sie auch wieder das Publicum der Wiener Gewerbeausstellung, weil sie
den bestenMaßstah für die Leistungsfähigkeit der Industrie, noch mehr
aber für den herrschenden Geschmack abgeben. Wollen wir die hier aus-
gestellten Zimmer aus diesem Gesichtspunkt betrachten, so kann vor
Allem eine Aufzählung und Abschätzung alle_r unsere Aufgabe nicht sein,
wir greifen einzelne Typen heraus, um etliche Bemerkungen daran zu
knüpfen. Ein Herrenzimmer von Irmler, mit braunem Getäfel, Gobelin-
tapete darüber, dunklem Holzplafond, mit eben solchen Möbeln, zu deren
Farbe ein abgetonter tiefrother Plüschüberzug vortrelflich stimmt, zeigt
eine maßvolle Anwendung deutscher Renaissancemotive, verbunden mit
jenem Geschmacke und jener soliden Ausführung, welche diese Firma
auszeichnet.
Ein Möbelstück, das uns hier und oft noch begegnet, dürfen wir
jedoch nicht unerwähnt lassen: Ein Sopha mit gepolsterter Lehne in
zwei- und dreifacher Höhe des Sitzes trägt über dieser noch ein Kandel-
brett, auf das man nicht nur Krüge, Schüsseln, Bronzen u. s. w., sondern
zuweilen sogar eine kleine Bibliothek gestellt findet. Dieses Möbel, das
auf der Berliner Ausstellung schon so viele Zimmer verunziert hatte, ist
nicht nur vollkommen sinnlos, weil es keinem Bedürfnisse entspricht,
sondern auch unschön. Dennoch findet es Verbreitung, und ein Tapezierer
hatte sogar den kühnen Gedanken, das Rücklaken sechs Löwenköpfen
in's Maul zu geben.
Ein Speisezimmer von Donat Kramer, ein anderes von Richard
Ludwig sind als gute Beispiele derselben Stilrichtung hervorzuheben ').
Dem Charakter italienischer Renaissance entsprechen drei Zimmer von
Bernhard Ludwig, das eine mit lntarsienfries, schwarzen Möbeln mit
Elfenbeineinlage etc., alles von reicher und edler Pracht. Eine Art Studier-
zimmer scheint uns besonders erwähnenswerth. Die mannigfachen Hänge;
kästchen und Stellagen mauriscber Gemächer sind in italienische Formen,
man möchte sagen übersetzt. Mit Büchern ausgefüllt, durch aufgestellte
Statuetten verziert, umgeben sie die Wände, bilden eine trauliche Nische
beim Fenster, und lassen in der Mitte Raum für einen Tisch mit
schweren Stühlen, die zu behaglichen: Gespräche einladen Solche freie
Benützung orientalischer Motive ist ein echter Renaissancegedanke, eine
wahre Bereicherung der künstlerischen Ausdrucksmittel. Bevor wir weiter
gehen, wollen wir constatiren, dass viele gute Schränke, weniger Sitzmöbel
in italienischer und deutscher Renaissance zu bemerken waren. Hätte man
die Zimmer, die wir bisher betrachtet haben, bewohnen mögen und
bewohnen können, so entbehrt eine andere Gruppe des letzteren Verzuges
gänzlich. Sie sind mehr zur gefälligen Schau aufgestellt als zu bequemem Ge-
brauche, mehr Hintergrund für ein Genrebild als Wohnraum für eine Familie.
') Die Zimmer von Albert yvdrcn zur Zeit der Abfassung dieses Berichtes noch
nicht aufgestellt. "