sie gleichsam in ihrer Erstarrung wie
einen Zauber wirken lassen, so
quellen bei Wulz vielfältige Gestalten
in naiven, gnomischen und burlesken
Formen über die Blätter. Seine
farbigen Zeichnungen, Linolschnitte
und Radierungen sind ein lrrgarten
der Fabulierlust, aus dem man, hat
man ihn erst betreten, nicht so schnell
entlassen wird (Abb. 17).
Ebenfalls in der NEUEN GALERIE
(LINZ) wurden vom 6. bis 29. Mai
Gemälde des Linzers ERNST ARNOLD
BAUER gezeigt. Es mag sein, daß
Bauer, wie in dem Begleitwort zur
Einladung festgestellt wird, von
fernöstlichen Ideen befruchtet wurde,
daß er „Meditationshilfen" geben
will, ob das mit einer Mischung von
Sparsamkeit und einem am Rande
in exotischen Zügen notierten Kanon
möglich ist, müßte überlegt werden
(Abb. 18).
Die GRAZER NEUE GALERIE zeigte
vom 5. bis 24. März Aquarelle,
Holzschnitte und Pochoirs von
AXEL LESKOSCHEK. Obwohl über 200
Exponate gezeigt wurden, konnte
das Werk dieses Mitbegründers der
Grazer Sezession und alten Streiters
für Gerechtigkeit und eine humanere
Welt, nur bruchstückhaft präsentiert
werden. Zuviel ging durch die Wirren
der Zeit verloren, ist in der ganzen
Welt verteilt. Leskoschek bewahrte
sich seine expressive Arbeitsweise
über alle Moden hinweg. Streng und
karg in den Formen, begegneten
uns in dieser Ausstellung neben den
weniger bekannten Aquarellen
viele Beispiele des Holzschneiders und
lllustrators zahlreicher Bücher.
Wir sehen aber auch ein kontinuier-
liches Weiterreichen mittelalterlicher
Tradition in manchen seiner Blätter.
Der Kain-Zyklus, farbige Linolschnitte,
kann als memento mari seiner vom
Faschismus ermordeten Freunde
verstanden werden. Ein Odysseus-
Zyklus, 1960 im Globus-Verlag, Wien,
erschienen, zeigt den Menschen
als ruhelos Wandernden schlechthin
und ist nicht allein Illustration,
sondern freie Gestaltung (Abb. 19, 20).
Zur selben Zeit waren in der NEUEN
GALERIE (GRAZ) auch typographische
Arbeiten des iungen Stuttgarters
JOSUA REICHERT zu sehen. Sowohl
seine freien Kompositionen als
auch Plakate, Mappenwerke und
Textblätter nach Georg Trakl,
Else Lasker-Schüler, Franz Kafka und
Hölderlin waren ausgestellt. Reichert
beschränkt sich bewußt auf die durch
Schriftzeichen vorgegebenen Formen.
Wilfried Skreiner sagt dazu im
Katalogvorwort: „Das Schrift-Zeichen,
lnformationssymbol und menschliches
Kunstprodukt zugleich, wird aus
der Unbewußtheit des Zweckhaften
zurückgeführt in seine urtümliche
Aussagekraft, in seine bestimmende,
prägende Farm." Der Künstler, der
in Karlsruhe bei Hap Grieshaber
studiert hat, ist in manchem von EI
Lissitzky beeinflußt, hat aber, gerade
in der freien Anwendung der Letter,
einen eigenen Weg zu zeichenhaften
Signalen gefunden (Abb. 21).
Auch in GRAZ, aber im KUNST-
GEWERBEMUSEUM am Joonneum,
konnte man in der Zeit vorn 16. April
bis 16.Mai die Malereien und
Glascallagen der ALICE GUTTMANN
sehen. Sowohl die Bilder, mit wenigen
Ausnahmen, als auch die Glas-
mantagen, dicke, schlierige Obiekte,
sind sehr zufällige Gebilde, die,
50
wie alle ähnlichen Hervorbringungen
hauptsächlich von der Genialität
ihrer Schöpfer abhängig sind. Frau
Alice Guttmann macht den Eindruck
einer guten Bürgersfrau und ihre
Arbeiten werden, wo sie nur
schreiend und unkonventionell genug
sind, dem Bürger kühn und modern
erscheinen.
BADEN bei Wien beherbergte im
BEETHOVENHAUS vom 2. bis 30. April
eine vom Kulturamt der Stadt
veranstaltete Ausstellung mit
Graphiken von MAX MELCHER und
Kleinplastiken von MATHIAS HIETZ.
Melchers fein nuancierte und mit
großem Können in immer neuen
Themenkreisen und anderen Techniken
unter Beweis gestellte technische
Akribie wurde hier wieder einmal
deutlich. Hietz legte 20 zum Teil schon
an anderen Orten gezeigte Arbeiten
vor. Schon an Hand der wenigen
Exponate konnte man die ständigen
Wandlungen dieses regen und
dynamischen Künstlers feststellen, der
so viel Eigensubstanz hat, daß er
nicht bei anderen Kollegen Anleihen
nehmen müßte (Abb. 22).
In der Nähe, in PERCHTOLDSDORF,
wurden in der GALERIE ROMANUM
die Graphiken SIEGFRIED KRUP-
BAUERS vom 21. April bis 19. Mai
ausgestellt. 26 Exponate, in der
Mehrzahl Radierungen, zeugen von
der einheitlichen Arbeitsweise des
Künstlers, Schlemmersche Figuren
werden in Strichverdichtungen
schattenhaft und schattenwerfend in
ein festes Liniensystem gestellt.
Überhaupt ist die Welt, das Blatt,
ein einziger Schauplatz von Bezügen,
ein Schauplatz, auf dem auch dann,
wenn keine Menschen agieren, etwas
geschieht, Kräftefelder aufgebaut
werden. Alles Flächige tritt in
Krupbauers Arbeiten ins Sekundäre
zurüdr und ist eher mit der Technik
der Arbeitsweise verbunden (Abb. 23).
Der Künstlerbund KLOSTERNEUBURG
stellte im STIFT KLOSTERNEUBURG
bei seiner heurigen Jahresausstellung
besonders den iungen HERMANN
KLINGER vor. Die Schau war vom
8. bis 31. Mai täglich geöffnet und
konfrontierte mit einer Menge
in letzter Zeit in ziemlich rascher
Folge entstandener plastischer Werke
des Künstlers. Klinger fiel schon
1967 mit einer großen sauberen Arbeit
beim Symposien in Lindabrunn auf.
Nun legt er einen Bericht über seine
Weiterentwicklung vor. War damals
noch die Bewegung der Landschaft
in die Oberfläche des behauenen
Steines übernommen, so sind nun seine
neuen Obiekte aus Holz, Guß oder
Kunststoff in der ganzen Substanz
dynamischer geworden. Wohl spürt
man bei diesem und ienem Obiekt
noch die Nabelschnur, die Klinger mit
einem großen Vorbild verbindet,
daneben setzt sich aber schon deutlich
Eigenständiges durch. Wir glauben,
von ihm noch manch Gutes erwarten
zu dürfen (Abb. 24).
In der GALERIE LAXENBURG des NÜ
Landesverbandes war eine BONNER
KUNSTLERGRUPPE vom 8. bis 30. April
zu Gast. Über zwanzig Aussteller
waren vertreten, und dementsprechend
verschieden war auch das Niveau
des Gezeigten. Neben Indiskutablem
waren beachtenswerte Leistungen
und interessante Versuche. Wir
können nur, wohl auch wertend, einige
Namen nennen: CHOW CHUNG-
CHENG, HANS DOTTERWEICH,
KARL KAUL, D. OTTO und HORST
PITZER (Abb. 25).
Aus KAPSTADT in SÜDAFRIKA bekam
FRED NOWAK eine Einladung, in
der GALERIE BREVAN seine Arbeiten
zu zeigen. Nowak schickte 30
Druckgraphiken: Materialdrucke und
Monotypien, die das genannte
Haus vom 15. März bis 15.April
varstellte. Die großen südafrikanischen
Zeitungen brachten lange
Besprechungen, und eine Rezension
verglich Nowaks Blätter mit
ostasiatischen Drucken. Eine andere
hob die linearen Elemente hervor.
„The Cape Times" schrieb von
seinem vorzüglichen Farbgefühl. Die
Ausstellung ging anschließend nach
Kapstadt weiter (Abb. 26).
Die WIENER KLEINE GALERIE in der
Neudeggergasse war vom 20. April
bis zum 8. Mai der Ort einer
ungewohnten Präsentation. HELMUT
D. ZOBL hatte seine Medaillen
fotografiert und diese Wiedergaben,
übermannshoch vergrößert, an die
Wände des Ausstellungsraumes
montiert, so daß man alle Einzelheiten,
auch jene, die man sonst wegen
ihrer geringen Größe leicht übersieht,
wahrnahm. Davor standen, auf
langen Metallstäben gelötet, zu losen
Gruppen formiert, ieweils etliche
vom Künstler gestaltete, etwa 6 cm im
Durchmesser große Scheiben. Zobl
zeichnete sich schon einmal (im
Künstlerhaus) durch gute neue Ideen
der Ausstellungsgestaltung aus.
Sein Formenkanon in der Medaille ist
ein sehr reicher und vielfältiger.
Die Linienführung ist bewegt und seine
Phantasie läßt ihn immer neue
Kombinationen traubenförmiger,
schlauchartiger, pflanzenartiger,
strahlenartiger Formen auf die kreis-
runden Scheiben prägen (Abb. 27). Die
GALERIE TAO in Wien, Mahlerstraße,
beherbergte vom 16. März bis zum
16. April eine Gedenkausstellung des
im vorigen Jahr plötzlich verstorbenen
Bildhauers ALFONS LONER. Die
Schau zeigte erst, wieviel der sehr zu-
rückgezogen lebende Künstler in den
vergangenen Jahren geschaffen hat.
Von der menschlichen Figur ausgehend,
kam er bald zu einem rein räumlichen
Problem. Die Umfassungen, Umspan-
nungen werden bald stärker, autarker.
Eine Rhythmisierung der Vertikalen und
Horizontalen wird vorherrschend. Da-
zwischen kommen immer häufiger die
Durchbrüche, nun zu geheimnisvollen
Hählungen geworden, zur Geltung.
Eine große Anzahl von Bleistift- und
Federzeichnungen ergänzt die Plasti-
ken. Es bleibt nur zu hoffen, daß das
Werk dieses Künstlers nicht vergessen
wird (Abb. 2B). Alois Vogel
Meisterklasse für
dekorative Gestaltung und Textil
a.o. Prof. Grete Rader-Soulek
an der Hochschule für
angewandte Kunst in Wien
In der Zeit vom 15. Februar bis
15. März 1971 zeigte die Meisterklasse
für dekorative Gestaltung und Textil
an der Hochschule für angewandte
Kunst eine Ausstellung, in deren
Einleitung es unter anderem
programmatisch heißt: „In dieser
Ausstellung zeigen wir in erster Linie
Textilien, die ausschließlich für den
Raum gedacht sind und die besonders
durch ihre gesteigerte künstlerische
Intensität für die Gestaltung des
. Raumes bestimmend sein sollen. Die
geistige und emotionelle Grundlage
für diese Prototypen und Unikate ist
die Liebe zum neuen Ornament, das
ieder der Entwerfer dank seiner
eigenschöpferischen Persönlichkeit
individuell gestaltet und welches in
diesen aktuellen Ergebnissen seinen
Ausdruck findet. Da aber die
ornamentale Begabung im Dienste
eines übergeordneten Raumganzen
nicht an ein einziges Material
gebunden sein kann, werden auch
Bestrebungen und Einfälle für andere
Umsetzungen aufgegriffen und ge-
fördert."
Zur Entwicklung der genannten
Meisterklasse sei folgendes festgehal-
ten. Aus der Meisterklasse für Stoff-
druck wurde innerhalb zwölf Jahren
die Meisterklasse für dekorative
Gestaltung und Textil.
Zwei völlig verschiedene Aufgaben
bestimmen Intention und grundlegende
Richtung dieser Meisterklasse: Aner-
kennung der Gesetzmäßigkeit des
Raumes und seiner Gegebenheiten
und Unterordnung jedweder Gestal-
tung gegenüber dem Raumganzen
i einerseits und ihr Bemühen, sich der
Mode anzugleichen und mit ihren
Dessins in Zusammenarbeit mit der
Meisterklasse für Mode an der
gleichen Schule aktuellen Strömungen
Ausdruck zu verleihen, andererseits.
Zwei Bestrebungen, deren Aufgaben
von einem Studierenden selten mit
gleicher Kraft bewältigt und erfüllt
werden können.
Jedes von beiden Lehrzielen läßt für
sich aber viele Möglichkeiten im
Hinblick auf Material und Technik auf
dem Wege zur Entfaltung des
Schülers offen. Die Weberei als
Schaft- uncl Jacquardweberei, das
Drucken, das Sticken und Applizieren,
die Gobelinweberei, das Knüpfen,
aber auch die textile Plastik.
Erfolge bei Wettbewerben bestätigen
die Richtigkeit des eingeschlagenen
Weges. U. m: (Fortsetzung s. s. 51 -)