Notizen
Aachen - Neue Galerie
SammlunglLudwig
Mit dem Perser Parviz Tanavoli machte man hier Be-
kanntschaft aus einem Bereich. der wie Neuland auf
den Europäer wirkt. Die Neue Galerie präsentierte etwa
80 Bronzeskulpturen des Bildhauers, der behauptet.
der erste moderne Skulpteur seines Landes zu sein.
Der so weit geht. zu sagen, er sei völlig frei von allen
Einflüssen. und es scheint, daß er im Sinne europäischer
Kunstprinzlpien, westliche wollen wir sagen, Anschluß
gefunden hat. 1958 - 1959 war Tanavoli übrigens an
der Accademia di Belle Arti. BreralMaiIand. mit Marino
Marini in einem sicher nützlichen Kontakt. Seine Arbei-
ten, von immenser Variabilität und Aussagekraft, einer-
seits im stark Traditionellen seines Landes verwurzelt.
in eigener Materialsprache, figurativ. symbolhaft. Für
seine Entwicklung, er wurde 1937 geboren. künstlerisch
bestimmend der Aufbruch Persiens aus Armut zu Wohl-
stand und besserem Leben. So scheinen auch triviale
Begriffe wie Käfig, Wasserhahn oder Wasser verbunden
mit hohen und höchsten Begriffen wie Freiheit, Liebe,
dem Poeten. Parviz Tenavoli. ein Künstlerkosmopolit.
wird sicher den modernen europäischen Bildhauern
nicht unberechtigtes Interesse abgewinnen.
(21.1.- 25. 2.1975).
Der Sozialarbeiter Jacques Lennep stellte unter dem
Titel "Alfred Laoureux, Sammler" vom 28. 1.- 5. 3. 1978
hier aus. Lennap. aus reicher großbürgerlicher Familie.
machte sich selber ein Museum, sich zu dessen Direktor
und Fahnentrager. Er sammelt. Was? Einen Kasten
bildhauer, einen Fußballpromotor, einen Orchideenz' h-
ter und hier nun weinen Sammlen. Die gewisse Skurrili-
tät des Mannes ist herauslesbar aus 50.000 gesammelten
Objekten: u.a. 2.500 Repliken des Manneken-Pis. 25.000
Postkarten etc. etc. Solches und viel mehr lagert bereits
im Keller seines Hauses. apropos Museums. (Abb. 1)
Bonn - Rheinisches Landesmuseum
Bücherstube am Theater
-Breitner - ein niederländischer Maler der Jahrhundert-
wende". Flaneur mit Kamera und Pinsel. widerspruchs-
volle Figur der Jahrhundertwende im künstlerischen
Bereich der Niederlande. Vincent van Gogh zählte
er weinen Freunde. Piet Mondrian hielt viel von ihm.
hält Georg Hendrik Breitner sogar für einen der bedeu-
tendsten Künstler der internationalen Avantgerde, den
außerhalb der Niederlande aber kaum einer kennt.
Er erhielt hier eine Ausstellung. Nicht getrieben von
revolutionärem, reformierendem Impetus. fand Breitner
vor seinen darzustellenden Sujets und aus diesen eine
Sprache, der das Visionäre, das Utopische mangelt.
Als -Maler der kleinen Leute" ging es ihm nicht um
soziales Engagement. eher faszinierte ihn die Großstadt
als solche, ihr buntes menschenerfülltes Treiben. Er
sah in Paris Toulouse-Lautrec. reiste nach London
und brachte von daher immer nur schmale Bildausbeute
mit. Amsterdam jedoch. wo er lebte und herkam. spornte
formte und bildete ihn und seine subjektiv künstlerische
Tätigkeit. Seine Fotografie, meist Grundlage für seine
Bilder, oder was immer er von Amsterdam zeichnete.
malte, fotografierte. 'st von bezwingender Bildchronistik
aus jener Authentiz 't, die der Realität am n' hslen
kommt. Eine bemerkenswerte Künstlerpersönlichkeit.
verdient es Breitner doch. auch über die Niederlande
hinaus. sein Werk. erfaßt zu werden.
35. Ausstellung der Galerie eßücherstube am Theater",
bedeutende "Grafik von Marino Marini-. Der italienische
Bildhauer und Grafiker Marini. Reiter und Pferde sind
eines. Die Ursprünge seiner Kunst, im Etruskischen
gelegen. traduierl er nahtlos und profiliert. Des großen
Toskaners Weg ist von Sehnsucht nach nordischer
Kühle. dem Dunkel seiner Kathedralen getragen. Ein
Meister der Abstraktion. der Vereinfachung. die ihn
nur scheinbar von der Natur entfernen. so sagt er selber.
führt diese Ihn zu ihr zurück. da sie auf das Wesentliche
abzielt. Unter Blättern mit historischen und mythischen
Bezügen ein Radierzyklus -Marino from Shakespeare".
achtteilig. 1977. Seine Grafik. autonom. mediterran.
leicht und warm in Pastell- bis Erdtönen. Lichtes Grün
oder Gelb setzen grell-dramatische Akzente. (Abb. 2. 3)
Cleveland - Museum of Art
Mit der Exhibition wThe Graphit: Art of Federico Barocci-
erfolgte hier die Präsentation eines italienischen Malers
und fruchtbaren Zeichners des 16. Jahrhunderts. Barocci
(ca. 1535 -1612). einer der imposantesten und einfall-
reichsten Künstler der Zeit. ist eine Schlüsselfigur in
der Übergangsphase der ausgehenden Renaissance
zum Barock. Yale University Art Gallery und Cleveland
Museum vereinigten gemeinsam an 70 Zeichnungen
und ll Drucke. Ein Maler der Altarbilder und devotiona-
ler Werke für Kirchen in und um Urbino. schuf Barocci
Porträts, religiöse Werke. vor allem des lokalen
Adels. darunter Papst Pius IV..
42
Kaiser Ruclolphs ll., Kdnig Philipps ll. von Spanien.
des Herzogs von Toscana. Bedeutsam u.a. eine Werk-
zeichnung des frühesten, noch erhaltenen Altarstückes
-Die Vision der hl. Cäcilia". 1556. für die Kathedrale
von Urbino. Baroccis Malerei war beliebtes Vorbild
für Radierer und Kupferstecher des 16. Jahrhunderts.
Giovanni Bellori schrieb im 17. Jahrhundert eine Biogra-
phie über Barocci. die. nun erstmals englisch übersetzt.
eine fundamentale Quelle der Information über den
Künstler im Katalog einführend darstellt.
Düsseldorf - Hetjens-Museum
Galerie Vömel
i-Kontraste und Impulse - Keramiken aus dem Fernen
Osten und Europa". ein Vortrag, hier gehalten am
18. 1. 1978 von Dr. Adalbert Klein. Weniger die Bezie-
hungen als die Eigenarten verschiedener Kulturen
waren Gegenstand. Mit Vergleichen von Werken früher
Zeit mit solchen der Gegenwart bereitet Dr. Klein auf
die kommende Ausstellung x-Japanische Keramik"
- Kunstwerke historischer Epochen und der Gegenwart"
vor.
i-Keramik und Kunst - Kunst und Keramik". ein weiterer
Vortrag hier, gehalten von dem Direktor der Nürnberger
Kunsthalle Cun Heigl am 22. 2. 1978. Problematik der
Stellung der Keramik innerhalb der bildenden Kunst
das Thema. Moderne Keramik: JanuarlFebruar 1978
Retrospektive des 1960 jung verstorbenen 32jahrigen
deutschen Keramikers Albrecht Hohlt.
Galerie Vömel: vorn 20. 1. - 1. 3. 1978 Dieter Stöber.
ein Künstler. der nur Landschaften zeichnet. Ausgangs-
punkt die Natur. Subtil, fast akribisch gebiert er eine
Welt gnadenvoller Stille. ohne Mensch und Tier. Strände
in Italien. Felder. Winter unter bleigrauen Himmeln.
Baumgruppen setzen höhende Akzente. Karg in Aufwand
und Material. reich an erschauter Natur. künstlerisch
wohl heute nicht mehr so ganz up to date - oder doch,
zum Rückgewöhnen?
Gelsenkirchen - Städtisches Museum
Mit Georg Wolfgang Chaimowicz, 1929 in Wien geboren,
präsentierte der Gelsenkirchener Kunstverein einen
weiteren Österreicher. Der in Frankreich und Österreich
lebende Künstler hat hier "Ersichtliches" - Arbeiten
von 1967 - 1978 gezeigt. Chaimowicz arbeitet ausschließ-
lich in der Sprache unserer Zeit mit unkonventionellen
Mitteln. Seit seinem Studium in Bogota und bei Pauser
an der Wiener Akademie hat er sich total aus dem
Bereich des Gegenständlichen und Realen entfernt.
Er ist bekannt für seine materialgebundene Sprache.
die ihrerseits den Stil seiner Malerei bestimmt. (Abb. 4)
Karlsruhe - Badisches Landesmuseum
Ein sehr kostbares Objekt aus fürstlichem Besitz. ein
Geschenk Napoleons an seine Adoptivtochter Stephanie.
konnte das Badische auf einer Auktion in der Schweiz
erwerben. Wie so oft, auch diese Neuerwerbung hatte
sich bereits einmal im Karlsruher Schloß befunden.
Es handelt sich um ein prunkvolles Service aus hochka-
rätigem Gold bzw. feuervergoldetem Silber. das aus
der Werkstatt des Biennais, Paris, Rue St. Honore.
stammt. Die Einheitlichkeit der Ausführung, seines
Stils und seiner künstlerischen Qualität in allen 43
Stücken ist Werk zahlreicher Spezialisten. Diese impor-
tante Neuerwerbung. eine der wichtigsten der letzten
Jahre. wird zusammen mit den Prunkmöbeln des ehema-
ligen Thronsaales des Karlsruher Schlosses eine ent-
sprechende Präsentation erhalten.
Köln - Kunsthalle
Das Museum Ludwig machte sich hier verdient mit
einer Exposition des prominenten Amerikaners Jasper
Johns. Gemälde, Skulpturen und Graphik. nach New
York nun in Köln vom 11. 2. - 27. 3. 1978, werden an-
schließend in Paris, London, Tokio und San Francisco
gezeigt werden. Johns ist ein Künstler. der in der Lage
ist. uns zu verwirren. Sein Werk zwischen den Begriffen
Kunst. Malerei, Abbild und Wirklichkeit in sich verwur-
zelt. wirft die Frage auf. ob die Malerei nach der Erf
dung der Fotografie tot ist. Ob die abstrakte Malerei
die Kunst an ihre Grenzen geführt hat. Der abstrakten
Welle nach 1950 setzte er mit dem Einführen des Gegen-
standes in die Malerei ein neues Signal. Banale Realität
wird bei Johns etwas völlig Neues. So stellt er unser
eingependeltes Verhaltnis zu Kunstäußerungen in Frage.
zwingt uns in einen nie endenden Denkprozeß. der
letztlich vor seiner beispielsweise gemalten Fahne
zur Resignation führt. Ist diese nun Bild oder wirkliche
Fahne? Jasper Johns. in der zeitgenössischen Kunst-
szene der Malerei unumschränkt anerkannt. oft bewun-
dert. ist ein Künstler. der uns tatsächlich einiges aufzulö-
sen gibt. (Abb. 5)
Londonllnnsbruck - Galerie im Taxispalais
Sie trafen einander an der Londoner St. Martin's School
of Art. wahrscheinlich für später entscheidend. leben
aber jetzt in London. Gilbert (Prouschl a George (Pass-
more). in eigenem Auftrag "The Living Sculpture"
und z-Art for All" arbeiten sie. Prousch. ein Südtiroler
aus St. Martin, und Passmore aus Devon, zum untrenn-
bar denkendem Tandem gekoppelt. setzen neue Akzente
in der Gegenwartskunst. Von der Einheit Kunst und
Leben träumend, praktizieren sie diese echt. sind zum
Standbild ihrer selbst geworden. Wie in eUnderneath
the Arches", ihrem frühen künstlerischen Antritt. allge-
genwärtig. George 81 Gilbert tun und konnten etwas,
wovon Künstler oft fruchtlos lebenslang träumen und
es versuchen, nämlich sich selbst verwirklichen und
sich fest zu etablieren. "Gilbert and George. the Sculp-
tors, are Walking a new Road?" Ja und nein. Nach
der abgetanen Kreativphase des Plastischen bedienen
sie sich neuerdings der Fotografie als potenziertem
Ausdrucksmedium. Peter Weiermair erklärt beide -
alles in allem - vorzüglich so: wGilberls 8 Georges
Meisterwerk ist die Erfindung ihrer selbst. ihr Taktieren
ist eine ständige Reaktion sophistischen Zuschnitts
auf die Kunstwelt und ihre Reaktionenw"
Gilbert B. George. singulär, traditionell-anarchisch.
widersprüchlich und akzeptabel. artifiziell-blutvoll lebend
wache Geister. Doppelsilhouette am illusionären Garten-
zaun des imaginativen Kunst-Panoptikums dieses softly
verflüchtigenden 20. Jahrhunderts. (Abb. G)
London - Electrum Gallery
Sechs junge Objektkünstler: Babettolltalien, Bur-
tonlDeutschland. Chatwin. Hensel, Goodship. Man-
heimfEngland. waren vom 15. 2. A 11. 3. 1978 unter
dem Titel ajewellery grows on trees" in der Electrum
präsent. Alle. mehr oder weniger arriviert. huldigen
verschiedener Materialsprache. Babetto und Manheim
streng geometrisierend, präzise Formen in Gold und
Silber. aus der Härte des Materials resultierend. Burtons
und Hensels skulpturale Stücke, imaginativ und phanta-
sievoll. Chatwin erzielt starke Effekte aus Holzschichtun-
gen und in sich verdrehten oder verwickelten Formen.
Goodship. sensitiv, liebt Sterne. Monde und Silhouetten.
setzt diese deliziös auf Silber, nahe am Jugendstil.
Mexico-CitylWien - Lobmeyr und "Z"
Andrea Cordova-Senoner. eine Leinfellner-Elevin an
der Wiener Akademie für angewandte Kunst (196011961).
hatte Ende 1977 eine Doppelausstellung in Wien bei
Lobmeyr und der Zentralsparkasse der Gemeinde Wien.
Sie zeigte ein komplettes i-Griechisches Alphabet".
dazu die Objekte sStimme" und ßWort-r. reine Glasskulp-
turen. in der Gristaleria S.A. in MonterreylMexico roh
und heiß an der Glasmacherpleife geblasen. Weiters
12 Tierkreiszeichen. Bronzeskulpturen als Zyklus "Die
Sonne und ihre Planeten- sowie die Objekte "Welten"
und x-Rosetta". Glas wie Bronze formt Andrea aus
echter Leidenschaft zum Medium. ideenreich, sensibel
erarbeitet mit echter Leistung am Material gepaart.
In einem Fall der gewagte und geglückte Versuch.
archetypische Zeichen und Dispositionen in das 20.
Jahrhundert zu transportieren, in einer Interpretation.
die sich eigenwillig und in sich ausgerichtet profiliert.
Andrea. Südtirolerin von Geburt und vom bildhauernden
Großvater das künstlerische Rüstzeug mitbekommen,
verschmilzt im Sinne des Wortes zwei Altkulturkreise
zu gekonnter künstlerischer Symbiose in formklaren
Schöpfungen. (Abb. 7)
München - Malerei 79
Unter dem Titel wMalerei 79 - München- entwickelte
sich eine Malerinitiative zur Realisation einer internatio-
nal ausgerichteten Ausstellung. die sich in München
konstituiert hat und die durch einen 33köpfigen Arbeits-
ausschuß eingeleitet worden ist. 33 aktive Künstler
aus der Bundesrepublik wollen mit der Verwirklichung
dieses Projekts Entstehung und Tragweite der Malerei
bewußt machen, welche sich in unserem Jahrhundert
frei entfaltet hat und von der gegenwärtig neue starke
Impulse ausgehen. Dieses, ein Unternehmen ohne
ähnliche Vorläufer in der Vergangenheit sowohl in
Größenordnung wie Spannweite. soll die verschiedenen
Aspekte und Srömungen innerhalb dieses klassischen
Mediums auf völlig neue Weise offenlegen. München
wird damit als ein internationales Forum internationaler
Malerei Zentrum der aktuellen zeitgenössischen Malerei.
Um dieser großzügigen Aktion weiterhin das Interesse
wachzuhalten. soll in zwei- bis dreijährigem Rhythmus
diese Initiative fortgeführt werden. Sowohl die Malerei
Europas. Amerikas wie auch die Japans durch alle
Zeiten sind Träger des Vorhabens. Somit entstand
parallel zur -Skulptur 77K in Münsterlwestfalen, wahr-
scheinlich angeregt von dieser. ein gleichgeartetes
Unternehmen. das auf Zurückführung zur und auf Pro-
pagierung der reinen. autonomen Malerei aus ist.