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Volltext: Alte und Moderne Kunst XVI (1971 / Heft 116)

1 Oskar Kokoschka, Selbstbildnis, 1956. Farbtithagraphie, 
58,5 x 42 cm 
2 Oskar Kokaschka 
Villeneuve, 197D 
3 Oskar Kakoschka, Stehender Mädchenakt mit Henkelvase, 
1922. Aquarell, 70,5x52 cm. Galerie Gurlitt, München 
aquarelliert ein Blumenstilleben, 
,Kreuzigung", „Verkündigung" und „Heimsuchung' 
ind das Porträt des Schriftstellers „Viktor v. 
)irsztav". 
stach seinem erfolgreichen Aufenthalt in Berlin, 
Ier ihm einen Vertrag mit Paul Cassirer eintrug, 
Lehrt Kokoschka 1911 wieder nach Wien zurück, wo 
er Alma Mahler begegnet, die ihm zum großen 
eelischen und künstlerischen Erlebnis wurde. In 
ahlreichen Zeichnungen und Lithographien, in Dich- 
ungen und Gemälden gibt Kokoschka seiner Be- 
vunderung und Verehrung dieser Frau beredten 
kusdruck. Auf einer Reise nach Italien, 1913, die ihn 
nit Alma Mahler über die Schweiz nach Venedig 
ind Neapel führt, entsteht in den Dolomiten die 
andschaft „Tre Craci". Zum ersten Mal erlebt 
lokoschka die ungeheuerliche Naturgewalt mit dem 
llick auf den Cima Tre Croci, die er in höchst 
iigentümlicher Weise in einer fast monochromen 
Srundstimmung in Grün wiedergibt. Eigentümlich 
ontrastieren die im Abendlicht rötlich schimmernden 
lerggipfel und der bleigraue Himmel, von dem ein 
Sestirn sein fahles Licht über das ganze Tal 
erbreitet. Entscheidend für Kokoschkas weitere 
ntwicklung war die Begegnung mit dem Werk 
talienischer Meister, insbesondere mit Tintoretto. 
Joch vor Ausbruch des ersten Weltkrieges malt 
Iokoschka das Hauptwerk seines bisherigen Schat- 
ens „Die Windsbraut". In diesem Riesengemälde, 
itwa 180x220 cm groß, subsumiert Kokoschka alle 
eine Erfahrungen und Eindrücke, die er auf seinen 
leisen gewannen hat. Das barocke Element tritt 
stärker hervor. Ein Liebespaar in einem Boot wird 
von Meereswagen hochgetragen in eine Sphäre der 
Unendlichkeit. Dargestellt ist der Künstler selbst, auf 
dem Rücken liegend, die Geliebte an seine Schulter 
gelehnt. Man könnte das Bild auch „Das hohe Lied 
der Liebe" nennen, das in seinem Duktus an die 
im Raum schwebenden Figuren der Barockmalerei 
erinnert. 
Im gleichen Jahr entstehen die elf Kreidelitho- 
graphien zur Bach-Kantate „O Ewigkeit - Du 
Donnerwort" und die Lithographien zu seiner 
Dichtung „AlIos makar", dessen Titel aus einer 
Verbindung der Namen Alma und Oskar besteht. 
Mit diesem Werk endet auch die Verbindung 
Kokoschkas zu Alma Mahler. 
Am Beginn des ersten Weltkrieges meldet sich 
Kokoschka freiwillig zum Kriegsdienst. In Galizien 
wird er 1915 schwer verwundet. Nach seiner Gene- 
sung malt er u. a. ein Porträt Ludwig von Fickers. 
1916 wird er abermals zum Kriegsdienst eingezogen 
und wird als Kriegsmaler an der Isonzofront ein- 
gesetzt. Die nicht ausgeheilte Verwundung bringt 
ihn nach Wien und später nach Dresden und Stock- 
holm zur Nachbehandlung. Er bleibt anschließend 
bis 1924 in Dresden, wo sich sein Stil sehr charak- 
teristisch verändert. Die Farbe wird pastos, heller, 
vielfach mit der Spachtel aufgetragen. Die neue, 
bedeutende Periode, der wir eine Reihe von Dresdner 
Elblandschaften, Porträts wie „Gitta Wallerstein", 
„Karl Georg Heise" und „Hans Mardersteig", sowie 
„Die Freunde", das „Liebespaar mit Katze" und 
die „Frau in Blau" verdanken, hat aber auch ihren 
großartigen Niederschlag in den zahlreichen Aqua- 
rellen, Zeichnungen und graphischen Arbeiten ge- 
funden. Viele großformatige Lithographien entste- 
hen. Die Porträts „Hermine Körner", „Maria Orska", 
„Käthe Richter", „Ivar v. Lücken", „Max Reinhardt" 
und viele, meist jüdische Mädchen, die Kokoschka 
mit alttestamentarischen Namen bedachte und die 
unter dem Begriff „Tächter des Bundes" in die 
Literatur eingegangen sind. Auch die großartige 
Folge „Das Konzert", die in Wien 1920 entstand, 
gehört in diese Periode. Eine große Anzahl von 
Zeichnungen, zu der Camilla Swoboda, die Gattin 
des Kunsthistorikers, und Mechthild Lichnowski als 
Modell dienten, zeigen die Dargestellten beim 
Anhören klassischer Musik. Eine Auswahl von fünf 
dieser Zeichnungen sind auf Stein umgedruckt wor- 
den und als Lithographien bei Paul Cassirer er- 
schienen, Von besonderer Bedeutung ist das ver- 
mutlich Ende 1922 entstandene „Selbstporträt von 
zwei Seiten", das als farbige Lithographie gedruckt 
wurde. Es zeigt den Kopf des Künstlers in zwei 
Phasen, einmal im Profil und einmal in nahezu 
En-face-Stellung. Diese bereits im Jahre 1912 in 
einem Plakat für einen Vortrag versuchte Simultan- 
darstellung wurde später von manchen Zeitgenossen 
übernommen. 
1924 gibt Kokoschka abrupt seine Stellung an der 
Dresdner Akademie auf. Bis zum Beginn der drei- 
ßiger Jahre setzt eine rege Reisetätigkeit ein, die 
ihn nicht nur durch eine Anzahl europäischer Städte, 
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