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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe VIII (1893 / 11)

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der Völker, so die der Kunstformen; der Völkerwanderungsstil hat ganz 
besonders in der Lombardei, aber auch in Südtirol sich mit der, freilich 
sehr herabgekommenen, Antike verbunden. Aehnliche Stilmischung aber 
vollzog sich in Schottland, Irland, auch in Frankreich und Deutschland, 
namentlich dort, wo durch fortwährendes Zuwandern schottischer Mönche 
der Contact mit der nordischen Kunst rege erhalten blieb. Nicht also bei 
der Antike selber, sondern der bei dem romanischen Stil verlaufenden kirch- 
lichen Kunst sollte ich anfassen, wenn ich von den Einzelerscheinungen 
des Phantastischen in der kirchlichen Kunst sprechen wollte. Es sind An- 
fangs, ja (bis die Plastik wirklich sich zum Schalfen lebensvoller Gestalten 
aufschwingen konnte) noch im n. und rz. Jahrh. recht leblos starrende, 
in bösen Verrenkungen sich übende, gar oft von naiver Obscönität nicht los- 
zuprechende Gestalten (Egerer Burgcapelle) oder Darstellungen, in denen 
die phantastischen Unmöglichkeiten geradezu gehäuft erscheinen (wie an 
den Kapitälen und namentlich dem Schafte der Mittelsäule der Krypta des 
Freisinger Doms von ungefähr 1160). Die Natur wurde von diesen Stein- 
metzen und Mosaizisten u. s. w. nie beachtet; ja es dürfte richtig sein, 
dass die Völker, welche das Christenthum annehmen, zunächst ihre Be- 
kehrung dadurch in der Kunst zum Ausdrucke gebracht haben, dass sie 
jene schönen antiken Vorbilder gründlich verachtend (wohl auch hie und 
da zerstörend), ihre Künstler von jenen Bildern, aber auch von der leben- 
digen Natur abzulenken zwangen. Die Missgestalten der koptischen Kunst, 
welche wir in den mit sonst großer technischer Fertigkeit verfertigten 
altägyptischen Geweben unseres Oesterr. Museums vor uns haben, oder 
welche Forrer in seinen wFunden von Achmimu zeichnet und bespricht, 
die Missgestalten der ältesten romanischen Kunst, wie manche barbarische 
Formen bei den Armeniern und anderen christlichen Völkern erklären 
sich durch solche Abkehr von der Natur und von den heidnischen 
(griech-röm.) Kunstwerken am leichtesten. Die schönen Gestalten der 
Götter erschienen als Teulelswerk, die Versenkung in die Natur erschien 
und erscheint noch sündhaft. Fragen wir nun, an welchen Baugliedern 
der Basilica, an welchen Ziergebilden derselben sich die Phantastik dieser 
Zeit zunächst übte, so dürfte es richtig sein, dass es jene Glieder sind, 
welche in malerischer Weise verzierbar sind, dadurch, dass sie mit 
gemalten Stoffen behangen werden, oder deren Verzierung schon in 
Urweltszeiten aus der textilen Kunst sich entwickelt hat. Hieher gehört 
z. B. der Fußboden mit den Mosaiken (vergl. oben den von Pavia), 
hieher die Säulen mit Capitäl und Schaft (die noch heutzutage, besonders 
in Italien mit seidenen, dessinirten Stollen umzogen werden, wenn es 
eine hohe kirchliche Festfeier gilt), hieher die Portale der Kirchen. Die 
Verwandtschaft vieler dieser theils malerischen (Mosaiken), theils plastischen 
Gebilde mit denen der Weberei ist deutlich, namentlich dort, wo es sich 
um die Anfänge einer neuen Kunst handelt, wie in der Lombardei oder 
bei den Kopten.
	        
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