L Kunstlerprotlle
1 Stehende, 1956. Gips für
Bronze, H 165 cm
2 Dicke Margat (nach Francais
Villon), 1970
Bronze, eigener Guß, H 32 cm
3 Schlafende, 1971. Bronze, L 27 cm
4 Bottoli, Werkstatthof,
Sitzende Figur, umgearbeitet auf
Kalksandstein, H 160 cm
Toter Mann, 1969.
Kalksondstein, H 165 crn
Oskar Bottoli
„Verwandlung der Jo", 1969-1971.
USKGT BOHOII
immer noch ist des Menschen Leib
Der Mensch in seiner Körperlichkeit, der Leib als
gleichbleibende, durch die Jahrtausende seit der
Aufrichtung nicht wesentlich gewandelte
Erscheinung, ist der Vorwurf für fast alle Arbeiten
dieses Bildhauers. Er formt ihn immer wieder
aufs neue aus Ton, gießt ihn in Metall, schlägt ihn
aus dem Stein. Es ist nicht der schöne, es ist nicht
der häßliche Mensch, es ist einfach der Mensch.
Es ist damit ein Bekenntnis zur Leibhaftigkeit über
alle Zeiten hinweg, zur Dauer, bei aller
Spiritualisierung, bei aller Automatisierung, bei
aller Technisierung.
Bottoli wurde 1921 in Wien geboren und studierte
von 1945 bis 1953 bei'?rof. Wotruba an der
Akademie der bildenden Künste. Bei den frühen
Arbeiten, wie etwa dem „Wagenlenker" (1950)
oder dem „Sizilianischen Eselreiter" (1951) sehen
wir schon einen vom „klassischen" Begriff
abweichenden Kanon, der eher eine ursprüngliche,
archaische Klobigkeit anpeilt. Doch schon mit zwei
Arbeiten aus dem Jahre 1956, einer „Stehenden"
und dem „Mädchen auf der Schildkröte", zeigt
der Künstler, wofür er sich entschlossen hat. Es
ist eine Hinwendung zur monumentalen Strenge
der ägyptischen Plastik. Diese Aufgerichtetheit,
ein gelassenes So-Sein, finden wir in Bottolis
Arbeiten bis auf den heutigen Tag, ia in manchen
Werken, besonders den Skulpturen, noch
ausgeprägter, fast zu totemhafter Starre
konzentriert. Die „Stehende" ist in der Haltung
fast ein weibliches Gegenstück zur Holzstatue des
Perhernotret der 5. Dynastie. Der Kopf, und nicht
nur dieser, sandern viele Köpfe, die Bottoli
schafft, findet iedoch in den sardinischen Bronzen
eine Entsprechung, wobei besonders auf die bei
Bottolis späteren Arbeiten oft knopfförmig
heraustretenden Augen hingewiesen werden
muß, wie wir sie schon in der „Barbaicina-Gruppe",
den ausdrucksstarken Statuetten aus Sardinien,
antreffen. Das schon genannte „Mädchen auf der
Schildkröte" stellt in seiner Vereinigung vom
Weiblichen und Tier, ebene in der Haltung des
mit gespreizten Schenkeln reitenden Kindes und
dem vorgestreckten Kopf des Reptils eine
archetypische Darstellung des Weiblichen als Herrin
der Tiere dar. Auch das Jungfräuliche der noch
kindlichen Reiterin paßt in den archetypischen
Zusammenhang, ebenso wie die Haupterhebung
des vom Weiblichen „besessenen" Tieres.
Vieles ist allerdings allein von der Erkenntnis
eines richtigen architektonischen Aufbaues dieser
Figuren abhängig. So sind Haltungen, wie sie
„Twist ll" (1965) zeigt, aus Bemühung um die
Beherrschung der Farm geworden. Im selben Jahr
entstand eine „Männliche Figur" und „Die dicke
Margot".Jede der beiden Bronzen ist 40 cm hoch und
selbst gegossen. Seit einigen Jahren schon gießt
der Künstler seine Werke selbst, unwahrscheinlich
dünnwandig und wie eine prallgefüllte Haut.
Immer wieder zeigen Battolis Frauenfiguren massige
Körper, wobei die urstömmige, 1969 aus Kalkstein
geschlagene mit dem Volumen wirkt und der
kleine Kopf in die Urmasse des Steins zurück-
genommen wird. Ein anderes Geschöpf ist die 32 cm
große Bronze aus dem nächsten Jahr. Trotz der
bewegten Linienführung wird der geschlossene
Eindruck bewahrt, trotz der Leibesfülle, der
betonten Genitalmerkmale hat diese Frauenfigur
nichts Herausforderndes. Trotz des sinnlichen
Gesichtsausdruck: ist hier ein gebender Typ fest-
gehalten. Damit ist dem Künstler eine sowohl
inhaltliche als auch formale Bereicherung
seines umfangreichen Guvres gelungen.
Alais Vogel