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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe II (1887 / 6)

Der wesentlichste Unterschied besteht in der Größe, das Ueberlinger 
Altärchen misst o'62 Meter in der Höhe, das der k. k. Hofburgcapelle 
nur 0'365 Meter. Auf einem viereckigen Fuß, der aufsteigend sich zum 
Stiel verjüngt, sind an den Ecken Engelsköpfe, auf den vier glatten 
Seitenfeldern die vier Evangelisten in Relief und verschiedene kleine 
Ornamente angebracht. Der Fuß geht über in einen Knauf, der mit einer 
von sechs freistehenden Figlirchen gebildeten Gruppe, die Geburt Christi 
darstellend, verziert ist. Dieser Knauf trägt auf einem üherleitenden Ver- 
mittlungsgliede, das zierliche Blumen schmücken, ein horizontales Gesimse, 
auf welchem ein Rundbogen steht, der das erwähnte Relief einschließt. 
Der Rundbogen selbst ist mit Rosetten u. dgl. besetzt. Das Relief zeigt 
uns Maria mit dem Kinde in der Glorie von sieben musicirenden Engeln 
umgeben, zu ihren Füßen der Halbmond und drei Engel mit Kränzen in 
Wolken schwebend, am Boden eine Landschaft mit der Fernsicht auf 
eine Stadt. An die constructiven Theile des Aufbaues aus Ebenholz 
schließt sich eine in zierliche Ornamente aufgelöste und zum Theil ver- 
goldete Silberarchitektur, welche durch zahlreiche kleine Figürchen 
mannigfach belebt wird. Alle diese Theile sind gegossen und in der 
Regel keiner feineren Ausarbeitung durch Ciselirung unterzogen. Rechts 
und links vom Mittelbilde ist in kleinen durchbrochenen Nischen die 
Verkündigung Mariä dargestellt, auf der Bekrönung der Nischen sehen 
wir je einen Engel, der auf einen Todtenkopf tritt, und einmal das alte, 
einmal das neue Testament an seiner Seite hält. Ueber der Mitte des 
Rundbogens baut sich ein reicher Aufsatz auf, der in ein Mittelstück und 
zwei Seitentheilezerfällt, in letzteren sehen wir die allegorischen Darstellungen 
des Glaubens und der Hoffnung, während die Mittelgruppe aus fünf 
scheinbar ohne Beziehung zu einander stehenden Figürchen zusammen- 
gesetzt ist. Die dahinter sich aufbauende Architektur zeigt in ihrem 
obersten Abschlusse nochmals die Figur der Hoffnung. Auf der Rückseite 
des Altärchens ist in der Mitte das Monogramm "Matthias", umgeben 
von der Ordenskette des goldenen Vließes und bekrönt mit dem öster- 
reichischen Herzogshute angebracht. Das Altärchen war also ohne Zweifel 
für den Erzherzog Mathias, der 1612 seinem älteren Bruder Rudolf II. 
in der Kaiserwürde folgte, bestimmt. 
Das zweite Altärchen ist in Anlage und Aufbau dem eben beschrie- 
benen sehr ähnlich, und stimmt mit einem Altärchen im Pester National- 
museum und einem anderen im Besitze des Barons Nathaniel v. Roth- 
schild in Wien fast vollkommen überein. Dasselbe ist 0'413 Meter hoch, 
hat einen ebensolchen Fuß wie das erste, am Knaufe ist eine kleine 
Gruppe die Beweinung Christi angebracht, darüber befindet sich ein 
Christus mit Kelch und Kreuz. An Stelle des Relielbildes ist jedoch bei 
diesem Altärchen auf einem predellaartigen Untertheile ein Triptychon 
mit fein durchgeführten Miniaturen angebracht. Wir sehen da in der 
Mitte die Anbetung der Hirten, links die Beschneidung, rechts die
	        
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