Anläßlich des 250. Geburtstages des Malers Franz Anton Maulbertseh { 1724-1796) finden an drei verschiedenen Orten - Piaristenklaster, Wien, Schlaß
Heiligenlrreuz-Gutenbrunn, Niederösterreich, und Schluß Halbturn, Burgenland - Ausstellungen statt, die Versuche sind, das Werk des bedeutenden öster-
reichischen Künstlers erstmals umfassend darzustellen. Franz Antan Maulhertsch schuf seine Malereien in jener Zeitspanne, in der in den habsburgischen Ländern
eine Frau, die Kaiserin Maria Theresia, herrschte und in der sich auch in Osterreich der Stil des Rakokn ausbreitete. Man kann Franz Anton Maulbertsch auch als
den größten Künstler des Rokako in Österreich bezeichnen.
Während an den mit Frankreich alliierten Höfen
die Lebens- und Kunstformen des Rokoko schon
frühzeitig Eingang fanden, war unter der Regie-
rung Karls Vl. alles französische Wesen vom
Wiener Hofe verbannt. Bis zu seinem Tode im
Jahre 1740 bestimmte die barocke, absolutistische
Grundhaltung alle macht- und staatspolitischen
Entscheidungen, waren allein die Lebensformen
eines an spanischer Würde und Strenge ausge-
richteten Zeremoniell: gültig. Selbst Prinz Eugen,
der „heimliche Kaiser", der auf den Gebieten
der Künste und Wissenschaften dem französi-
schen Geistesleben offen gegenüberstand, unter-
stützte diese Abneigung aus machtpolitischen Er-
wägungen heraus.
Im Gegensatz und Widerspruch zu dem männ-
lich-heroischen Barockzeitalter bevorzugte das
Rokoko alles, was aus der Sphäre des Weib-
lichen stammte. Die Entscheidungen fielen nicht
mehr allein in Männerkollegien und Staatssälen,
sondern in der intimen Atmosphäre der Salons,
in den „petit maisans" sentimentalisch angeleg-
ter Gärten. Und nur zu oft war es ein illegitimes
„Weiberregiment", das den Lauf der Dinge mit-
bestimmte. Die Salons der adeligen Damen waren
geistige Zentren, von denen die sanfte Revolu-
tion der Rokokazeit ausging. Ihre Atmosphäre
von raffinierter Sensibilität und exaltierter Sen-
timentalität, von Zärtlichkeit und Frivolität faszi-
nierte Herrscher und Staatsmänner und zwang
die Kavaliere und Abbes, die Literaten, Wis-
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senschaftler und Künstler in ihren Bann. Dieses
Publikum erfüllte die Salons mit dem Spiel über-
raschender und ergötzlicher Einfälle des Verstan-
des, mit den Spitzfindigkeiten des „Witzes", mit
dem attischen Salze der Vernunft, mit der
Skepsis der „Philosophen" und Selbstsicherheit
der „Aufklärer", die leidenschaftlich das Natur-
recht, Humanität und Toleranz verkündeten und
mit den neuen Forschungsergebnissen der Natur-
wissenschaften bewiesen.
Am habsburgischen Hofe in Wien jedoch sollte
der Anstoß zu einer Umwälzung nicht von
außen kommen, sondern aus dem Schaße der
kaiserlichen Familie selbst, aus Schicksalsbedin-
gungen, die sich als eine stärkere Realität erwie-
sen als alle traditionellen und dynastischen Vor-
urteile. Am 12. Februar 1736 wurde die älteste
Tochter Kaiser Karls Vl., Maria Theresia, die im
Falle keiner männlichen Nachkommenschaft
durch die habsburgische Erbfolgeordnung vom
Jahre 1714 zur Nachfolge auf den Thron be-
rechtigt war, mit Franz Stephan von Lothringen
vermählt. Maria Theresia durfte bei der Wahl
ihres Gatten allein ihrem Herzen folgen. Dieser
Entschluß der Erbin des mächtigen Habsburger-
reiches, den Prinz Eugen im Sinne der Staats-
räson als unklug bezeichnete, diese Wahl eines
machtpolitisch unbedeutenden Fürsten zum
Schwiegersohn, noch dazu in einer Situation, in
der jeder Machtzuwachs dringend notwendig ge-
wesen wäre, diese Respektierung weiblicher und
persönlicher Gefühle waren eine Preisgabe aller
bisher geübten Praktiken habsburgischer Haus-
und Heiratspolitik. Der traditionsbeladene und
konservativste Hof Europas kapitulierte vor dem
Herzen einer neunzehnjährigen Erzherzogin, die
mit Hilfe ihrer weiblichen Umgebung den zö-
gernden Kaiser schließlich bewogen hatte, ihrer
Heirat, dieser ngrand affaire" der europäischen
Staatskanzleien, mit Franz Stephan von Lothrin-
gen zuzustimmen.
Die Reaktion des Hofes und der Wiener auf
dieses Ereignis war zwiespältig. Der Herzensent-
schluß der jungen Erzherzogin rührte zwar ihr
Mitgefühl, die Gattenwahl jedoch betrachteten
sie nüchtern, voller Mißtrauen gegenüber dem
machtlosen Lothringer. Als dann noch anstelle
eines den Fortbestand des neuen Hauses sidtern-
den Sohnes immer wieder Mädchen geboren
wurden, verstärkte sich der Unmut, so daß der
Kaiser selbst überzeugt war, daß die Vorsehung
das Haus Habsburg vernichten wolle. Die Stim-
mung verschärfte sich, als nach dem Tode
Karls VI. am 20. Oktober 1740 Maria Theresia
den Thron bestieg und ihr das Erbe von allen
Seiten, insbesondere von Friedrich ll., dem jun-
gen Preußenkönig, streitig gemacht wurde. Erst
die Geburt des vierten Kindes, des Sohnes
Joseph, im Jahre 1741 ließ die Zukunft des
Hauses Habsburg-Lothringen wieder im hellen
Lichte erscheinen und sicherte der jungen Regen-
tin trotz militärischer Mißerfolge die Zuneigung