A Künstlerprofile
Hans Muhr
Architektur t, 1968. Keramische m.
stik, Uranrat, H 223 crn
Signum urbanum vu, 1972. Serpen-
tin, H 31 cm
Architektur n, 1969
Architekturstein homa, 1970. Serpen-
tin, H 275 Cm
Signum urbanum v, 1972. Serpentm,
H 300 cm
Hans Muhr
. . . und seine plastischen Figurationen
Der 1934 in Graz geborene Hans Muhr hatte, ehe
er sich der plastischen Gestattung zuwandte, als
Graphiker gearbeitet, hatte auch Sgraffiti gemacht,
und war_auch nach einer Lehrtätigkeit in Judenburg
in der Erwachsenenbildung tätig. 1961 gründete er
z. B. eine Volkshochschule in Weitenfeld, Kärnten.
Er ist auch heute noch im Valksbildungswesen er-
folgreich tätig und wurde dafür 1972 mit dem För-
derungspreis des Bundesministeriums für Unterricht
ausgezeichnet. Ab 1965 besuchte Hans Muhr die
Akademie für angewandte Kunst in Wien. Hier lernte
er nun bei Professor Leinfellner die elementarsten
Grundregeln der keramischen Arbeit.
Schon hier begnügte er sich aber nicht mit der
Gestaltung einfacher Täpferwaren, sondern wandte
sich der keramischen Plastik zu. „Architektur l",
ein 1968 entstandenes, über zwei Meter hohes Werk,
brachte Muhr mit einem Schlag als Bildhauer ins
Gespräch. Sicher ist auch schon bei diesem Werk,
wie bei allen folgenden des Künstlers, eine humane
Grundstruktur zu erkennen. Die architektonischen
Formen der Zylinder, der Bänder und Bogen-
segmente in ihrem rhythmischen Aufbau weisen
auf den anatomischen Aufbau des menschlichen
Körpers. Bei der zweiten Arbeit dieser Art begin-
nen nun die Bänder und Wülste üppig zu wuchern.
Kein Zufall, daß Muhr diese Farm „Vegetative
Architektur ll" nannte. Der Künstler sagt zu diesem
Thema: „Das Wachsen in der Natur ist für mich in
gewissem Sinne Architektur. Die Natur hat für das
Wachsen und Werden eigene, zum Teil allgemein
gültige Gesetze. lm Nachspüren dieser elementaren
Vorgänge und im schöpferischen Finden eigener
Naturformen sehe ich für mich schöpferische Auf-
gaben."
Eine außerordentliche technische Leistung ist Muhr
mit der Brennung der großen Stücke gelungen,
wobei er gleich im ersten Brenngang, auf Grund
eingehender Berechnungen - nicht umsonst hat er
sich auch mit Mathematik und Chemie beschäftigt -,
die Glasur mitgestaltete. Nebenbei müßte man
auch noch den skelettartigen Aufbau im Inneren
dieser keramischen Figuren erwähnen. Diese die
Wände tragenden Waben- oder Fachwerkkonstruk-
tionen haben solch starken eigenständigen Reiz, daß
Muhr wahrscheinlich einmal, in einer ganzen Serie
mehr den Innenraum erschließender Gefüge, diesen
Farmen nachgehen wird.
Vorerst wandte er sich aber mit einer großen, fast
drei Meter hohen Serpentinstele wieder klaren und
sehr einfachen Architekturelementen zu. lst der
1970 entstandene Stein, der in Wien vor einer Schule
zur Aufstellung kam, am ehesten mit der ersten
keramischen Graßplastik des Künstlers zu verglei-
chen, nur daß dieser Monolith noch strenger, ein-
facher ist, so ist iene Skulptur, die zwei Jahre darauf
im Steinbruch Krastal entstand und die volle drei
Meter hoch ist, als eine Dreiergruppe zu sehen. Die
hochaufgerichteten Gestalten, lang, gestreckt,
werden von einem dreigeteilten Haupt gekrönt.
Man könnte darin auch, bei aller Gleichförmigkeit,
einen Hinweis auf die Eigenständigkeit iedes dieser
„Köpfe" sehen. Wenn also auch der Leib zu einem
leicht strukturiertem Ganzen zusammengeschlossen
ist, ieder Kopf wird ein einzelner bleiben. Auch hier
ein Bekenntnis zum Menschentum.
i Von dieser Formfindung ausgehend, entsteht nun
eine ganze Reihe von Gruppierungen, zu fünft
[einer geballten Faust nicht unähnlich) und zu dritt
gebündelt, werden kleinere Steine auf diese Weise
gestaltet. Zu beachten wäre dabei, daß allen diesen
in Tauernserpentin gearbeiteten Skulpturen eine
. Signalhaftigkeit eigen ist. Sa ist das „Signum
urbanum V" ein trotzig zum Himmel gerichtetes
Zeichen in der Landschaft,
Eine sehr erfreuliche Erscheinung ist auch, daß der
Künstler seine Steine immer in einem sehr sauber
gearbeiteten, dem Serpentin entsprechenden
polierten Zustand aus seiner Werkstätte entläßt.
Alois Vogel