A Künstlerprofile
Oskar Zimmermann
r 05km Zimmermann, Selbstporträt
2 Theaterfiguren
a Erdberger Mais, Wien
4,5 Museumsbesucher
z. Straßenszene in Lugano
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Ein Künstler, als Bibliotheksangestellter und
Restaurator im Museum für angewandte Kunst
beschäftigt, zeichnet, während er die Aufsicht in
einer Kunstblötterausstellung der Bibliothek führt,
die Besucher dieser Ausstellung. (Siehe Abbildungen.)
Dies ist eine typische Situation für die Arbeit des
Zeichners Oskar Zimmermann: das schnelle, sichere
Erfassen einer Begebenheit mit dem Zeichenstift,
mit der Feder oder mit dem Filzstift. Eine andere
Situation aus dem Schaffen dieses Künstlers; mit
Block und Feder durchstreift Oskar Zimmermann
die Stadtrandbereiche zwischen Lauer Berg und
Simmeringer Heide und sucht sich dort seine
Motive, niedrige Häuser, Brettlhütten, der Übergang
zwischen Stadt und Land. Oskar Zimmermann
vermeidet meist das allzu Aufwendige, Pathetische,
aber er ist ein Künstler mit einem starken Realitäts-
bezug, mit einer raschen und genauen Beobachtungs-
gabe und mit einem schnellen, sicheren und
zupackenden Zeichenstrich.
Auch das Theater, die imaginäre Welt der Literatur
und sogar der flimmernde Bildschirm des Fernseh-
apparates sind für ihn zeichenbare Realität. Häufig
macht er z. B. Zeichnungen für das Programmheft
des Theaters in der Josefstadt, dabei werden seine
Figuren und Szenen durch die Lektüre des Theater-
stückes bestimmt. Überhaupt ist bei Oskar
Zimmermann - wie bei vielen Zeichnern - die
Beziehung zur Literatur sehr eng: gerne macht er
auch - meist sehr frei behandelte - Illustrationen zu
einem Roman oder zu einer Erzählung (wie z. B.
Albert Carnus' „Pest" oder zu Joseph Roths
„Rebellian"). Insgesamt lassen sich vom inhaltlichen
her die Arbeiten von Oskar Zimmermann in
folgende Hauptgruppen einteilen:
a) Stadt-Zeichnungen (Veduten) - meist aus dem
Stadtrandgebiet oder aus dem Übergangsbereich
von Stadt zu Land, ferner Reiseskizzen;
b) Studien von Personen, Typen, Charakteren -
meist sind es zufällige, vorübergehende
Begegnungen, z. B. auf Straßen, im Museum, in
einem „Beisel", auf dem Markt;
c) Zeichnungen nach theatralischen Vorwürfen,
Figurinen;
d) illustrierende Zeichnungen nach Prosatexten in
freier Anlehnung an den literarischen Vorwurf;
e] daneben gibt es dann noch Naturstudien, Porträts,
einige Clbilder, Aquarelle u. a.
Will man, über das Technische oder über das bloße
Suiet hinausgehend, den künstlerischen Dimensionen
der Zeichnungen von Oskar Zimmermann gerecht
werden, so muß man davon ausgehen, daß der
Linie - und iede Zeichnung ist ein auf einer Fläche
(meist Papier] mittels einer Feder, eines Stiftes oder
eines Pinsels angebrachtes lineares Gebilde -
zwei wesentliche Fähigkeiten zukommen: einerseits
stellt sie (meist als Umriß) etwas dar, andererseits
ist sie (in ihrer Bewegung, Verdickung, Spannung)
Träger eines Ausdruckes. Es ist nur die besondere
Qualität der Zeichnung von Oskar Zimmermann,
daß bei ihnen eine Einheit von Dargestelltem und
Ausdrucksmäßigem gegeben ist. Eine genaue
Beobachtungsgabe und eine geübte, aber doch
sehr spontane und direkte zeichnerische Handschrift
sichern diese Einheit. Und da gerade die Zeichnung
(oft auch „Handzeichnung" genannt) stets einen
graphalogischen Aspekt hat, schlägt sich in den
Zeichnungen manches von dem Charakter und von
der Persönlichkeit des Künstlers nieder: so seine
Bescheidenheit, seine wache Intelligenz, seine
herzliche innere Anteilnahme an allem ihn
Umgebenden, seine Phantasie, ebenso wie sein
Blick für die Realität. Widersprüchliches in der
Person des Künstlers findet seinen Ausdruck in
der inneren und äußeren Spannung seiner
graphischen Blätter.
Oskar Zimmermann: Geboren 1913 in Wien,
besuchte die Kunstgewerbeschule und die Akademie
der bildenden Künste in Wien; lebt seit Kriegsende
als frei schaffender Künstler in Wien und ist seit
1964 im Staatsdienst tätig. Er hat seit l953 seine
Arbeiten in zahlreichen Ausstellungen in Wien,
Venedig, Barcelona, Hamburg u. a. gezeigt.
Dieter Schräge