Hermann Spies, der es, wir wissen nicht wie,
kennenlernte und es auch erwähnte, freilich
wenig ausführlich und nur in größeren Zusam-
menhängen". Ob und was damals mit ihm ge-
schah, erfahren wir nicht. Der unerfreuliche Zu-
stand des Instrumentes hat Spies wohl zurück-
schrecken lassen; hinzu kam die Tatsache der
Deponierung im (von Spies so bezeichneten)
„Museum in St. Peter". Dieser - für den Nicht-
einheimischen mißverständlichen - Fundortan-
gabe dürfte es auch zuzuschreiben sein, daß
wenig später gute Kenner der Salzburger Ver-
hältnisse, wie Constantin Schneider, Karl Gei-
ringer und in iüngster Zeit Walter Senn, an
dem „seltenen Stück" vorübergegangen sind,
obwohl letzterer es (Spies zitierend) erwähnte".
So konnte es geschehen, daß das Instrument
erst bei den mit größter Sorgfalt durchgeführ-
ten vorbereitenden Arbeiten für das Dommuseum
und die Wiedererrichtung der „Kunst- und Wun-
derkammer" im Herbst 1972 zum Vorschein kam.
Nach dem Öffnen des völlig verstaubten Dek-
kels wurde mit der Signierung und dem umlau-
fenden Text des 150. Psalms in Gold auf schwar-
zem Grund die übermalte Inschrift vor der Jah-
reszahl auf der Deckleisle des Spinetts sichtbar:
„SIC TRANSIT GLORIA MUNDI""'.
Gegenüber dem auf der Innenseite des Vorsatz-
brettes sich selbst nennenden Erbauer des Salz-
burger Claviarganums „Jos. Pack" erhebt sich -
in Salzburg - zunächst die Frage nach einer
möglichen Verwandtschaft mit dem bekannten
damaligen Salzburger Hoforganisten Kaspor
Bockh, der hier auch als Orgelbauer, zumindest
als Orgelrestaurator, tätig war. Identisch sind
„Joseph (sic) Bock" und „Kaspar Bockh", wie
man noch Constanlin Schneider annehmen möch-
te", sicher nicht gewesen. Aber auch eine nä-
here verwandtschaftliche Beziehung scheint zwi-
schen dem vermutlich aus Bayern (Passau?) stam-
menden Salzburger Hoforganisten Kaspar Bockh
und dem „Orglmacher zu lnsprug" Jos. Pock
nicht bestanden zu haben. Allerdings erschwert
die variable Namensschreibung in beiden Fällen
alle genealogischen Nachforschungen. Hält man
sich bei dem Erbauer des Salzburger Clavior-
ganums an Salzburger Belege, so findet man als
Signierung im Instrument selbst die Angabe
16
„Jos. Pock", während die Namensschreibung im
Taufbuch des Salzburger Dompfarramtes (an-
läßlich der Taufe eines Kindes am 3. April 1593)
„Josua Bockh" lautet". Wir halten uns im fol-
genden an die Schreibweise der Signierung und
lesen den hier abgekürzten Vornamen nach dem
Taufeintrag: J o s u a P o c k.
Das Geburtsjahr von Josua Pock kann nur ge-
schützt werden. Da er in den Jahren 1578-1582
als Geselle des Innsbrucker Orgelbauers und
Organisten Servatius Rorif (1- 1593) nachgewie-
sen ist und sich dann, nach einem Zerwürfnis mit
Rorif, nicht gleich selbständig machte, sondern
beim Tischlermeister Michael Ziegler weiterar-
beitete, dürfte Pock zwischen 1550 und 1560 ge-
boren sein. Das Jahr 1582 brachte - neben dem
offenbar sehr unerfreulich verlaufenen und an-
haltenden Streit mit Servatius Rorif - für Josua
Pack auch die Verleihung eines Wappenbriefes
mit Lehensartikel. Am 29. Juli 1585 erhielt er
dann von Erzherzog Ferdinand II. von Tirol den
Freibrief als „OrgeI- und Instrumentenmacher""
mit der Genehmigung und Verpflichtung, „daß
er sich mit Weib und Kind alhir in unserer Statt
YnsPrugg haußhältlich niederlassen, auch wah-
nen, und seine erlernete Handwerkh und Khünste
des Orgl und Instrumentenmachens, wie auch
zuegleich des schreiner und Dischlerhandwerkhs
erbar auch aufrecht treiben" möge, daß er aber
auch selbst Gesellen beschäftigen und versorgen
müsse. Vorangegongen waren diesem volle mei-
sterliche Selbständigkeit gewährenden Freibrief
sehr bemerkenswerte Dienstleistungen für seinen
Innsbrucker Landesherrn. 1584 hatte Josua Pock
ein Instrument, „so der zue Brichsen gemacht"",
wieder hergerichtet. Dabei handelte es sich
vielleicht um ein 1580 von Casletanus an Erz-
herzog Ferdinand geliefertes Instrument, das als
Kombination eines zweimanualigen Cembolas
mit einem Regal (und Positiv?), alsa als ein Cla-
viorganum, beschrieben wird. Und im selben
Jahr (1584) hatte Josua Pock selbst dem Erz-
herzog einen Schreibtisch mit einer eingebauten
Orgel (also wohl mit einem kleinen Positiv,
vielleicht auch mit Regalstimme) geliefert und
dafür 400 Gulden erhalten". Spätestens seit die-
sem Jahr also beschäftigte sich Josua Pock mit
den Problemen einer Kombination sowohl von
Saitenklavier und Orgel als auch von Ti
instrument und Wohnmöbel. Reizvoll dürft
beides erschienen sein; als besonders re
empfand er dabei vermutlich den Uberrascf
effekt, der beiden Kombinationen zugrunde
Seine Fähigkeiten als Schreiner, Tischler, (
und Instrumentenmacher kamen ihm bei sr
Überlegungen und Arbeiten sehr zugut-
verwundert es nicht, daß Pock nach bzw.
verschiedenen Orgelarbeiten (Neubau der
im Damenstift Hall i. Tirol, vollendet Fri
1588; Reparatur der großen Orgel der Sch
Pfarrkirche, 1588-1590; Reparatur der Ori_
der Innsbrucker Pfarrkirche, 1589-1591) v
ein Claviorganum begann, das er 1591
endete. Als er für ein anderes, vielleicht
ches Instrument, das er als Geschenk für H
Vincenzo I. Gonzaga von Mantua" ar
Innsbrucker Hof geliefert hatte, seiner Me
nach zuwenig Geld bekam, muß es zu Spc
gen zwischen Pack und dem Erzherzog g
men sein. Eine Nachforderung vom 23. J
1592 - mit der Bitte um eine „Ergötzlichk
scheint keine Reaktion oder nur einen al:
gigen Bescheid ausgelöst zu haben. Wahrs
Iich war dies für Josua Pock der Anlaß,
bruck zu verlassen und nach Salzburg zu g
wo Erzbischof Wolf Dietrich (Abb. 15) s
seine Hofmusik neu organisierte.
Vielleicht ist Josua Pock im Sag des 1589
Anfang 1590) von Innsbruck nach Salzburg
gewechselten Tiburtio Massaina an der
Wolf Dietrichs gezogen.
Tiburtio Massaina" (1 vor 1550 zu Cre
1' nach 1609 vermutlich in Lodi oder Piac
als Nachfolger von Mathias Schwertfürl
zweite Kapellmeister, den Erzbischof Wolf
rich in seine Dienste nahm, war bald nach
Ankunft in Salzburg von Innsbruck aus mit
Nachrede bedacht und „der Sodomitteri
zichtiget" worden. Ob nun aus Rache Odl
in der Absicht, die Salzburger Hofkapelle
und gut aufzubauen, Massaina hat ganz
sichtlich bei den Mitgliedern der Innsb
Hofkapelle Erzherzog Ferdinands massiv
werbungsversuche unternommen und ve
wie es in einem darob erbosten Brief aus
bruck am 24. Juni 1590 heißt, „uns fas
unsere Capellsinger aufwiglich und von Ul
Diensten abwendig zu machen, sonder
der Mainung, die in Euer Libden Diens
bewegen". Zweifellos hat Josua Pock von
Werbetätigkeit Kenntnis gehabt, und er is
leicht in sie hineingezogen und selbst angi
chen worden. Wie dem auch gewesen sein
1592 (vermutlich schon im Frühjahr) erschiei
in Salzburg. Hier durfte er sich für einen
mit seinen Fähigkeiten ein gutes Wirkun
erwarten. Und er kam nicht mit leeren H4
nach Salzburg. Vielleicht war es sogar d
strument, das er mitbrachte - [enes schc
wähnte, 1591 fertiggestellte Claviorganum
ihm den Weg nach Salzburg ebnete. Wirt
nicht, ob Josua Pock schon von Innsbrur
vorgefühlt hatte, ob bei dem weltlichen
liebenden Salzburger Erzbischof lnteres:
diesem besonderen Instrument bestand, da:
nun in Innsbruck nicht mehr an den
bringen konnte. Vielleicht hat Pock dama
glaubt, man müsse die „Widmung" an Erzh
Ferdinand - die in Gold vor die Jahresza
setzte kaiserliche Devise „Sic transit
mundi" (Vgl. Abb. 14) durch Übermalun
decken, verbergen. Jedenfalls kam diese
der Inschrift erst bei der Restaurierung v
deutlich zum Vorschein, während die ar
Teile (Signierung, Psalmtext) ihren alten
gen Goldglanz behalten hatten. Das in d