FUNDE BEDEUTENDER
FUNDE BEDEUTENDER
KUNSTWERKE IM
HISTORISCHEN MUSEUM
DER STADT WIEN
Von FRANZ GLÜCK
Ich möchte mit ein paar Worten nur und indem ich meinen
Mitarbeitern und mir eine genauere Veröffentlichung vorbe-
halte, einige bedeutende Kunstwerke publizieren, die bei der llr-
öffnung des Historischen Museums der Stadt Wien zum ersten
Mal gezeigt werden.
Als ich, erst kurz zuvor zum Leiter der Sammlung berufen,
mit meinen Mitarbeitern den Vorrat an Gemälden Stück ltlr
Stück tlttrehsah, lieii ich ein grollt-s Bild (145 ,' 121 cm) beraus-
stt-llen und in meinen Arbeitsraum schaffen, das mir durch
seine ltervorrttgcnde Qualität ttttfgefallen war. Man hatte mir
aus dem Inventar die Angabe „(Iephttlus und Procris, Italieni-
srhe Schule des 17. Jahrhunderts" vorgelesen, dic sichtlich nicht
zutral. f)et' Künstler tvar aus seinem Werk auf den ersten Bli;k
zu erkennen, Ich erinnere mich noch eines Besuches des b -
kannten Rottmayr-Forscht-rs Johann Klaus, der mir, als ich ihn
im Vorzimmer begrüßte, skeptisch sagte: „ja, es gibt viele
Bilder, die Rnttmayr zugeschrieben werden", vor dem Bilde
aber sofort ausrief: „Das aber ist einer, und ein besonders
schöner!" lis bedurfte jcdoch die. s einstimmigen Lrteils der
Kenner gar nicht, denn das Bild t agt eine große Signatur: jo.
Rottmayr da Roscnbrun 1706. Es fällt also in die Zeit der
Arbeit an der Ausmalung der Uurehfahrt im Palais Liech-
tenstein in der Rossau in Wien; einer schon im Gange
befindlichen Lntersuehung bleibt es vorbehalten, festzustellen,
ob nicht mit der Attsntalttng dieses Palais ein näherer Zusam-
menhang besteht, zumal sich das „ , phalus und Procris"?
Thema unseres Bildes mit den durchwegs der antiken Mytholo-
gie entnommenen Vorwürfen der Liecbtensteinfresken wie
„Dittna und lindymion", „Venus und Adonis", „Zeus und Hera",
„I)ajwbne", „P0mona" gut vereinen litlit.
Bei einer anderen als notwendig erkannten Ordnungs- und Ret-
tungsarbeit gelang ein vielleicht noch überraschenderer liund.
Das sogenannte Älaterialdepot", das es etwa ein jahrhundnt
lang gab und das dzt7u bestimmt war, Gegenstände, die von Bau-
ten stammten, aufzunehmen, war innerhalb eines Jahrhunderts
mehrfach übersiedelt. Während andere Objekte sieh auf die ve -
sehiedenstcn ellen verteilten, und sogar ungeschützt im Frt en
lagen, befand sieh ein grollet" Teil des zusammengekommenm
Vorrats in drei Bögen unter der Stadtbahn bei der Stelle, wn
die Nulldorfer Straße in den rtel mündet. Die Besichtigung
war ein seltsames Erlebnis, wie die Abbildung zeigt. Auf ihr
aber ist auch rechts unten ein 'l'eil jenes wichtigsten liundes zu
erkennen, der Kopf des Erzengels Michael von der XVcstfassadc
des Stephansdomcs, dessen andert Stücke sich, im ganren Raum
verteilt, glücklicherweise schließlich vollständig xusammenfan-
4
J. M. Rottmayr, Cephalus und Procrts. Signiert und datiert 1076.
f)! auf Leinwand. Iliitnliivhvs Wltxsrttltt lil'l' Stadt WlQYI.
den, auch die obere Koplpartie, die wir in einzelnen lärucken
auflasen. Die Bchattptung Karl (jinharts' r die drei iguren
des hl. Laurentius, des hl. Stephan und des Etzt-ngels Michael,
es lasse sich, „da die Originale nicht erhalten sind, schwer sa-
Die Signatur M. Rotlmzrvrs auf dem Bilde mit Ccpha-
lus und Prorris.
gen, wie weit dic Kopien den ursprünglichen Zustand wiederge-
ben", stimmt zur Gitnxt- nicht. Die Originale aller drei Figuren
sind erhalten; der hl, Lattrrntius ist schon in der Kunsltopo-
graphic wicdcrgegebett 1, der hl. Stephanus befand sich gleich-
KUNSTWERKE IM
HISTORISCHEN MUSEUM
DER STADT WIEN
Von FRANZ GLÜCK