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Volltext: Alte und Moderne Kunst XIX (1974 / Heft 135)

A Künstlerprofile 
Oskar Zimmermann 
 
 
 
 
r 05km Zimmermann, Selbstporträt 
2 Theaterfiguren 
a Erdberger Mais, Wien 
4,5 Museumsbesucher 
z. Straßenszene in Lugano 
36 
 
Ein Künstler, als Bibliotheksangestellter und 
Restaurator im Museum für angewandte Kunst 
beschäftigt, zeichnet, während er die Aufsicht in 
einer Kunstblötterausstellung der Bibliothek führt, 
die Besucher dieser Ausstellung. (Siehe Abbildungen.) 
Dies ist eine typische Situation für die Arbeit des 
Zeichners Oskar Zimmermann: das schnelle, sichere 
Erfassen einer Begebenheit mit dem Zeichenstift, 
mit der Feder oder mit dem Filzstift. Eine andere 
Situation aus dem Schaffen dieses Künstlers; mit 
Block und Feder durchstreift Oskar Zimmermann 
die Stadtrandbereiche zwischen Lauer Berg und 
Simmeringer Heide und sucht sich dort seine 
Motive, niedrige Häuser, Brettlhütten, der Übergang 
zwischen Stadt und Land. Oskar Zimmermann 
vermeidet meist das allzu Aufwendige, Pathetische, 
aber er ist ein Künstler mit einem starken Realitäts- 
bezug, mit einer raschen und genauen Beobachtungs- 
gabe und mit einem schnellen, sicheren und 
zupackenden Zeichenstrich. 
Auch das Theater, die imaginäre Welt der Literatur 
und sogar der flimmernde Bildschirm des Fernseh- 
apparates sind für ihn zeichenbare Realität. Häufig 
macht er z. B. Zeichnungen für das Programmheft 
des Theaters in der Josefstadt, dabei werden seine 
Figuren und Szenen durch die Lektüre des Theater- 
stückes bestimmt. Überhaupt ist bei Oskar 
Zimmermann - wie bei vielen Zeichnern - die 
Beziehung zur Literatur sehr eng: gerne macht er 
auch - meist sehr frei behandelte - Illustrationen zu 
einem Roman oder zu einer Erzählung (wie z. B. 
Albert Carnus' „Pest" oder zu Joseph Roths 
„Rebellian"). Insgesamt lassen sich vom inhaltlichen 
her die Arbeiten von Oskar Zimmermann in 
folgende Hauptgruppen einteilen: 
a) Stadt-Zeichnungen (Veduten) - meist aus dem 
Stadtrandgebiet oder aus dem Übergangsbereich 
von Stadt zu Land, ferner Reiseskizzen; 
b) Studien von Personen, Typen, Charakteren - 
meist sind es zufällige, vorübergehende 
Begegnungen, z. B. auf Straßen, im Museum, in 
einem „Beisel", auf dem Markt; 
c) Zeichnungen nach theatralischen Vorwürfen, 
Figurinen; 
d) illustrierende Zeichnungen nach Prosatexten in 
freier Anlehnung an den literarischen Vorwurf; 
e] daneben gibt es dann noch Naturstudien, Porträts, 
einige Clbilder, Aquarelle u. a. 
Will man, über das Technische oder über das bloße 
Suiet hinausgehend, den künstlerischen Dimensionen 
der Zeichnungen von Oskar Zimmermann gerecht 
werden, so muß man davon ausgehen, daß der 
Linie - und iede Zeichnung ist ein auf einer Fläche 
(meist Papier] mittels einer Feder, eines Stiftes oder 
eines Pinsels angebrachtes lineares Gebilde - 
zwei wesentliche Fähigkeiten zukommen: einerseits 
stellt sie (meist als Umriß) etwas dar, andererseits 
ist sie (in ihrer Bewegung, Verdickung, Spannung) 
Träger eines Ausdruckes. Es ist nur die besondere 
Qualität der Zeichnung von Oskar Zimmermann, 
daß bei ihnen eine Einheit von Dargestelltem und 
Ausdrucksmäßigem gegeben ist. Eine genaue 
Beobachtungsgabe und eine geübte, aber doch 
sehr spontane und direkte zeichnerische Handschrift 
sichern diese Einheit. Und da gerade die Zeichnung 
(oft auch „Handzeichnung" genannt) stets einen 
graphalogischen Aspekt hat, schlägt sich in den 
Zeichnungen manches von dem Charakter und von 
der Persönlichkeit des Künstlers nieder: so seine 
Bescheidenheit, seine wache Intelligenz, seine 
herzliche innere Anteilnahme an allem ihn 
Umgebenden, seine Phantasie, ebenso wie sein 
Blick für die Realität. Widersprüchliches in der 
Person des Künstlers findet seinen Ausdruck in 
der inneren und äußeren Spannung seiner 
graphischen Blätter. 
Oskar Zimmermann: Geboren 1913 in Wien, 
besuchte die Kunstgewerbeschule und die Akademie 
der bildenden Künste in Wien; lebt seit Kriegsende 
als frei schaffender Künstler in Wien und ist seit 
1964 im Staatsdienst tätig. Er hat seit l953 seine 
Arbeiten in zahlreichen Ausstellungen in Wien, 
Venedig, Barcelona, Hamburg u. a. gezeigt. 
Dieter Schräge
	        
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