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Volltext: Alte und Moderne Kunst XI (1966 / Heft 87)

 
Angleichung an die Sphäre von gedämpften 
Farben im unteren Teil der Szene, zu der 
noch zwei delikat gemalte Figuren auf der 
blauvioletten Treppe gehören, ein nacktes 
Kind und ein ungemein lebensechter Wind- 
hund. Einige Gestalten in der linken Hälfte 
dieser Szene fallen durch ihre markante 
Farbigkeit, die in dem waschblauen Rock 
der männlichen Gestalt mit dem Plan 
gipfelt, wie auch durch ihre Buntheit auf. 
Die Ferdinand-Szene ist also teils aus 
gedämpften, fast monochromen, und teils 
aus intensiven und bunten Farbsphären 
komponiert. Die intensiven Farben kom- 
men vorerst nur im Umriß der Szene zur 
Geltung: sie setzen schon im Bereich der 
gedämpften Töne durch einen schmalen 
Streifen in der Silhouette des Rückens der 
beiden Prälaten an, werden dann mächtiger 
in dem flattetnden blauen Mantel der 
allegorischen weiblichen Gestalt und in der 
lichtdurchtränkten golden leuchtenden Ge- 
stalt des Kaisers; von hier aus ergießen sie 
sich dann in einem breiten Strom in die 
übrigen buntfarbigen Figuren der Szene. 
Der Betrachter wird dazu angeregt, diesem 
raffinierten Farbenspiel zu folgen. Ein 
besonderer Reiz liegt für ihn darin, der 
qualitativen Veränderung der einzelnen 
Farben nachzugehen, z. B. des Blaus, das 
sich in den Gestalten der beiden kirchlichen 
Würdenträger zunächst mit rosigen Tönen 
zu einem Violett vermischt, sich dann 
aber durch die blauen Reflexe auf dem 
Körper der allegorischen weiblichen Figur 
von dem Rosa wieder völlig befreit, um 
seine Intensität in ihrem tlatternden Mantel 
noch mehr zu steigern und schließlich in 
dem lichtdurchtränkten Blau des Rockes, 
mit dem der Mann mit dem Plan bekleidet 
ist, seinen Höhepunkt zu erreichen. 
Einem aufmerksamen Betrachter wird die 
Kompliziertheit des koloristischen Aufbaus 
dieser Szene, die auf zwei Faktoren be- 
gründet ist, nicht entgehen. Den ersten 
Faktor stellt das Licht dar: die Schwan- 
kungen in der Intensität der Farben sind 
nämlich durch die Veränderungen in der 
Intensität des Lichts, durch ein sehr 
markantes lichtmäßiges Geschehen bedingt. 
Parallel damit kommt jedoch auch die von 
dem Licht letzten Endes unabhängige Be- 
wegung der farbigen Reihen, Beziehungen 
und Kontraste nicht minder eindringlich 
zur Geltung. Das lichtmäßige Geschehen 
gewinnt aber schließlich doch die Ober- 
hand, der lebensspriihende, organische 
Hauch des Lichtes belebt das abstrakte 
Spiel der Farben und spricht es mehr oder 
weniger von dem Verdacht des Selbst- 
zwecks frei. Und doch bleibt die Freude 
an der Farbe an sich zu offensichtlich. In 
dieser Richtung nimmt die Szene bereits 
die Entwicklung der Kunst im folgenden 
in der geistreichen Invention der I 
führung zutage. Das Kolorit befrei 
hier also auf eine noch nicht dagexx 
Weise vnm Gegenständlichen und l 
lungsmäßigen. Die Darstellungsfur 
der Farbe, ihr relativer Wert, gerät i: 
gesteigerte Spannung mit dem ihr eig 
absoluten Wert (ungefähr im Sinn 
Begriffe von H. jantzens „Darstell 
Wert" und „Eigenwert" der Farbe). 
künstlerische Kriterien stehen da in 
extremen Gegenüber zu den inhaltl 
Eine Erkenntnis also, die bereits b! 
Analyse der Gruppe des Pagen un 
alten Höflings konstatiert wurde. 
mmam 
Franz Anton Mnulhcrlsch. 
Franz Anton Maulbcrlxch. 
Franz Anton Maulbcnsclu 
Franz Anton Maulhcrtsch 
Große Rcilergxuppe 
Putm aus der Kämpferzone 
Detail aus der Reitergruppc 
man aus der Reitergruppe 
 
Nachdem der Koloritcharakter von 
bertschs Fresko angedeutet wurde, 1 
sich die Frage nach der Gesamtwi 
des Freskos, inwieweit dessen „Inhalf 
Kolorit beeini-lußt ist. 
Unlängst wurde die Meinung veri 
das Motiv des Freskos zu Kremsi 
offensichtlich das Ergebnis einer 
Scheidung des Auftraggebers gewesc 
ziert die Decke jenes Saales, in de 
Lehensgerichte gehalten wurden, d. 
wichtigste Ausdruck der uralten Ge 
barkeit der Olmützer Fürstbischöfi 
ren. In einer Zeit, da der aufgt 
Absolutismus die feudalen Vorrechte : 
fiihlbarer einschränkte, in der sie} 
bereits das Ende des Feudalismus a 
digte, sollte der Lehenssaal mit E 
ausgeschmückt werden, die an die 
vollsten Ereignisse in der Geschich 
Olmützer Bistums und an dessen 
legien erinnern. Der Reiter auf der 
bäumenden Pferde, unter dessen 
Schlägen zwei athletische Gestalte 
sammenbrechen, sollte die Macht d! 
mützer Bischöfe symbolisieren 4. 
Der Bischof hat diese Aufgabe i 
Hände eines jungen Wiener Malers 1 
dessen Ruhm sich in jener Zeit zu 
breiten begann. Es ist interessant ui 
die damalige Zeit bezeichnend, w 
junge Maulbertsch der ihm anvert 
Aufgabe gerecht wurde. 
Das Fresko von Kremsier ist zu Ree 
einer schmetternden Fanfare verg 
worden, womit ohne Zweifel vor 
die Klangfülle seines Farbenreichrur 
meint war. Man kann 4 mit einigei 
Sicht - sagen, daß Maulbertsch zu 
Art koloristischem Absolutismus g 
ist. Die Farbe wird ihm zu einer 
fassenden, ja sogar magischen Mater 
durch alle erdenklichen Metamorr 
geht, von sanftem Zwielicht zu 
Lichtern, von dichten zu durchsic 
Tönen, von trüben zu kristallklare: 
kompakten Farbi-lächen zum strahi
	        
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