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Volltext: Alte und Moderne Kunst VIII (1963 / Heft 71)

läufig war. Und von den berg- 
männischen Beziehungen dieser 
Krippe aus der Umgebung des 
alten Bergwerksnrtes Hall in Tirol 
spricht schließlich eine Einzel- 
gruppe von Figuren, die man 
sich als festlichen Aufzug zwi- 
schen den anderen Teilen der 
vielteilig aufgestellten Wechsel- 
krippe vorstellen muß: die „Berg- 
musik". Dreizehn Iigürchen, alle 
tmgefähr zwischen 8 und 10cm 
hoch, bilden zusammen den klei- 
nen Musikzug. lis handelt sich, 
den Uniformen nach genau unter- 
schieden, um folgende Knappen 
und Salzträger: 1. Knappe in 
weißer Uniform mit blauen Säu- 
men, dunkelblauem 'l'schak0, 
Arschleder, mit der Bergmanns- 
zither, 2. Knappe mit der Buß- 
geige, 3. Knappe mit der Geige, 
4. Knappe mit der Schalmei, 
5. Knappe mit dem Fagott, 
6. Knappe mit der Querpfeife, 
7. Knappe mit dem ersten Wald- 
horn, 8. Knappe mit dem zweiten 
XValdhurn, i). lximippc mit der 
Schellentroixunel, 10. Knappe mit 
den Tschinellcti, 11. Salzträger in 
Weißer Uniform mit angearhei- 
teter Gugel, mit der kleinen 
Trommel, 12. Salzträger mit der 
großen Trommel, 13. Salzträger 
mit dem Triangel. Die Figürchen 
handhaben ihre Instrumente ganz 
vorzüglich. Die Schnitzer haben 
sich auf lebensvolle Detaildar- 
stellung verstanden: Der Baß- 
geiger beispielsweise spreizt beim 
Streichen den kleinen Finger 
rechts weg, der Mann mit der 
Schellentrnmmel hebt sie mit der 
Linken hoch über den Kopf und 
führt mit der Rechten den kurzen 
Schlegel dazu. Eine Darstellung 
voll Leben, aber auch voll Kennt- 
nis der ständischen Zusammen- 
hänge, wie man sie im traditions- 
reichen Bergwesen der alten Zeit 
erwarten durfte. 
Der schnitzerische Reichtum darf 
nicht darüber hinwegtäuschen, 
daß die Gruppe selbstverständlich 
nach Vorlagen gearbeitet sein 
niuß. Wie schon betont, hat das 
Bcrgwesen bereits früh graphische 
Darstellungen seiner Typen und 
seiner Aufzüge entwickelt. Darin 
ist auch der charakteristischen 
 
Dcrgzilhexspielzr - Flötenspielcr ä Schclkntrommlcr 7 Ballgeigcnspieler 
 
„Bergmusik" gedacht worden. 
Gewisse Instrumente und ihre 
Spielweise sind schon im 17. Jahr- 
hundert besonders berücksichtigt 
worden, so die Bergzither, die 
Schalmei, das Fagott und der 
Triangel; diese vier finden wir 
beispielsweise im Sächsischen 
Betghäuerzug von 1719 abge- 
bildet 10). Die Bergzither ist als 
Instrument der „BergsängeW öfter 
erwähnt und auch mehrfach ab- 
gebildet worden, beispielsweise in 
Frciberg 1768. Die Bergzither- 
spieler galten so sehr als Typen 
der „Bergreier", daß man ihre 
Kupferstich-Darstellungen sogar 
in Spielkartenfolgen übernahm. 
Es ist also anzunehmen, daß die 
Schnitzer in Thaur derartige gra- 
phische Vorlagen, vielleicht Kup- 
ferstiche nach den weitverbreite- 
ten Sächsischen Berghäuerziigen, 
zur Verfügung gestellt erhielten. 
Das wäre nicht ungewöhnlich, da 
es sich immer mehr herausstellt, 
daß wohl alle Schnitzergruppen 
in den Alpenländern, auch die 
Oberammetgauer und die Grö- 
dener, gar nicht selten nach gra- 
phischen Vorlagen gearbeitet ha- 
ben. Für die Krippen hat man 
sich vielleicht noch zu wenig mit 
der Frage beschäftigt. Bei einem 
Sonderfall wie dem vorliegenden 
wird man sich aber der Nach- 
forschung nach einer derartigen 
graphischen Vorlage nicht ent- 
ziehen können. Das künstlerische 
Verdienst der Thaurer Schnitzer 
wird dadurch nicht verringert, 
denn auch die Umsetzung der 
Vorlagen in die plastische Ge- 
staltung bedeutet eine hohe Lei- 
stung, wie diese ganze Thaurer 
„Bergmusik" als eine liebens- 
würdige Bereicherung unseres al- 
ten Krippemvesens gelten darf. 
mit bcaundurrr Utrüuksichliguxug Uslcrrcldu. uu. 1. Wicu um. s. m ) 
w) Vikzor von Gcramb und Viktor Zack, m; Slvyrcr Krippcrl (Wienvr gamma 
m. xxv. Wien 19m. s. m.) 
') Oslcrrvichisches M1 m für Volkskunde, lnv. Nr. 53,670 
Leopold Schmidt. m Wdhnarhlxkrippc von mm. in Tirol, jzhrugulyc 4.1 u 
und Vclsuthsamlak, Wien 1951 
 
 
lr Vulkskuudn 
nhiachcn Lclu 
M) ustf Kinglcr, Dculsche Wcihnachßkrippcn. Einc Auslcsc deutscher Krippmlkulzst zus vizr jahr- 
undertrn. Innsbruck m29, s. 15 usw". 
ß) Handwörterbuch des deutschen Aberglaubcns, Bd. v. 11mm m2, Sp. 155er. 
w) Km Ewald Frilzsch und Friedrich Sicher, Bcrgmännischc Trachten m m. jahrhnndcrrs im 
Erzgebirge und im Mansfcldischen (: Deutsche: Akademie der Wissenschaften: zu 3mm, vep 
u unllichuugcn des man"; n" deutsche Volkskunde, au. 12). Berlin 1951, Taf. Xl und XIV: 
35
	        
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