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ist 111 seinem vernaitnis zu ocnieie auen
mehr als der anregende Geist zu begreifen,
der das im Jüngeren liegende, andersgeat-
tete Talent geweckt hat.
Klimt beherrschte damals, auf dem Höhe-
punkt seiner künstlerischen Entwicklung,
das Kunstleben in Wien. 1905 war es in der
Sezession, deren Präsident er seit ihrer
Gründung 1897 war, zur Bildung und zum
Austritt der sogenannten Klimtgruppe ge-
kommen, der u. a. Josef Hoffmann, Emil
Orlik, Carl Moll und Wilhelm Bernatzik
angehörten. Klimt übte durch seine Tätig-
keit für die 1903 gegründete Wiener Werk-
Stätte entscheidenden Einfluß auf alle
Sparten des Kunstgewerbes aus. Gerade in
den Jahren 1907 bis 1909 zeigte sich seine
Anziehungskraft auf die Jugend. Neben
Egon Schiele gerieten zeitweise Richard
Gerstl, Carl Otto Czeschka und Franz von
Zülow in seinen Bann. 1903 widmete der
junge Oskar Kokosehka seine Dichtung und
Farblithos „Die Träumenden Knaben", die
in der Wiener Werkstätte gedruckt worden
waren, dem als Wortführer der Neuen Kunst
angesehenen Gustav Klimt.
Diese Jahre bedeuteten aber nicht nur den
Höhepunkt im Schaffen und Einfluß Klimts,
sie brachten auch die Blütezeit des Wiener
Jugendstils und seine europäische Entfal-
tung. Der bereits 1899 nach Deutschland
berufene Joseph M. Olbrieh erbaute 1907[08
Ausstellungshaus und Hochzeitsturm in
Darmstadt, 1907 bis 1909 das Warenhaus
Tietz in Düsseldorf, andere Bauten in Köln
und wirkte durch seine Entwürfe für Por-
zellan, Glas und Wohnmöbel nachhaltig auf
die Entwicklung des industriellen Kunst-
gewerbes. 1905 bis 1911 entstand in Brüssel
das Palais Stoclet, eines der Hauptwerke des
Jugendstils. Josef Hoffmann war für die
Gesamtgestaltung verantwortlich, und die
Wiener Werkstätte übernahm die Aus-
führung, an der Powolny, Czeschka, Löffler,
Luksch, Nloser, Metzner und viele andere
beteiligt waren. Klimt schuf u. a. den großen
Mosaikfries im Speisesaal. Auch Egon
Schiele malte 1908 als Entwurf für ein ge-
plantes, iedoch nicht ausgeführtcs Glas-
fenster das Bildnis Poldi Lodzinskys 7.
1910 aber war diese kurze Blüte des Wiener
Jugendstils schon zu Ende. Nur Klimt
selbst blieb dieser Kunstphase weiterhin
bis zu seinem Lebensende verhaftet. Ko-
koschka verließ im gleichen Jahr Wien
vorübergehend, bereits vom Einfluß Klimts
gelöst, und fand in Berlin und Nlünchen
Anschluß an den deutschen Expressionis-
mus. Egon Sehiele aber entwickelte seine
exzentrische, jeder Jugendstilsentimentalität
abholde Ausdruckssprache. Wenn er auch
die persönliche Verbindung zu Klimt
weiterhin aufrechterhielt, so ist doch in
seiner Kunst nach 1910 kaum mehr ein
Nachhall davon zu verspüren.
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