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Gläser aus der islamischen Blütezeit
des 8.-14.Jahrhunderts
Die hohe Blüte der Glaserzeugung, wie man sie aus
der Zeit der griechisch-römischen Herrschaft konnte,
wurde durch die Eroberungen des Islam keines-
wegs unterbrochen. lm Gegenteil. In Ägypten
wurde nach dem Fall des festen Babylon (um 642 n.
Chr.) in Fustcit' eine Glashütte gegründet, die bis
zum 14. Jahrhundert tätig war. Daneben bestanden
seit alters Fabrikationsstätten in Alexandria,
Medinat-al-Faiium, Eschmunein (Hermopolis) und
Scheich Abada (bei Antinoä]. Ähnlich verhielt es
sich in den anderen Gebieten. Syrisches Glas wurde
unter der Herrschaft des Islams weithin gehandelt.
Hebron, Aleppa, Damaskus, Antiochien, Tyrus und
Akka beherbergten blühende Industrien. Ihre Ex-
porte reichten bis in die Rheingegenden. In Basra
hat nachweisbar im 9.-10. Jahrhundert ein Zentrum
bestanden. In Iran ragten Hamadan und Reji (bei
Teheran) hervorf. ln neuerer Zeit hat man beson-
ders schöne Stücke in Gurgan und Nischapur
gefunden.
Die Aufzählung ist nicht vollständig. Man ersieht
aber daraus, daß die Erzeugung dort blühte, wo
Kultur allgemein gepflegt wurde, d. i. in den
Städten. Zum Schutz der Sicherheit bestand der
Islam darauf, daß die Industrie sich in einer Ent-
fernung vom Stadtzentrum ansiedelte. Das engere
Stadtgebiet blieb dem Handel und Wandel
vorbehalten.
Das Interesse, das der Islam am Glas wahrnahm,
hängt innig mit dem allgemeinen Streben nach
Kulturschaffen zusammen. Die neue Religion ver-
band sich mit einer Weltanschauung, die die
Bemühungen der voraufgegangenen Völker durch-
aus anerkannte. Dazu kam der iugendliche Eifer, ia
die Begierde, aufzunehmen, zu lernen und das
Erworbene womöglich nach eigenen Ideen ver-
bessert weiterzugeben. Glas gehörte zu den
wichtigsten und am meisten verbreiteten Kultur-
gütern.
Es wurde zu allen möglichen Zwecken verwendet.
Gläserne Ampelkorper für Moscheeleuchten wurden
mit besonderer Kunst ausgeschmückt. Damit folgte
man einem Hinweis aus dem alles bestimmenden
Koran und sicherte sich die Gunst der Religion.
Denn in der Sure „das Licht" wurde Allahs Licht mit
einer Leuchte verglichen, die in einer Nische steht
und von glitzerndem Glase umgeben ist (Kor.
XXIV, 35]. Wenn man den Berichten trauen darf,
gab es in der großen Moschee von Cardoba 7000
Ampeln, die von 200 Leuchtern herabhingeni).
Daneben brauchte man Glas für profane Zwecke.
Blumen wurden wie heute in gläserne Vasen
gesteckt. Die Chemiker brauchten für ihre Experi-
mente Röhrchen und Kolben aller Art. Man erzeugte
Duftstoffe und konnte sich hiebei auf die Vorliebe
des Propheten für Wohlgerüche berufen. Die
Industrie stellte Fläschchen, Balsamarien und
sonstige Duftgeföße in allen möglichen Formen,
Gestalten und Größen her. Im Preis für die
Parfüms waren Glcisgefäße als Verpackung
inbegriffen. Die Bauindustrie brauchte Glas für
Fenster und ebenso gläserne Würfel zur Bildung
von Mosaiken. Auch Eßschalen und Trinkgefüße
machte man aus Glas. Die Fotimiden hatten unter
ihren Schätzen eine riesige Sammlung wertvoller
Gläser. Bei der Plünderung ihres Palastes im Jahre
1062 durch türkische Söldner wurden, wie der
Historiker Maqrizi (t 1442i berichtet, zahlreiche,
mit Goldauflagen bedeckte Obiekte, ferner
geschliffene Kristalle und Emailglüser verschleuderti
AI Ghüzuli(t1412) pries die besonderen Eigen-
schaften des Glases: „Der Trunk daraus mundet
besser als aus dem Edelstein, das Gesicht des
Freundes verliert sich nicht darin und die Hand
trägt es leicht... Die Töpfe aus Glas strömen mehr
Wohlgeruch aus als die steinernen Töpfe, sie rosten
nicht, nössen nicht und werden nicht von Schmutz
durchzogen. Wenn sie schmutzig sind, reinigt
Wasser allein, wann und sooft immer das Glas im
Wasser gewaschen wird. Wenn man aber daraus
trinket, sa trinket man mit dem Wasser daraus auch
Licht und Glanzs . . ."
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1 Badenstück einer Schale, d : 7,8 cm. Glas grür
in die Form geblasen: Rosette. Ägyptisch, B.-
hundert (Irin-Nr. GI. 21151113)
2 Fragmentiertes Schälchen, h : 2 Cm, d e s r
elblich. Dekor; gepreßle Pirnktroseiten. Ägypti:
. Jahrhundert (lnv.-Nr. GI. 285105)
3 Fragmente von Gefäßwandungen, d : 6, 5,7r
5,5 cm. Glas farblos bis gelblich. Dekor: hei
tragene, korizentrische Fäden in wein, die zu
Rosettchen zusammengezogen und eingedrückt
bläulich-grüner Tupfen im Zentrum. Ägyptisc
Jahrhundert (lnv.-Nr. GI. 2851160-63)
4 Fragmentierter Becher, h : 5,8 cm, d :
Dekor: heiß aufgelegte Fäden und Nupperi.
ägyptisch, 10.-12. Jahrhundert (Inv.-Nr. o1. 2851
5 Rosenölflasche, h : 21 (m. Glas gelblich-g}
und Gefüßkörper an der Schulter aus zwei e
schmolzen. Dekor; netzartig aufgelegte Faden.
Gurgeln llran). 9.-10. Jahrhundert (IHVRNIF. t
6 Weinflasche, h : 16 cm. Glas farblos. De
schnittene Facetten, Bänderungen und Zickzac
ort Gurgan, 10. Jahrhundert llnv.-Nr. GI. 3244)
7 Henkelflasche (Henkel iehlti, h : is cm. Glas
Dekor: geschnittene Facetten iind Bogen.
Nischapur. 9.710. Jahrhundert (Inv.-Nr. GI. 3243
8 Flasche, h : 13,5 cm. Glas bläulich-grün. Get
Facetten Und Bönderungeri. Fundort Gurgan
Jahrhundert (lnv.-Nr. GI. 3204)
9 Moschee-Ampel, h z 31,5 cm, d : 23 und 12 cn
Emciilpasten über vergoldetem Grund. Zeit de:
Az-Zähir Abu Sofid Bclrqüq [1382-1399 n. Chr.)
GI. 30340)
Widmung Clarice de Rothschild im Andei
Alphonse de Rothschild.
10 Moscheeampel, h : 2B cm, d I 21 und
Emaildekor Schrift, Rankeri__ und verflochtei
Motive. Grund vergoldet. Agypten, 14. Jat
(Ihm-Nr. o1. 3035)
Widmung Clarice de Rothschild im Andei
Alphanse de Rothschild.
Soirtiltche angeführten Obiekte im Besitz de
reichischen Museums fiir angewandte Kunst
Anmerkungen
' Lateinisch tossotd, heute ein Teil voii All-Kairo.
'Näheies über die Produktionsstätten bei Car
Larrirri, Milleltllierliilte Gläser und Steinschnitt
GUS dem Nahen Osten, Eid. i, serlin 1930, s. 141
ßvergleiehe die Schilderungen 138i Ahmed al-
tt 1632), Nath at b, der politischen Geschic
al-Aridalus, ltl, 2 [in Englische ubersetzt von de er
London 18.10).
tDozu die Studie von P. Kahle, Die Schatze der
den, in: Zeitschrift der deutsch-margcrilandischen
schalt (z. d. M. o) N. F., Ed. 14, Leip_zig 1935, s
tDie Stelle hat Muhorrimcd fAbd at-(Aziz Marzüq,
sche Kunst (iri arabischer Sprache), s. 131, rri
'Die Namen hat der verstorbene L. A. Maver ii
Exploration Journal, vol. 4, 1954, Nr. 3e4, S.
veröffentlicht.
lVergletche dazu die Untersuchungen von (Abd
ad-Dawariii im 1. Heft der Schriften der philoso
Fakultot, Bagdad 1959.
"Eine Sammlung von Dokumenten aus der Mam
hatfAbd al-Latif lbrahim in den Schriften der ph
scheri Fdkiiltäi der Universität Kairo, Bd. 18,
1959, veröffentlicht.
'Vgl. Marzüq, a o. o , s 162.
i" Aus zerstoflenerri Rubin, Smaragd und Perlmutter
im 19. Jahrhundert die Ornamente des Pfaue
ausgelegt
"Eines der berühmtesten serdße ist das „Gl
EderiI-ioii", ein goldemaillierter Becher aus dem '
hundert, abgebildet bei Carl Johan Lamm, Mit
Glaser ll, Taf. 127, 2, dazu Text 8d. l, S. 329.
"Vergleiche dazu die Abbildungen im Katalog "W
ren und moderne Kunst", München 1972.