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Volltext: Alte und Moderne Kunst XI (1966 / Heft 84)

Sonderausstellungen. die insgesamt 
einen respektablen. doch nicht immer 
glücklich gesichteten Querschnitt durch 
das Schaffen des bekannten steirischen 
Malers gaben. 
Wickenburg ist einer der ganz wenigen 
österreichischen Künstler. die schon vor 
dem ersten Weltkrieg mit der großen 
europäischen Avantgarde, den Fauves 
und Kubisten in Paris und den Ex- 
pressionisten in Deutschland, in Kon- 
takt kamen und von ihnen fruchtbare 
Anregungen empüngen. Sein Werk 
zeigt demgemäß auch die verschieden- 
artigsten, oftmals in sehr persönlicher 
Synthese verarbeiteten Einflüsse. Das 
betrifft die Graphik genauso wie die 
Ölmalerei, die mit 24 Beispielen aus 
dem Zeitraum von 1921 bis 1965 in 
der Galerie Würthle zu sehen war. 
Innere Lauterkeit. forschender Drang 
und eine von Sensibilität und tieferem 
Verständnis für die autonomen bildne- 
rischen Werte Zeugnis ablegende Mal- 
kultur sind für Wickenburgs CEuvre 
charakteristisch. Die Würdigung. die 
die Albertina dem Künstler mit einer 
Sonderausstellung von Zeichnungen 
und Aquarellen zuteil werden ließ, war 
ZWEifEllOS verdient und berechtigt, wies 
aber unzweifelhaft qualitative Mängel 
auf, die einem derart prominenten 
Kulturinstitut nicht passieren dürften. 
GALERIE NÄCHST ST. STEPHAN: 
Curt Stenvert, Rupprecht Geiger und 
Josef Mikl 
Die Grundsteine zu seinen ,.Mensch- 
lichen Situationen" legte Curt Stenvert 
bereits in den Jahren 1945 bis 1947 - 
in einer Zeit materieller Not und 
zahlreicher anderer Nachkriegswirr- 
nisse. 
Die Galerie nächst St. Stephan unterzog 
sich der dankenswerten Aufgabe, Sten- 
verts so gut wie unbekanntes Frühwerk 
an Hand von 36 Exponaten der Öffent- 
lichkeit vorzustellen. 
Der nicht bloß für Skeptiker nützliche 
Beweis, daß die zeitkritischen, provo- 
kanten Montagen des Künstlers nicht 
von außen her beeinflußte modische 
Erfindungen der letzten Jahre sind. 
sondern tatsächlich aus ureigenstem 
Antrieb entstanden. wurde durch die 
kleine. doch gehaltvolle Kollektive 
dieser ganz frühen und selbst vom 
Künstler lange Zeit hindurch ver- 
gessenen Arbeiten vollauf erbracht. 
Der Realist und Mahner Stenvert war 
schon damals jener unerbittliche 
Chirurg, der in durchaus künstleri- 
scher Weise mit scharfem Intellekt den 
Menschen beobachtete und dessen 
Handlungsweise sezierte. Neben zahl- 
reichen sauberen Studien zu seinem 
durch den Fuiurisrnus inspirierten. 
inzwischen leider vernichteten „Violin- 
spieler in vier Bewegungsphasen" (eines 
der interessantesten Werke österreichi- 
scher Nachkriegskunst) bestimmten 
Wert und Eigenart der Ausstellung vor 
allem jene Tuschfederzeichnungen und 
Werksstudien. die Stenverts weltzu- 
gewandetes, analytisches Denken. sein 
Engagement am Menschen erkennen 
lassen. 
Zwischen Stenverts Montagen von heute 
und einigen dieser vorwiegend in 
asketischem Schwarzweiß gehaltenen 
Zeichnungen lassen sich allerdings 
nicht nur geistige Genealogien her- 
stellen, sondern auch formale. ln den 
Arbeiten aus Stenverts Frühzeit finden 
sich nämlich Elemente. die für sein 
gegenwärtiges CEuvre in ganz be- 
sonderer Weise typisch sind und eine 
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kaum glaubliche Kontinuität erkennen 
lassen (Abb.10). 
Mit völlig anderen künstlerischen Ziel- 
setzungen machten die abstrakten, 
vielfach monochromen Siebdrucke des 
Münchners Rupprecht Geiger bekannt. 
Geiger beschäftigt sich mit dem auto- 
nomen Wert von Farbe und Form. mit 
der suggestiven Kraft formalen Ge- 
schehens. die den Betrachter zur 
Kontemplation einlädt, zum Nachden- 
ken zwingt. Wenn man sich auch 
besser davor hütet, bestimmte philo- 
sophische Deutungen dieser 7 und 
auch anderer A graphischen Blätter 
als verbindlich hinzustellen, so muß 
doch betont werden, daß gerade radikal 
abstrakte Kunst in ihrer wohlüber- 
legten und empfundenen Einfachheit 
nicht nur von der optischen Warte her 
gesehen werden darf, sondern auch 
im Geistig-Theoretischen ihren schöpfe- 
rischen Rang offenbart. 
Knapp vor Beginn der Weihnachts- 
ausstellung konfrontierte die Galerie 
nächst St. Stephan auch noch mit 
neuen, vor allem in den Zeichnungen 
mit der Figur stärker kokettierenden 
Abstraktionen Josef Mikls. 
Mikl weiß, was er seinern Ruf und 
seinen zahlreichen Sammlern schuldig 
ist. Anstatt eine schöpferische Pause zu 
riskieren, hat er sich jedenfalls ordent- 
lich ins Zeug gelegt und wartete dem- 
gemäß mit einer sehenswerten Kol- 
lektive auf. Dafi sich die Anstrengungen 
lohnten, wurde vor allem angesichts 
der feinmaschigen Zeichnungen und 
der kleinen, prächtig gelungenen lyri- 
schen Abstraktionen offenkundig, die 4 
ohne Neues zu bieten 7 mit zum 
Schönsten und Besten zählen. was man 
in Wien auf diesem Sektor der Malerei 
seit langem zu sehen bekam. 
GALERIE AUF DER STUBENBASTEI: 
Aquarelle und Zeichnungen Alfred 
Karger: 
Es gibt in Österreich zahlreiche hoch- 
begabte Maler und Graphiker, für die 
aufGrundihres Könnensimallgemeinen 
größeres Interesse bestehen müßte, als 
in jener sporadischen Resonanz zum 
Ausdruck kommt, die sich zumeist 
nur anläßlich von Ausstellungen regi- 
strieren läßt. 
Der 1925 geborene Wiener Alfred 
Karger, der den aufmerksamen Kunst- 
freunden noch von seiner letzten 
Kollektive 1962 im Hoffmannssaal der 
Wiener Secession in guter Erinnerung 
sein dürfte, zählt zweifellos zur ersten 
Garnitur österreichischer Graphiker 
und Maler der Jüngeren bis mittleren 
Generation. auf die das eingangs Er- 
wähnte zutrifft. 
Die Galerie aufder Stubenbastei (Wienl. 
Stubenbastei 1) widmete dem Künstler 
im November ihre erste Fersoncilschau 
und leitete damit ein neues, neben der 
ständigen Verkaufsausstellung stattfin- 
dendes Sonderausstellungsprogramm 
ein. 
Karger setzt im besten Sinn dieTradition 
des österreichischen Expressionismus 
fort, wobei insbesondere in den zahl- 
reichen Aktzeichnungen Parallelen zum 
graphischen Werk Herbert Boeckls 
festzustellen sind. der i mehr noch 
als Kokoschka 7 fruchtbarsten Ein- 
fluß aufjene Generation österreichischer 
Künstler ausübte, der auch der heute 
Vierzigjährige angehört. 
Karger ist ein unermüdlicher Zeichner, 
der hart an sich selbst und der Vervoll- 
kommnung seiner künstlerischen Mög- 
 
 
11 
 
Bildtexte 10718 
10 Cuft Stenvert, ViQliriSpiEler in vier Be- 
wegungsphosen, Original zerstort (Abb. 
aus der Ausstellung des Künstlers "Curt 
Slcnvert irn Rückblickspicgel gesehen" in 
der Galerie ndchst St Stephan) 
11 Alfred Karger, Frau, auf dern Bauch 
liegend, 1963. Aktzeichnurig in Feder 
und Pinsel. 26x45 cm 
12 Alfred Karger, Dorf, 1965. Aquarell und 
Fader. 285x465 crn (Abb. 11. 12 aus 
der Ausstellung des Künstlers in der 
Galerie Stubenbaslei. Wien) 
13 Keramik von Kurt Ohnsorg. Osterreich 
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Keramische Arbeit von Vera Szeke 
Frankreich 
Keramische Arbeit von K. Neoras, C5 
(Abb.13-15 aus der Ausstellung ,.Kcr 
mik von Kunstlerri aus 12 Staaten" i 
IKC internationaler Kunstlerclu 
Palais Palffv. Wien) 
Relief von Zbynek Sekal 
Skulptur von Miloslav Chlupac (Abb. 
17 aus Ausstellungen der Galerie I 
Griechenbeisi. Wien) 
Erich Brauer, Kurbisesser. 1965. Aqu 
rell. 35x25 cm (aus der Ausstellung d 
Künstlersinclßr Galerie Peilhnar-Lichtc 
fcls. Wien) 

	        
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