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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe II (1887 / 7)

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endeten) Rotundc, der Reichskanzlei rnit ihren seitlichen Flügeln nach der Schauflergasse 
und Winterreitschule hin und letzterer selbst bestanden. Das ist nun schon ganz 
unrichtig, denn der Riesenplan bezweckte viel mehr, wie seinerzeit zu beweisen sein 
wird. Es wäre doch nach allem Brauche nothwendig gewesen, dass dem Leser wenigstens 
die nothdürftigsten Daten über Anfang und Vollendung des Baues mitgetheilt worden 
waren, wie das bei der Besprechung jeglichen Kunstwetkes ganz unerlässlich ist. Nun 
geben wir aus eigener Erfahrung gerne zu, dass es eben bei Fischer's Schöpfungen 
zuweilen gar schwer ist, ohne Urkundenforschung derlei historische Daten anzuführen, 
aber in dem Falle hatte eben darauf hingewiesen werden müssen, dass die Geschichte 
des Baues noch der Erforschung harret, obwohl selbst aus der bestehenden Literatur der 
Verfasser wenigstens einige allgemeine Umrisse hatte gewinnen können. Er ignorirt jedoch 
diese Fragen gänzlich und zieht es vor, die stilistische Seite des Objectes ausführlich zu 
beleuchten. Auch dafür würden wir ihm gewiss dankbar sein, wenn er uns nur etwas 
Neues und Treifendes bieten würde, jedoch, es ist ihm blos um eine Entdeckung zu thun, 
und dieser müssen wir also ein Bischen unter die Augen schauen. Dernjac hat entdeckt, 
dass der altere Fischer seine Palastbaukunst den Franzosen abgelauscht habe und er hat 
dafür eine Menge Beweise in Bereitschaft. Das Parterre der Reichskanzlei hat horizontale 
Fugenlinien, das Stadthaus in Naricy auch; das Schloss Madrid endet oben in einem 
Dachgeschoss, die Reichskanzlei auch; Balcone mit eisernen Gittern bilden den Uebergang 
vom Erdgeschosse zum Hauptstockwerke im Schluss Meudon, bei der Reichskanzlei auch 
u. s. w. Diese Analogien haben in der That etwas großartig Zwingendes, wenn wir nicht 
irren, zeigen jene französischen Gebäude auch Fenster und Thuren, und die Reichs- 
kanzlei auch. Jedoch, Scherz bei Seite, Dernjac sagt keinem Menschen etwas Neues damit, 
dass es verwandte Elemente des Stilgeprages zwischen gleichzeitigen Werken Mansarfs, 
Pcrrault's u.A., sowie Fischer's andererseits im Palastbau gibt, das versteht sich; jedoch, 
es ware zu weit gegangen, hiebei an ein Anlehen des Oesterreichers bei Jenen zu denken. 
Es sind ganz einfach die übereinstimmenden Resultate, zu welchen bei analogen Ver- 
hältnissen das gegebene italienische Substrat der Barocke hier wie dort im Norden gelangen 
musste; deswegen hat J. B. Fischer keineswegs in Paris gebettelt. Sein Leben, das ich nun 
schon mit zahlreichen Einzelnheiten kenne, bietet auch nicht den allergeringsten Bezug 
zu dem Lande Frankreich, zu Franzosen und französischer l(unst- bei seinem Sohne ist 
das schon ganz anders. Dernjac sagt: ISO war Fischer nicht der Scbüpfer seines Stiles: 
- ein ganz irriges Wort, namentlich, wenn man ihn zum Schüler der Franzosen machen 
will, mit denen er gar nichts zu thun hat, welche mit ihm aber das gemein haben, dass 
sie gleich ihm den südlichen Stil für die anders gearteten Bedürfnisse und Verhältnisse 
ihrer Heimat einer Umwandlung zuleiteten, wobei gewisse außere Aebnlichkeiten 
natürlich nicht ausbleiben konnten. Die vorliegende Arbeit des Verfassers erfreute uns 
egenüber seiner ersten über den Bildhauer Beyer durch den besseren Stil der Dar- 
stellung und der Diction, dagegen muss gesagt werden, dass der alteren fleißige For- 
schungen zu Grunde lagen, was von dieser eben durchaus nicht behauptet werden kann. 
l. 
ü 
Histoire du point d'Alencon, depuis son origine jusquä nos jonrs par 
Mm G. Despierres. Paris, Renouard, t886. 8". 276 S., 8 Tafeln, 
7 Vignetten. 
lm Jahre 1882 war im Bulletin de la Societe historique et archeologique de l'Orne 
ein Aufsatz des Archivars des Orne-Departements, L. Duval, erschienen, welcher auf 
Grund mehrfacher in einem Anhange mitgetheilter archivalischer Nachrichten die seit 
Odolant Desnos (1787) gangbare Ansicht von der Einführung der Spitzenfabrication in 
Frankreich durch Colbert im Jahre 1675, an deren Richtigkeit schon Seguin 1875 Zweifel 
laut werden ließ, dahin corrigirte, dass bereits in der ersten Halfte des 17. Jahrh. eine 
ausgedehnte Spitzenindustrie in Alencon blühte und die venezianische Reliefspitze schon 
um t66o daselbst imitirt wurde, Colbert dagegen nur das zweifelhafte Verdienst einer 
aus liscalischen Gründen durchgeführten Monopolisirung dieser Industrie im Jahre 1665 
beigelegt werden kann. Der genannte Autor wird nun von der Verfasserin des vorliegenden 
Buches in ganz unzweideutiger Weise des Plagiates beschuldigt, indem dieselbe geltend 
macht, bereits volle sechs Monate vor dem Erscheinen des DuvaPschen Aufsatzes eine 
dem lnhalte nach mit diesem völlig übereinstimmende Schrift veröEentlicbt zu haben. 
Die Entscheidung der Rechtsfrage, wern die Priorität der wichtigen Entdeckung zukommt, 
müssen wir anderen überlassen, die den betreffenden Personen und Verhlltnissen naher 
steheniMlM lJespierres hat aber in ihrem Buche einen glänzenden Befahigungsnachweis 
für die ihr strittig gemachte Lösung einer eminent historischen Aufgabe erbracht. Außer 
mehrfachen Zusätzen und Berichtigungen zu Duval's Angaben führt sie die Geschichte 
der Alenconspitze, stets auf sorgfältig gesichtetem archivalischen Materiale fußend, bis
	        
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