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Volltext: Alte und Moderne Kunst VII (1962 / Heft 58 und 59)

geschmack verpflichtete Darstel- 
lungsweise ein wenig larmovant 
und theatralisch 4). Seine reinsten 
und besten Leistungen aber liegen 
zweifellos auf dem (iebiet der 
Bildnismalerei. lm übrigen wissen 
wir von Herdts Leben wenig, 
nicht einmal das Jahr seines Todes 
ist überliefert. 
Bereits in seinen frühen Jahren 
wurde llcrdt durch Bildnisse von 
rXngehorigen der Berliner Bühnen, 
vor allem des Kgl. Hoftheaters 
bekannt. Zu ihnen zählen auch 
die der Tanzerfaitxilie Taglioni, 
die uns hier im besonderen bee 
schäftigen. Wie hoch solche Dar- 
stellungen berühmter Vertreter 
der Gesangs; Schauspiel- und 
Tattzktinst damals geschätzt wure 
den, geht allein schon aus der 
Tatsache hervor, daß diese in den 
.Xu stellungskatalogen wenigstens 
einzeln mit ihren Xamcn aufge- 
führt wurden, während die Älehre 
zahl der anderen Bildnisse meist 
nur zahlenmäßig zusammcngefaßt 
worden ist. 
Wie in den anderen europäischen 
Hauptstädten waren seit der Jahr- 
hundertwende auch in Berlin die 
darstellenden Künste für den 
kunstsintiigen Teil der Bürger in 
den Vortlergrtintl des lnteresses 
gerückt. Man vergötterte nicht 
allein iger und Schauspieler, 
ebenso und fast mehr noch waren 
es die Sterne des Balletts, um 
deren persönliche Bekanntschaft 
und Gunst sich hohe und höchste 
Persönlichkeiten bemühten. Das 
sonst anscheinend so nüchterne 
Berlin stand darin der Begeiste- 
rungsfahigkeit der Pariser, Wiener 
oder Londoner Bevölkerung in 
niCbtS nach. Zu den umschwärm- 
ten Publikumslieblingen im Berlin 
der Dreißigeriahre des vorigen 
Jahrhunderts gehörte die Tänzer? 
familie Taglioni mit Paul und 
seiner älteren Schwester Marie an 
der Spitze. Da llerdt schon lange 
vorher Angehorige der Bühne pore 
trätiert hatte, erscheint es fast 
selbstverständlich, daß auch die 
beliebte Tiinzerfamilie ihm für 
mehrere Bildnisse saß; sie ent- 
standen zwischen 1831 und 1836 
und befinden sich heute im Besitz 
der Familie Windisch-Graetz in 
Wien. 
(ienealtigisch beginnt die Reihe 
mit dem Bildnis des Ballett? 
tänzers Philipp Taglitmi (Abb. 2), 
des Vaters von Marie und Paul, 
der wohl nicht mehr selbst in 
Berlin auftrat, aber wahrschein- 
licb bei Besuch 
preußischen Hauptstadt auf 
Wunsch der Familie gemalt wor- 
den ist. Der Maler hat kein 
 
einem in der 
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Signum auf dem Portrlit hintere 
lassen, in der Handschrift ist es 
aber den übrigen gesicherten Bild- 
llerdts so ähnlich. daß 
seine Autorschaft naheliegt, zus 
mal die Zeitgenossen meist von 
Herdts Bildnissen der „Familie 
'I'aglionif' berichteten. (Allerdings 
wird auch bei dem später erwähn- 
ten Adolf Rinck ein Bildnis „Herr 
'l'aglioni" aufgeführt, wobei es 
sich aber höcbstwahrscheinlich um 
den in Berlin bekannten Paul T. 
gehandelt haben wird.) Der bei 
reits in reiferen Jahren mit grau- 
meliertem llaar dargestellte 'l'än- 
Zer tragt einen schwarzen Rock 
mit gchlümter Weste. Der Hinter- 
grund ist neutral gehalten. 
nissen 
Ämalie Tagliotii, die (iattin seines 
Sohnes Paul, ist von llerdt im 
Jahre liijil porträtiert worden 
(Abb. S). Das leicht nach rechts 
gew endete Brusthild der Tänzerin 
vor einer nur in großen Umrissen 
angedeuteten Landschaft mit hele 
lem llimmel wirkt nicht nur in 
dem ebcnmaßigen, ein wenig re- 
gungslosen, glatten xXntlitz mit 
dem rosigen Teint, sondern auch 
in liinzelheiteit des Kostüms wie 
dem duftigen, sorgfältig gemalten 
hellblauen Schleier über dem fest- 
lich weißen Kleid schön, kostbar, 
aber ein wenig kühl. Herdt hat 
Anralia übrigens auch noch in 
ihrer Rolle als Svlphide gemalt5). 
ln der Äut sung dem der Amalie 
ähnlich ist das ein Jahr später 
Bildnis der Nlarie 
(Abb. 4), der Tochter von Philipp 
und Schwester von Paul Taglioni, 
cleren Ruhm in fast ebenso hellem 
(ilanz erstrahlte wie der der an- 
gebeteten Fannv Elßler in Wien; 
mit ihrem Bruder hat Marie in 
Berlin wahre Triumphe gefeiert. 
  
entstandene 
lm Vergleich mit dem in seinem 
Bildnis der 
deutlich, daß das 
Äntlitz jener durch die hohe, etwas 
gekiinstelte I7 sur tiefer gerückt 
werden muBte, wahrend Älaric 
mit ihrer schlichteren Haartracht 
bei gleicher ltlorizonthohe etwas 
hinaufgesetzt werden konnte, wo- 
durch fiir ihre (iestalt nach unten 
Raum blieb. Die Lande 
schaft ist hier noch spärlicher 
angedeutet als auf dem Bildnis 
der Amalie. W ie bei jenem bildet 
aber der Himmel i nun allerdings 
in rotgrauem Abendschein f den 
wirkungsvollen Bildhintergrund 
für das helle dekolletierte Kleid 
mit breitem (iürtel und dem über 
den Rücken und die rechte Schul- 
ter lose drapierten rosa Schleier, 
der genau wie bei dem anderen 
Bildnis etwas Bewegung in die 
sonst statuarische Auffassung 
Ätifbati ahnlichen 
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