Walter Kaschatgk]
JEAN BAPTISTE
ISABEY IN WIEN
Im Mittelpunkt von zwei Ausstellungen der
jüngsten Zeit in Wien, den „Meisterwerken
der Miniaturmalerei" in der Albertina und
dem „Wiener Kongreß 18l4f15" in der Hof-
burg, standen Werke des j. B. Isabey (Nancy
1767;Paris 1855); beide Male Objekte, die
entweder in Wien entstanden waren oder doch
im engen Zusammenhang zu verstehen sind. Es
könnte daher von Interesse sein, einige Einzel-
heiten über das in den Ausstellungskatalogen
Verfaßte hinaus mitzuteilen.
Als der junge Tsabey im Januar 1785 nach
Paris gelangt war, fand er hier das Dreigestirn
Hall-Sicardi-Dumont in unerschütterlicher
Überlegenheit. David, seine eigentliche H05-
nung, war eben nach Rom gegangen, und
Dumont empfing ihn zwar in seinem luxuriösen
Appartement „ . . . enveloppö dans une robe
de chambre bleu et or, coiffe et poudre a
l'oiseau royal . . .", ignorierte aber im übrigen
das schüchtern vorgebrachte Empfehlungs-
schreiben. Die Krise des jungen Mannes war
grenzenlos. Ein ganz unwahrscheinlicher Zu-
fall folgt, eine Begegnung, viel Charme seiner
Person, die eklatante künstlerische Befähigung
und schon bewegt er sich am Hofe Marie-
Antoinettes als der erfolgreiche „Petit Lor-
Directoire, Napoleons Consulat, Empire, dan
Louis XVllL, Revolution 1830 und schließlic:
Louis Philippe. Nun war Isabey in seiner
Fach unzweifelhaft einer der Größten alle
Zeit. „Wer Miniaturen kennt und von Minia
turen spricht, denkt an Isabey", sagt Leisching
Doch zu dem Erfolg gehört nicht nur di
verblüffende Technik, die frappante Fähigkei
der Wiedergabe und auch nicht nur, daß ei
wie die bitter gekränkte Baronin clu Monte
meinte, „rasend schmeichelt. Eine Frau kan:
noch so häßlich sein, wenn er sie malt schein
sie hübsch und ätherisch wie eine Sylphide . . .'
Es ist auch nicht nur, daß er geistreich, amüsan
und liebenswürdig die Sitzungen zu Ereig
nissen, die Atelierbesuche zu gesellschaftlicher
Vergnügen zu machen wußte, sondern viel
mehr weil er einer Generation idealtypisch
Gestalt verlieh, weil er die Leitbilder setzt
und so in jedem Porträt das schuf, was der
Porträtierten inneres Bedürfnis, Wunschbih
war.
Wenn auch die Porträtmalerei, gleich der Land
schaftsmalerei, nicht die gleiche Wertschätzun-
genoß wie die Historienkunst, so erkannt
doch auch die Zeit Isabeys schon seinen Rang
„Je ne sais pas ma foi, si c'est ä l'huile ou ai
vinaigre; mais certes, ciest de la belle e
w kahey, im Tänzerin Bigoniizi. entstanden um
Albcnm
ist luhcy. Ankunft der Killkliflll Maric Louis: in
1c vor llirvr Heirat
es crrt- jungling in der Lcopoldsladt Nr. 5m, III
ßapllslt: hahcy Cm Axclior bcmt:
w
rain", im Doppelspiel des Wortes geneckt,
von allem denkbaren Succes begleitet.
Diese schicksalhafte Wendung ist für lsabeys
Leben und damit auch für sein Werk von
charakteristischer Bedeutung. S0 sollte es sich
immer wieder vollziehen: Sturz, Krise, Zu-
fall, Leistung, Erfolg. Die Krisen lagen natur-
gemäß in den heftigen politischen Ereignissen
der Zeit. Fr, der Pnrträtmaler, war mehr als
andere noch abhängig von den führenden
Kreisen und Personen. Doch die Stürme
Waren fast zu heftig, um sie zu überstehen:
Louis XVI., Natiomlkonvent, Jakobiner,
bonne peinture!" rief der große L. Davit
dessen Schüler er geworden, eines 'l'ages au:
nachdem schon Miralweau dem jungen Schülei
der nach Höherem strebte, geraten hatte, ir
Nliniaturfach zu bleiben und nicht zur H
stnrienmalerei zu wechseln; er meinte wen
spielend: „Croyez moi, il vnut mieux illustre
un genre sccondaire, que dbccupcr un ran
secondaire dans un genre illustre..."
Der Künstler überstand den Wechsel vor
Hof zur Revolution besser als andere; durc
die Vermittlung seiner Waschfrau hatte er di
228 Porträts „de 1a consolation" hergestelli
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