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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe IV (1889 / 12)

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Von diesem Fehler einer plumpen und formlosen Häufung erscheint 
der französische Brillantschmuck, der überaus reich vertreten ist, auf der 
gegenwärtigen Ausstellung wie völlig befreit. Natürliche Formen sind 
nicht ausgeschlossen, aber sie sind oEener, feiner, der Besonderheit 
des Materials angemessener gezeichnet, so dass wir nicht blos Steine, 
sondern einen wirklichen Schmuck sehen. Es ist ein künstlerisches Ver- 
ständniss wieder eingekehrt und hat sich dem Juwelierverständniss zu- 
gesellt. Neben diesen natürlichen Formen der Diademe, der Gehänge und 
Colliers, des Brust- und Schulterschmucks sieht man ebenso in kaum 
minderer Zahl stilvoll gezeichnete Gegenstände, welche früher so gut wie 
ausgeschlossen waren. Und zum dritten ist auch jener zierliche Schmuck 
der Renaissance aufgenommen worden, welcher in meist durchbrochener 
Zeichnung Gold und Email, Perlen und Steine, Ornamente und Figuren 
zu reizenden Gebilden mit einander vereinigt. Diese Arbeiten, mit welchen 
die Juwelierkunst zur Goldschmiedekunst zurückkehrt, sieht man nicht 
mehr in vereinzelten Beispielen, sondern bereits häufig, dass sie wie ein 
neu gewonnenes Genre erscheinen. Bewundernswürdige Gegenstände 
dieser Art hat insbesondere das Haus Bapst 8c Falize zur Ausstellung 
gebracht. Dieses Haus zeigt noch eine andere reizende Neuerung, indem 
es das translucide Email des späteren Mittelalters von seinem gravirten 
oder geschnittenen Silbergrund auf eine gleicherweise behandelte Gold- 
platte übertragen und damit ebensowohl Schmuckgegenstände wie kleine 
Bilder und Heiligthtimer hergestellt hatte. Die Wirkung war eine äußerst 
glückliche, harmonisch und farbig, heiter wie goldiger Sonnenschein. 
Solcher Neuerungen können sich die in langer Flucht ausgestellten 
Silberarbeiten Frankreichs, unter denen wie gewöhnlich nach Zahl, Reich- 
thum und Mannigfaltigkeit die Ausstellung von Christofle vorragt, nicht 
rühmen. Die Anklänge an Japan, die Benutzung japanischer Motive und 
Technik, deren ich schon gedacht habe, sind nicht neu. Wie immer bei 
der Mannigfaltigkeit französischer Arbeiten finden sich Silbergegenstände 
mit getriebenem Figurenschmuck im Stil der Renaissance, jedoch minder 
zahlreich (besonders an TrinkgefäBen), als sie etwa bei uns oder auf einer 
deutschen Ausstellung zu sehen wären. Auch antike Gefäße sind nach- 
gebildet. Einzelne große Tafelaufsätze stehen mit Vasen, Schalen und 
figürlichen Gruppen unmittelbar auf blank polirter Platte, schon ein ver- 
alteter Standpunkt. Die Menge der Gegenstände aber, insbesondere alle 
jene, welche dem Gebrauche dienen, Candelaber, Leuchter, Speisegeräth, 
Kalfee- und Theegeschirr, Blumengefäße, Schreibtisch- und Toiletten- 
geräth - das alles bewegt sich mit mehr oder weniger Glück oder Ori- 
ginalität in dem Formenkreise des achtzehnten Jahrhunderts, und es ist 
dabei nur zu bemerken, dass die Rococoformen gegen früher im Vor- 
sehreiten begriffen sind. Kein Aussteller, der nicht Beispiele von ihnen, 
und oft sehr bedeutende, zu zeigen hätte.
	        
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