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Volltext: Alte und Moderne Kunst XX (1975 / Heft 141)

. Österreichisches Museum für angewandte Kunst 
 
„GoIdschätze der Thraker - 
Thrakische Kultur und Kunst 
auf bulgarischem Boden", 
Katalog, herausgegeben vom 
Bundesministerium für Wissenschaft 
und Forschung 
Neues Haus, Parterresäle, Ausstellungshalle 
Wien 1, Weiskirchnerstraße 3 
4. 3.-31. 5. 1975 (verlängert bis 29. 6. 1975) 
Diese Ausstellung, die aus den guten Beziehungen 
zwischen Österreich und Bulgarien auf kultureller 
Ebene resultiert, wurde vom Bundesministerium 
für Wissenschaft und Forschung veranstaltet. 
Frau Bundesministerin Dr. Hertha Firnberg würdigte 
die besondere Geste der Freundschaft und des 
Entgegenkommens aller bulgarischen Stellen, 
daß Österreich in einer illustren Reihe mit 
Frankreich und der Sowietunion als dritte Station 
Schauplatz dieser Schätze aus den bulgarischen 
Museen sein durfte. So lief auch das gesamte 
Unternehmen unter den gleichen Voraussetzungen, 
gewissermaßen in den gleichen Fußstapfen des 
China-Spektakulums ab. Nur, der Pegel der 
Erwartung hinsichtlich Besucherzuspruchs war nach 
diesem unweigerlich zu hoch eingerastet geblieben, 
was weder gegen die „Galdschätze" nach das 
Publikum sprach. 
Wenn man ie einmal durch die bulgarischen Land- 
schaften gekommen ist, hat man ihnen sicher kaum 
iene Beachtung geschenkt, die sie nun angesichts 
der Ausstellung plötzlich bekamen. Gemeint sind 
die sowohl in den Tälern wie auch den gebirgigen 
Landstrichen überall verstreuten HügeI- und 
Felsengräber der Thraker. Aus ihnen stammen die 
ausgestellten Zeugnisse dieses „versunkenen" 
Volkes. Denn die Thraker sind zwar im Homerischen 
Epos immer wieder Gegenstand der Beschreibung, 
die iunge Thrakologie aber beginnt erst, sich 
konkreter wissenschaftlich um deren Erforschung 
zu bemühen. Schriftliches wurde kaum überliefert, 
was eine ungemeine Erschwerung dieses Unter- 
nehmens bedeutet. 502 Exponate und 37 nach- 
getragene Obiekte bildeten den Ausstellungsfundus 
der „Goldschätze der Thraker", die nicht in allem 
nur glänzten, da als Werkstoffe auch Silber, 
Bronze, Kupfer und Mineralien, gebrannter Ton u. a. 
zu registrieren waren. Nichts spricht so sehr für die 
Präsentation dieser Ausstellung gerade im 
Österreichischen Museum wie die Tatsache, daß 
man bald nach der ersten raschen Erfassung des 
Wesens dieser Schau feststellt, man hat eigentlich 
vorwiegend Schöpfungen angewandter Kunst 
vor sich, bemerkt weder Werke der Malerei noch 
die der Skulptur im strengen Sinn. Die eigentliche 
Problematik beginnt aber damit, daß man 
angesichts der eindeutigen Provenienz mancher 
Exponate, die z. T. deutlich ins Griechische und 
Persische weist, die Frage stellt, wo die Eigen- 
ständigkeit einer „Thrakischen" Kunst erfaßbar 
sein kann. Doch darüber hat die Wissenschaft zu 
befinden. Simpel auf österreichische Verhältnisse 
übertragen, hieße das beispielsweise, Funde aus 
römischer Kolonisation oder Hereingetragenes an 
Schätzen und Gerät einwandfrei römischen 
Ursprungs, bei uns ausgegraben, als eigenständige 
Kunst zu deklarieren. So kann man auch mit Fug 
und Recht behaupten, hier wurde generell etwas 
unter den Begriff „Thrakische Kunst" gestellt, 
das sowohl hereingetragene Elemente ebenso wie 
aus fremden künstlerischen und sonstigen Einflüssen 
Assimiliertes, Nachgeohmtes und nachgeahmte 
Schöpfungen miteinschloß, alles aus dem Boden 
des auf dem heutigen Territorium Bulgariens 
befindlichen Thrakiens zutage gefördert. Das 
Publikum war so gut wie nicht von diesen Ein- 
schränkungen berührt und nahm die Ausstellung 
als doch faszinierendes Ereignis, also unvoreinge- 
nommen, auf. Man verfolgte mit echtem Interesse 
den did1ten Obiektekreis, der vom Neolithikum 
bis zur späten Bronzezeit, der frühen und mittleren 
Eisenzeit über den Verfall der Thrakischen Kultur 
bis zur Zeit der Römer reichte. Es war echt 
interessiertes Publikum, das um der Sache willen 
kam, und ienes Mehr euphorisch hereingedrängter, 
das die China-Schau übervölkerte, 
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vermißte wohl die lauthals mundpropagierte 
Sensation, was die nahezu 100.000 der Thraker-Schau 
aber auch echt zählen ließ. Was darüber hinaus 
für alle veranstaltenden und übergeordneten 
Stellen, die kunstpolitische Initiativen zu setzen 
haben, Grund sein kann, künftige Ausstellungs- 
vorhaben stets stärker aus der Sicht des Publikums 
heraus zu erwägen, um eine realistisch-breiten- 
wirksame Konfrontierung von Kunst und Publikum 
mit optimalen Wertkriterien zu erreichen. 
„Kontraste" - Ausgewählte Werke 
des Rank Xerox Austria-Zeichenwettbewerbes 75 
Altes Haus, Saal I, 
Wien I, Stubenring 5, 15. 5.-11. 6. 1975 
In schroffem Kontrast zu den wirtschaftlichen 
Grundprinzipien und Aspekten seiner Unter- 
nehmensbereiche stand der für alle in Österreich 
lebende Künstler ausgeschriebene Zeichenwett- 
bewerb 75 der Rank Xerox Austria Gesellschaft 
m. b. H. Was veranlaßt einen multinationalen 
Konzern, der mittels der Xerographie i: optimal 
ausgereifte und angewandte Kopier- und 
Druckverfahren) marktbeherrschend eine gravie- 
rende Rolle in der Zukunft der Computer- und 
Telewelten spielen wird, den Künstler zur „alther- 
gebrachten" Form der „Handzeichnung" zurück- 
zurufen? Ist es das Bewußtsein, mit der massiv- 
kommerziellen Überwucherung und total utilitari- 
stischen Anwendung seiner immer perfekter 
werdenden Verfahrens- und lnstrumentenhydra 
innerhalb der Gesellschaft die Kunst allmählich an 
die Wand zu drücken? Somit ein Rückrufen zur 
Verantwortung, die immerwährende Relevanz 
künstlerischer Bestrebungen mittragen zu helfen 
und hochzuhalten? Eigenwerbliche Aspekte sind 
als natürlich anzumerken. Dieser wie ieder andere 
sonst auch kunstfördernde Schritt, den ein Unter- 
nehmen setzt, Iäßt hoffen, daß man im weiteren 
Kreis solche kunsttragende Initiativen setzt, denn 
wie selten zuvor verschwimmen heute Kunst und 
über die Werbung infiltrierte sekundäre 
Gebrauchskunst im Alltag zu einer neuen Subkunst. 
Eine Selektion von ca. 70 Zeichnungen, die als 
besonders interessant galten, bilden Ergebnis 
und Korpus dar Wanderausstellung dieses Wett- 
bewerbes. Hier die Frage, ob man nicht rigoros 
den Künstlern nur die Feder oder den Bleistift 
in die Hand hätte drücken sollen, um die echte 
Künstlerschaft einer Urdisziplln, ein reines Ergebnis 
im Sinne der oben erwähnten „Handzeichnung" 
im klassischen Sinn zu bekommen. Damit 
dem Motto „nuIIa dies sine linea", einer Maxime 
des Plinius, das W. Hofrat Prof. Dr. Wilhelm Mrazek, 
der Direktor des Österreichischen Museums, 
einleitend voranstellte, entsprechend. Einige 
penetrant modisch-illustrative „KoIar-aturen" 
wären dann sicher im Jury-Korb hängengeblieben. 
Wie denn überhaupt ein Grundsätzliches zur 
Jurierung zu sagen sein sollte, wenn man bedenkt, 
daß man ia innerhalb seiner großen landeseigenen 
Familie agierte und mancher Künstler, bekannt- 
bei aller vorhandenen Qualität -, sicher und 
sachte automatisch in Richtung Preisträger zog. 
Eine internationale Jury, hätte sie ein anderes 
Ergebnis ebracht, hätte sie dem Status wünschens- 
werter „Neutralität" entsprochen? 
Zu den Fakten: 478 Künstler, in Usterrelch lebend, 
beteiligten sich mit über 2000 Zeichnungen an 
diesem Rank Xerox Austria-Wettbewerb. 
Hauptpreise: Branko Andric, Hans Werner Jascho, 
Ernst Skricka, acht Anerkennungspreise. Mit ca. 
70 Werken bestreitet man das Ergebnis dieses 
Wettbewerbes in einer Wanderausstellung durch 
sechs Landeshauptstädte. Pauschal gesehen, steht 
man vor Schöpfungen, die die bekannten Spielarten 
und Tendenzen der aktuellen österreichischen 
Kunstszene aufweisen. Keine speziell neukreativen 
Fanfarenstöße, die die Kunstöffentlichkeit 
aufschreckten. Neben technisch bravourösem 
Virtuosengestrichel hielt sich altmeisterlich 
Geschummertes, manieristisch Routiniertes, wie 
längst bekannt abgewandelte Masche, dem mit 
editer zeichnerischer Verve und individualistischer 
Pranke Hingehautem die Waage. Einige wenige 
auf „eigenen" Pfaden Vorausstehende verdienen 
Beachtung, wie iene, die echt zeichneten, und wie 
iene nicht, die verzärtelt-verbrämte kleinkarierte 
modische Illustration kritzelten. Was hier indes 
möglicherweise hart und abfällig klingen mag, 
ist Resümee nach einem aus großer Höhe 
gemachten Überblick auf dieses erstaunlich breite 
zeichnerische Wettbewerbs-Konglomerat. 
Das Österreichische Museum für Kunst und Industrie 
und seine Kunstgewerbeschule sahen von ihrer 
Gründung an die Bedeutung des Zeichnens als 
unerläßliche Vorstufe und Pflichtübung, ein Bewei 
für die Weiterführung dessen, daß das Uster- 
reichische Museum, einem echten Impuls folgend, 
dem fortschrittlichen Unternehmen Rank Xerox 
Austria Tür und Tor öffnete, um der Uralttradition 
wie der Zeichnung im Museum Raum zu geben 
und als Ausgangsstotion naturalienleistend zu 
fungieren. 
Diese Aktion der Rank Xerox Austria in Sachen 
echter Kunstförderung, die einen beträchtlichen 
organisatorischen und finanziellen Aufwand mit 
sich brachte, kann beispielgebend wirken und ha 
eine Möglichkeit aufgezeigt, der etwas verblaßten 
künstlerischen Grunddisziplin der Zeichnung neue, 
stärkere Konturen zu verleihen. Die Presse trug 
so gut wie nichts dazu bei, dieses so dankens- 
werte Vorhaben unter das Volk zu bringen. 
Modeschau der Meisterklasse für Mode 
o. Prof. Fred Adlmüller 
z. T. mit Stoffen der Meisterklasse 
für dekoratives Gestalten und Textil 
Prof. Margarethe Rader-Soulek 
Hochschule für angewandte Kunst 
Altes Haus, Säulenhaf, Wien 1, Stubenring 5 
5. 6. 1975, 19 Uhr 
Ein gänzlich ungewöhnlicher Museumsvarmittog. 
Grelles Scheinwerferlicht zuckt in die Tiefe der 
Arkaden, erregende, elektronisch aufgeheizte 
Rhythmen, fast die Atmosphäre eines römischen 
Palazzo der Haute Couture. Generalprobe zu 
einer Modeschau der Hochschule für angewandtt 
Kunst. Der prächtige Säulenhaf stellt einmal mehr 
seine absolute Vielseitigkeit als Veranstaltungsort 
unter Beweis. Aus den entferntesten Ecken des 
Hauses kommt die Damenwelt des Museums, 
um das Vergnügen dieser Modeschau auszukosten, 
natürlich auch die Herren. Erstes Eintrippeln der 
Mannequins. Wesen, deren Leben in vollendeter 
und bezwingender Bewegungsglarie inkarniert, 
die das beherrschende Phänomen eines erst iungen 
Berufsstandes in alle Welt tragen. Jeder Auftritt 
eine Orgie sich anpreisender rhythmischer Gestik, 
sensibel-lasziv, das vollendet Gekonnte der Pose 
routiniert ausübend, weil angeboren. Welche Macht 
üben doch diese meist sylphidenartigen Wesen 
mit den auf den (meist mageren) Leib 
geschneiderten Kreationen aus, mit ihren „ldeol"- 
Figuren, wenn sie der Damenwelt Modeillusionen 
vorgaukeln. Auch hier im Säulenhaf anstatt 
Studentinnen echte Mannequins, sie führen Kreotio 
nen vor, die oft vorn großen Modezaren selber au 
seinem Kärntner-Straßen-Palais direkt kommen 
könnten, und das ist eigentlich ein wenig schade, 
Gewiß, was da in Minuten wechselnd, general- 
probend, vor einem Jeans-Publikum abrollt, ist 
noch von Schülern, auch die Dekore zum Großteil, 
aber oft nicht schon um einen Grad zu perfekt? 
Das SchuIisch-Experimentelle, das Jugendlich- 
Unbekümmerte, die noch ein bißchen Papier 
gebliebene Kreation, wie sie bei den Hetzen- 
dorferinnen „Made" ist, wird vermißt. Das soll 
nicht heißen, man wäre mit manchem der Modelle 
nicht einverstanden gewesen. Längst haben die 
europäischen Mini-Rock-Heere unter Mary Quants 
Flagge die Segel gestrichen, und um mehr oder 
weniger wohlgeformte Frauenbeine flattert es 
halblang, wadenschmeichelnd, lrauliche Eleganz 
markierend. Das ist auch längst hier auf der 
Modenschou zu sehen. Da sind das zeitlos noble, 
iederzeit „draußen" tragbare Abendmodell, 
wie in vielen Varianten das Trotteur-Ensemble 
im Uni-Look, das wollende große Organdy- 
und sonstige Ensembles mit duftigen Schleiern,
	        
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