hause war, erhielt seine buch-
stäbliche Bestätigung, indem er in die lnterieurs des vornehmen Römer-
hauses schmuckverleihend einzog. Es entsprach dies so ganz dem feinen,
gebildeten Liebhabergeschmack, wie er sich auf den Höhen der römi-
schen Gesellschaft in den letzten Tagen der Republik und im Beginne
des Kaiserthums festgesetzt hatte. Wie die jungen Candidaten der rö-
mischen Staatscarriere in den griechischen Rhetorenschulen ihrem Rede-
drang Schliff und Form zu geben suchten, wie Cicero in den Briefen an
Atticus seinen lateinischen Text mit griechischen Citaten ornamentirte:
so umgab sich damals die elegante Häuslichkeit besonders gern mit dem
anmuthig-beweglichen Reiz hellenistischer Zierformen, dazu mit ausdrück-
lichen, bildlichen Citaten nach den bedeutendsten Kunstschöpfungen von
Hellas. Die monumentale Architektur verselbständigt: sich wohl - einen
großen nationalen Zug ausdrückend - im augusteischen Zeitalter; es
war die erste Redaction des specifisch-römischen Baustils, allerdings mit
gräcisirenclen Reminiscenzen - bis unter Kaiser Trajan die zweite
gründliche Durcharbeitung, die endgiltige Redaction des eigentlich rö-
mischen Cäsarenstils erfolgte. Aber die Decoration des, Hauses redete in
dieser ganzen Epoche noch immer ein reines Griechisch; ihr Programm
änderte sich auch nicht wesentlich in den Folgezeiten von den Flaviern
bis auf Hadrian, nur die Stilempfindung wurde merklich stumpfer und
flacher. In Unter-Italien, dem ehemaligen Großgriechenland, dieser Stätte
alter hellenischer Colonisation, Boss der neuere hellenistische Kunst-
einfluss mit früheren, örtlich artistischen Ueberlieferungen von selbst
zusammen. Ein farbig-reicher Beweis hiefür sind die Wände von Pom-
peji, die noch immer dem Boden entsteigen.
Die Wandmalereien und Stucco-Reliefs der Casa Farnesina zeigen
uns aber den hellenistischen Kunstbestand zu Rom in einer reinen,
scharfen Formenfrische, mit der sich kaum etwas Pumpejanisches in
eine Reihe stellen kann. Auch culturhistorisch vergegenwärtigen uns
die aufgegrabenen Interieurs so recht das "homeu des allervornehmsten
Römerthums jener Epoche.
In srilgeschichtlicher Beziehung ist uns dies besonders bemerkens-
werth, dass uns hier die italische Decoration noch mit ihren unverkenn-
baren, hellenistischen Ursprungsmerkmalen, in reiner gemessener Haltung
entgegentritt. Noch ist der pompejanische Spieltrieb der decorativen lm-
provisation nicht entfesselt; jede Form verräth ein deutliches, stilistisclies
Gedächtniss ihrer Herkunft. Der Rahmen der architektonischen Compo-
sition ist genau eingehalten; von den wesentlichen Gliederungen ist
nichts fortgelassen, wenn auch das Detail im decorativen Sinne umgebildet
und in's Leichte und Zierliche verfeinert, gelegentlich wohl in's Phan-
tastische, aber immer noch Formal-Gesetzmäßige umgedichtet erscheint.
Jedes einzelne Element der Decoration ist in seinem Zusammenhang mit
dem Ganzen motivirt: die gemalten Karyatiden und Telamonen treten