Ernst Zdrahal
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2Nahelschnura.TuschelFedarv a ErnstZdrahm
lllSpachlel, Fololronageu 4 "Die Nachbamu TuschefFeder.
e: Wachler TuschelFeder, AcryllSpachtel. v-Fotofmtlaga.
vllSpachlel. Fololronageu
Ängste und Sehnsüchte prägen den Menschen,
formen sein Leben und seine Psyche - verursa-
chen seine Hilflosigkeit und Ausgeliefertheit. In-
dem Ernst Zdrahal seine eigenen Ängste und
Sehnsüchte an die Oberfläche zerrt. sie ins Be-
wußtsein drängt, verleiht er ihnen Allgemeingül-
tigkeit. Wenn der Betrachter von Zdrahals Bildern
imstande ist. diese Ängste nachzuempfinden. sie
nachzuvollziehen. sind es nicht mehr esoterische
Probleme des Malers.
Zdrahals Figuren sind gesichtslose Gewandträger,
vereinsamt und isoliert; eingesperrt von Wänden.
eingezwängt und gefangen in Zellen: Wohnzellen.
Lebenszellen. Arbeitszellen. Freizeitzellen. Obwohl
die Kleiderbügel-Figuren scheinbar der Mittel-
punkt sind. sind sie eigentlich nur Staffage. völlig
überflüssig in ihren sterilen. antiseptischen
Kunststoffgefängnissen mit Kunststoffböden.
Spiegeln. Fliesen. Lack. Kunststoffwänden. Kunst-
stoffmöbeln. Da nützt kein Schreien. kein gegen
Wände und Türen trommeln. Die Zellen sind ab-
solut schalldicht. Wobei dies keinesfalls erforder-
lich wäre. lebt der Nachbar doch in einer eben-
solchen Zelle und versucht verzweifelt. sich be-
merkbar. auf sich aufmerksam zu machen.
Die "Selbstportraitsu von Ernst Zdrahal sind zu-
gleich Portraits des Betrachters: Da sitzt einer -
das heißt eigentlich liegt er mehr - in einem ge-
mütlichen Fauteuil. der eigentlich mehr ein Kran-
kenbett oder eine Bahre ist. gekippt wie beim
Zahnarzt. wie ein Käfer auf dem Rücken, ausgelie-
fert und wehrlos. unfähig. sich zu bewegen. und
betrachtet seine Beine. seine Schuhe. den ihn
umgebenden spitalartig verfliesten Raum. Der Be-
trachter ist am Geschehen beteiligt.
Wer aus seiner Zelle aussteigen will. muß ab-
springen. Einer wird den Sprung wagen, weil er
fliegen möchte. doch vielleicht wird er bloß des-
halb springen. weil er irrtümlich meint. fliegen zu
können.
Ernst Zdrahal hat das Handwerk des Lithographen
gelernt. vier Jahre lang; seinen Eltern zuliebe hat
er durchgehalten und die Lehre abgeschlossen,
um sodann den Schritt zum freischaffenden
Künstler zu wagen. Heute noch. 15 Jahre später.
wird Zdrahal im Schlaf von der Situation in seiner
ehemaligen Firma verfolgt. Indern Zdrahal die
Zwänge und Ängste des ungeliebten Berufs und
der verhaßten Arbeit beseitigt hat. sind neue hin-
zugekommen - denn die Angst hat viele Gesich-
ter. Die monatlichen Fixkosten - Miete. Gas.
Strom. Lebensmittel - nicht bezahlen zu können
ist eines davon. Auf der anderen Seite fürchtet
Ernst Zdrahal. nicht mehr kreativ zu sein. wenn
keine Reibungsfläche vorhanden ist. wenn alles
gesichert ist; denn Sicherheit ist statisch. gestat-
tet keine Veränderung - und das bedeutet den
künstlerischen Tod.
w-Die Existenz ist ein übergroßes, aufgeblasenes
Problem. über das ich wegkommen will. Die
Kunst. meine Arbeit stellt den Versuch dar. mich
selbst zu befreien. Malen. das ist Blindekuh-Spie-
len vor einem Abgrund."
Der Aussage seiner Bilder entsprechend, hat
Ernst Zdrahal eine eigene Technik gefunden und
weiterentwickelt: Nicht mit dem Pinsel. sondern
mit der Spachtel nzeichnet" er. Die Grundlage
dazu bildet in den meisten Fällen eine Tusche-
zeichnung. deren äußere Konturen mit einer
Spachtel "nnachgezogenu werden. In mehreren
Arbeitsgängen wird eine Acrylschicht über die
andere gelegt - jeweils mit der Spachtel "zeich-
nende. Die Zeichnung selbst bleibt in der Regel
weiß. Manchmal bedient sich Zdrahal Drucken
aus Zeitungen und Zeitschriften. die er mit Ter-
pentin auflöst und dann abreibt. so daß eine Art
Frottage entsteht. die in gewohnter Weise in die
wSpachtelzeichnung-t einbezogen wird.
Jede neue Arbeit stellt ein stets wiederkehrendes
Risiko dar. eine Herausforderung der Angst. ß-Ma-
len ist für mich ein Abenteuer. das einzige. das
ich habeß
Manfred Chobot
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