WIEN, 1873
Die rationelle Auffassung der Renaissance
tritt besonders klar in der künstlerischen
Umwandlung des böhmischen Glases zu Tage,
die sich, Wie natürlich, fast unbewußt über
den Stil vollzieht. Das böhmische Krystzlllglas
ist dem Bergkrysrall nzlchgeschaffen und sucht
ihm in seinen Eigenschaften möglichst ähnlich
zu werden. Nun sind uns eben im ächten
Krystall aus dem sechzehnten Jahrhundert
ganz Wunderbar gelungene und ausgezeichnet
schöne Gefäße mit der entsprechenden De-
coration in eingeschlilfener Arbeit erhalten,
und es ist daher selbstverständlich, daß die
Reform diese als Muster nimmt. Was L. Lnb-
meyr im Verein mit Kralik (Firma Meyr's
Neffe) in dieser Richtung mit Hülfe der besten
künstlerischen Kräfte VUiens, wie Storck,
Hansen u. a. geschalTen hat, steht in erster
Linie unter allen Leistungen der modernen
Glasindustrie. Sein Vorgang ist bahnbrechend;
viele der böhmischen Fabrikanten sind dem-
selben gefolgt und zeigten auf der Ausstellung
bereits hübsche Arbeiten in derselben Richtung,
die man allerdings zuweilen unter der Masse
der veralteten farbigen und mit anspruchs-
vollen Malereien bedeckten Gegenstände erst
aussuchen mußte.
(Kunst und Kunrtgewerbe auf der Whwer Weltazwlel-
110g 1873, Crzrl zum Lütgalll, Leipzig 1875, Irrlriq
E. A. Xemmrm, feil: U l )
7 Wellausstellung Wien, 187a. lmllrllllläiflll der lkunlndc bltl
der Erükfnungsfcirr
s J. und L. Lobmcyr, Kaiserservicc. Entwurf der ulrsrurllr
von Ludwig Lohmcyr, des orllamcnlillell Dekors von josel
Storck. Weltausstellung Wien, 1373
9 1. und 1.. Lnbmvyr, Dunkelgrüncs Glas mit (inkl und
farbiger Emailnlalerci. Weltausstellung Wien, um
CHICAGO, 1893
J. 8c L. Lobmeyr in Wien stellte in 2 Ab-
theilungen Glaswaren feinster Art, in Krystall
und farbigem Glase geschliffen, ornamental
und figural höchst künstlerisch graviert, be-
malt, emailliert und vergoldet aus. Diese
Ausstellung erregte in Chicago großes Auf-
sehen, wenn auch 8c L. Lobmeyr bei
weitem nicht seine schönsten und kostbarsten
Glassachen dahin geschickt hatte. Einen guten
Antheil an dieser vornehmen Ausstellung hatte
die Firma Meyr's Neffe in Adolf bei Winter-
berg, von der das wirklich krystallreine, im
zartesten weißen Lichterspiel erglinzende Glas
zumeist stammte, und welche hier au:
tierte Trinkgläser mit schöner Blumex
auf vergoldetem und glasüberzogenen
zur Schau brachte, die in der wunc
Redexwirkung beim Einblick in das
des Trinkglases die betreffende Bli
unzähliger brillanter Vervielfältigung
ließen. Diese Neuheit gefiel in Chicag(
ordentlich, wenn auch gegen das
Gewicht der Gläser hie und da Einwen
gemacht wurden.
(Ofßriellzr Berirlrl der K. K. Örterr. Cm!
miniaufür die [Vellaurxrellurgg in Cbirago im ja.
Verlag der k. k. Ceniral-CumruirJivn, [V11
Xrile 25)