ANTIKE
ZEITMESSER
IM
WIENER
UHRENMUSEUM
In einer der ältesten
Gassen Wiens, schmal
wie die Pforte der alten
Kirche, neben der sie
sich befindet, birgt ein
Haus mit dem Blick auf
den Schulhof eine Rari-
tät ersten Ranges: das
Wiener Uhrenmuseum.
Dieses Museum, das lei-
der selbst von Fachleu-
ten und Sammlern viel-
fach unbeachtet bleibt,
birgt einen unschätz-
baren Wert in seinen
Stückenechtösterrcichi-
schcffradition. Und daß
dieses in Europa, ja viel-
leicht auf der ganzen
Welt einzig dastehende
Museum zustande ge-
kommen ist, ist nur der
Tatkraft und der Liebe
zu den kleinen lebendi-
gen Kunstwerken zu ver-
danken, die der heute
SOjährige und noch im-
mer in Dienst stehende
Direktor dieses Muse-
ums, llerr Rudolf Kaf-
tan, aufgebracht hat,
indem er einen Großteil
Seines Lebens der Samm-
lung einmaliger Uhrwerke und -gehäuse gewidmet hat. Nicht
nur, daß Herr Direktor Kaftan oft in alle Welt verstreute Stücke
gesammelt hat, es gelang ihm auch, einen Großteil der antiken
Uhren wieder in Gang zu setzen. i
Es wird auf diesen Seiten wohl noch oft Gelegenheit bestehen.
über das Uhrenmuseum, über dessen Sammlung oder über ein-
zelne Stücke daraus zu berichten - nichts ist aber nahelicgender.
als im Mozart-Jahr über kunstvoll gearbeitete Uhren aus der
Zeit des großen Meisters zu berichten.
Unter den mehr als 3000 Uhren, die das Museum birgt, findet
man Uhren, so klein, daß sie unter einem Fingerhut Platz haben,
und Uhren, die einst von Kirchtürmen die Stunden in die ver-
schwiegenen Gassen der Altstadt schlugen. So finden wir die
bereits 1699 vom Wiener Uhrrnaehermeister Jakob Oberkircl-iner
verfertigte Uhr des Wiener Stefansdomes ebenso im Museum
untergebracht wie die bekannte astronomische Uhr des Augu-
stinerpaters David a. S. Cajetano aus dem Jahre 1769.
Besonders entzückend erscheint eine Harfenuhr, deren Werk
größtenteils aus Holz hergestellt ist und ein kleines Spielwerk
besitzt, dessen kleine Hämmer auf gespannte Saiten einer Harfe
schlagen und unter anderem die Melodie eines Menuettes von
Mozart erklingen lassen. Der vordere Teil dieser Uhr ist aus Holz
geschnitzt, teils vergoldet, teils farbig bemalt (Abbildung 1). Ein
unbekannter Meister hat dieses Werk im jahre 1790 geschaffen.
Auf einem mächtigen, schweren Marmorsoekel erhebt sieh eine
Vasenuhr, ein Rokokostück in vergoldeter Bronze, beiderseits
Abblldung1
HARFENUHR MIT HOLZWERK
von je einem bockfüßigen Faun, die Fruchtbarkcitsgötter des
Ackerbaues und der Viehzucht darstcllcnd, getragen. Schlangen-
leiber, als Sinnbild der Ewigkeit, schlingen sich um die Vase,
in deren oberem Rand zwei Ziffernringe eingebaut sind. Diese
beiden Ringe, deren tviner die Minuten- und deren anderer die
Stundenziffern trägt, bewegen sich an einem feststehenden Zei-
ger vorbei und geben auf diese Art und Weise die Zeit an (Abhil-
dung 2). Dieses prachtvolle Kunstwerk ist immerhin nicht klein:
die Vasenuhr besitzt eine Höhe von 120 und eine Breite von
80 Zentimetern und stellt eine der sehcnswertesten Kostbar-
keiten dar.
Ganz außerordentliches ttnd nieisterhaftes Können zeigt uns eine
Uhr, die von dem Wiener Uhrmacher Tlhauer (Fertbaur) her-
gestellt wurde (Abbildung 3). Es ist dies eine Llhr eigener Art, ein
Kunstwerk, auf welches das Uhrenmuseum besonders stolz sein
kann. Sie besitzt ein Schlagwerk für Vicrtelstunden- und Stun-
denseltlttg, wobei die kleine Gchwerksfeder durch die stäirkcre
Schlagwerksfeder aufgezogen wird. Das weiße Emailzifferblatt
zeigt außer einer Minuten- und Stundcneinteilung noch die
Wochen- und Ivlonzttstttge an. Die Ungleichheiten der Monats-
länge (28 bis 31 Tage) werden im Werk durch eine besondem
Abbildung 2
VASENUHR (Reknlto)
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