zr, vorweggenommen, die sich etwa in Preußen, dem natur-
ebenen Vcrgleiehsobjekt, zeitweisen Vorbild und politischen
ilen Österreichs, auf die Zeit vom Großen Kurfürsten bis zu
Stein-Hardenbergischen Reformen, also auf mehr als andert-
) jahrbunderte erstreckte. Die wohl unvermeidliche Folge
er vielleicht allzu stürmischen Entwicklung war dann auch
durch das Erlebnis der Französischen Revolution verstärkten"
:kschlag unter der Regierung Kaiser Franz. Bedenken wir
r etwa, daß zwischen dem Tod von Maria Theresias Vater
'l VI. - der nicht nur der letzte Althabsburger, sondern
leich der letzte österreichische Barock-Herrscher nach Herr-
1fts-, Glaubens- und Lebensstil war - und dem Regierungs-
"itt Leopolds in der Toskana (1765), das heißt dem Regie-
gsbeginn eines Herrschers, der sich zu den Gedanken der
kssouveränität und des Verfassungsstaates in einer allen an-
zn Fürsten seiner Zeit weit vorauseilenden Weise bekannte,
ein Vierteljahrhundcrt, beziehungsweise nur eine Generation,
n die Maria Thercsias und ihres Gatten Franz Stephan von
bringen, lag, so wird uns bcwußt, daß wir hier eine der größ-
und umwälzendstcn, wenngleich unblutigen Revolutionen der
rrreiehischen, ja der europäischen Geschichte vor uns haben.
sind die Auswirkungen jenes großen europäischen Bewußt-
iswandcls, den der Franzose Paul I-lazard einst treffend die
ise des europäischen Bewußtseins" genannt hatte, die in
erreieh, in Verbindung mit einem Kampf auf Leben oder Tod
Staatswescns, jene Umwälzung ausgelöst haben. An die
le des politisch-religiösen Systems des aus der Gegenreforma-
erwachsenen habsburgischen Barock-Katholizismus der
:tas Austriaca" tritt ein religiöser Rationalismus, in dem
mente des aus den Niederlanden nach Österreich hereinwir-
den janscnismus, der katholischen Aufklärung Italiens und
französischen und englischen Aufkliirungsphilosophie zu-
imenwirken; an die Stelle des Glaubens an die Auserwähltheit
„Domus Austriaca" tritt der Begriff der Arbeit für das Wohl
„Monarehie", deren „Geburtstag" von Maria Theresia auf
Tag der Schlacht von Kolin verlegt wird. Dieser Begriff der
anarchie" stellt aber bereits einen Übergang dar zu dem
erizianisch-josephinischen Begriff des „Staates", dessen „er-
Diencr" dann der Monarch wird. Schon bei Prinz Eugen, den
wohl überhaupt als einen der Vermittler des west- und süd-
apäischen Denkens ansehen dürfen, taucht dieser Begriff der
Jnarchie" auf und cs ist bezeichnend, daß mehrere Personen
engsten Umgebung des Prinzen Eugen (Koch, Silva-Tarouca)
n unter Maria Thercsia eine entscheidende Rolle spielen. Sehr
wer zu fassen ist die Bedeutung Franz Stephans von Lothrin-
, des Gemahls der Maria Tberesia, dessen Einfluß wohl all-
ehr unterschätzt wird. Gerade für die Ausbildung jenes bür-
lieh-sparsamen Lebensstils, der die Habsburg-Lothringer so
entlich von den Althabsburgern unterscheidet, wie bei der
iehung der Kinder, aber auch in Fragen der inneren wie der
ercn Politik, vielleicht sogar auch in den grundlegenden reli-
aen Fragen, hat er wahrscheinlich einen stärkeren Einfluß
geübt, als man gemeinhin annimmt oder als man jemals mit
ierheit feststellen kann. Hier sei nur darauf hingewiesen, daß
s war, der Maria Theresia auf den Grafen Haugwitz, den spii-
n Schöpfer der großen mariatheresianischen Staats- und Be-
denreform, aufmerksam machte.
id in Hand mit dem Wandel der religiös-politischen Auffas-
gen geht der Wandel des Lebensstils. Wenn der traditions-
undene Obersthofmeister Graf (später Fürst) Khevcnhüller-
sch (dessen Tagebücher für die Kenntnis des Hof- und Fa-
ienlebens Maria Thcresias eine Quelle von unschätzbarem
rt darstellen) bewegliche Klage führt über den „unglück-
en Neuerungsgeist, welcher bald nach weiland Kaisers Ca-
VI. Absterben sich eingefunden und täglich mehr zugenom-
i" habe, über die „gänzliche Vcrkehr- und Umgießung einer
ch viele Saccula und von Anbeginn des durchlauehtigsten
hauses üblich gewesenen Regierungsform", so bezieht sich
das ebenso auf den Hcrrsehafts- und Lebensstil wie auf die Re-
gierungsprinxipien. Mil der „Verbürgerliehung" beginnt zugleich
das Auseinandertreten einer „öffentlichen" und einer „private-n"
Sphäre auch im Leben der Fürsten selbst in einer Weise, die
früheren Zeiten und Generationen noch durchaus Fremd war.
XWenn Maria Theresia einmal schreibt: „Hwvelehe Wahrheit
mir täglich vor Augen geleget und reiflieh erwogen, daß nicht
mir selbst, sondern dem Publieo allein zugehörig sei", so weist
dies schon auf den späteren Gedanken des Staatsdienertums hin
und es gibt in den Schriften gekrönten" Häiupter kaum eine
sehliehtere und ergreifendere Stelle als jene, in der zugleich die
Stiirkc und Seelengröße der Mutter und Herrscherin sichtbar
wird: „Und so lieb ich auch meine Familie und Kinder habe, der-
gestaltrn daß keinen Fleiß, Kummer, Sorgen noch Arbeit vor
selbe spare, so hätte jedoch deren Länder allgemeines Beste
Die Herrscherfnmilie in der privaten Sphäre zeigt die Gouache der
herzogin Maria Christina ,.Nikolausbescherung". die sich ebenlnlls in
Schönbrunn befindet. Die lxialerin hat sich selbst dargestellt, wie sie
ihrem jüngeren Bruder F"dinand mit der Rute droht, am Boden kauert,
(iebäek knabbernd, Erzherzog Maximilian. der spätere Kurfürst von
Köln, Marie Antoinette spielt mit einer Puppe, der Ka _ sitzt im
Schlalroek, mit Naehtmütxe und Pantoffeln bei der Morgenschokolnde,
die ihm Maria 'l'heresin bringt.
denen allezeit vorgezogen, wann in meinem Gewissen überzeuget
gewesen wäre, daß solches tun könne und daß dcrerselben
Wohlstand dieses erheischte, indcme sothaner Länder allgemeine
und erste Mutter bin."
So hat Maria Theresia, die oft und gerne für sich den Ehrentitel
einer „Landesmutter" in Anspruch nahm, die Spannungen zwi-
schen Familientradition und Zeittendenzen, zwischen privater
und politischer Sphäre, zwischen dem barocken Erbe und dem
Rationalismus der Aufklärung für sich wie für den Staat über-
wunden durch ihren gJUIZ auf die praktischen Probleme gerich-
teten unspekulativen Geist, durch die Kraft ihrer starken herr-
scherlichen Persönlichkeit und durch die Übertragung des ober-
sten Prinzips, das ihr Wesen beherrschte, ihrer Mütterlichkeit,
auch auf die politische Sphäre. Der staatliche, der dynastische und
der familiäre Bereich wurden gleicherweise beherrscht von der
konkreten, lebensvollen Gestalt der Mutter, die Oberhaupt der
Dynastie, Mutter ihrer großen Familie und Landesmutter zu-
gleich war und auf die sich alle jene gemüthaften Kräfte ihrer
Untertanen konzentrierten, die durch die gleichzeitige Zurück-
drängung und Beschneidung der barocken Frömmigkeit freige-
worden waren. Vielleicht liegt darin der tiefste Grund für die
starke Wirkung ,die Maria Theresia, die kaiserliche große Mutter
Österreichs, auf Mit- und Nachwelt ausübte.