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Volltext: Alte und Moderne Kunst XII (1967 / Heft 93)

Als es in Wien noch sehr wenige unter den jün- 
geren Künstlern gab, welche Technik und Eigenart 
der Radierung künstlerisch zu nutzen versuchten, 
beschäftigte sich Fred Nowak eingehend mit 
deren Möglichkeiten, indem er sich einfach selbst 
beibrachle. was an handwerklichen Voraus- 
setzungen und Erfahrungen gefordert wird, um 
dieses Medium voll ausschöpfen zu können. Als 
Künstler, den schon immer alle Möglichkeiten 
drucktechnischer Art bevorzugt interessierten 
(siehe auch Ernst Köllers Beitrag in der Nummer 77 
dieser Zeitschrift), hat er nicht nur sich selbst. 
sondern auch zahlreiche andere Künstler mit den 
Anfangsgründen der Radierung vertraut gemacht. 
In geduldiger Kleinarbeit versuchte er die ganze 
Skala an Ausdruckswerten auszuschöpfen, die in 
dieserTechnik liegen. machte er auch einige seinen 
künstlerischen Absichten und Zielen förderliche 
Funde. 
Wie alle echten Druckgraphiker interessiert 
Nowak das reproduzierende Moment der Radie- 
rung nicht oder höchstens als willkommene 
Draufgabe. Was er auf seiner kleinen Handpresse 
selbst druckt. dient ausschließlich der Erweiterung 
der von ihm in anderen Techniken gemachten 
Erfahrungen. Wer die vielfältigen Möglichkeiten 
der Radierung handwerklich zu nutzen versteht. 
wird in dieser Technik vieles realisieren können, 
was ihm durch andere Medien in dieser Form 
nicht gelingen würde. 
Ein früheres Blatt. die 1958 entstandene Radierung 
„Begrüßung" (Abb. 4), iüßt erkennen, wie Nowak 
durch das Aquatintakorn (in verschiedenen 
Stufen geützt) und die Durchdrucktechnik (Vernis 
Mou) eine zeichnerisch-graphische mit einer 
malerischen Wirkung zu verbinden weiß. Ähnliches 
wird auf der Radierung ..lm Regen" (Abb. 3) 
sichtbar. Nowak verwendet die einfache Linien- 
ützung nahezu nie isoliert. sondern sucht das 
lneinanderspiel verschiedenartiger Strukturen, wess 
halb er auch gern alte. angefressene Platten ver- 
wendet. deren Flecken und Kratzer er in seine 
Komposition einbezieht. 
Ncwaks gespenstische. schattenhafte, oft wie 
Skelette erscheinende Figuren gewinnen aus 
solcher Bereicherung an Leben. Er liebt es, wie 
er immer wieder sagt, sich seine Platten an einem 
bestimmten Punkt des Werdeprozesses ..versalzen 
und verbrannt" vorzunehmen. um sie dann durch 
Korrekturen. Abdeckungen und Hinzufügungen 
jenem Zustand zuzuführen. zu dem ihm die An- 
regungen während des Arbeitens an den Platten 
zufliegen. 
Dali die Radierung ein unerschöpfliches Thema 
ist. daß man mit ihr technisch brillieren kann, 
weiß Nowak. Er möchte aber darüber hinaus 
auch bestimmte ideelle und formale Vorstellungen 
realisieren, Stimmungen und Bewegungen im 
Raum einfangen. wie sie in dieser spezifischen 
Form nur durch die Radierung festgehalten werden 
können. In einer 1965 entstandenen. handteller- 
großen Radierung mit dem Titel "Dorf im Sturm" 
(Abb. Z) ist ihm das Einfangen einer bestimmten 
Atmosphäre, einer zirkulierenden Erscheinung 
besonders gut gelungen. Deutlich sind an diesem 
Blatt die Strukturen eines durchgeötzten Deck- 
grunds zu erkennen, das Arbeiten der Säure. 
die den Strichen im Zusammenhang mit auspolier- 
ten Flächen eine satte Scharfe verleiht. Stets 
werden tonige und lineare Werte durch Feilen, 
Raspeln und Schmirgeln (gelegentlich preßt Nowak 
auch die Struktur eines Glaspapiers auf seine 
Platten ab) zueinander in Beziehung gebracht. 
Was dem Künstler auf einer Platte nicht gefüllt, 
merzt er radikal aus. um die fragliche Stelle er- 
neut anzugehen.
	        
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