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INTERNATIONALE SAMMLER-ZEITUNG 
Nr. 4 
Von den 300 Prachtexemplaren des vierbändigen 
Werkes schenkte der Zar 223 an die bedeutendsten 
Bibliotheken der Christenheit, die übrigen 77 Ti- 
schendorf. Für sich behielt der russische Kaiser nur 
das Widmungsexemplar und die Urschrift, die ihm 
von den Mönchen des Katharinenklosters verehrt 
worden war. Diese Urschrift ist eben der Codex 
Sinaiticus. der sich nun im Britischen Museum in 
London befindet, 
ffedor von Zobeltitz 
Der Pionier der Bibliophilie, 
Am 10. Februar ist in Berlin der Schrift 
steller Fedor von Zobeltitz im 77. Lebensjahr 
gestorben. Trotzdem er viele amüsante Romane ge 
schrieben hat, gingen die zünftlerischen Literaten 
immer mit einem Nasenrümpfen an ihm vorbei. Tat 
sächlich gehörte er nie zu ihnen, er hat zeit seines 
Lebens keiner »Richtung«, keiner Mode und keiner 
Clique angehört. Viele Jahre stand er in der vor 
dersten Reihe der am meisten gelesenen deutschen 
Autoren, und eine besondere Gabe hatte er: mit 
seinem ausgeprägten Gefühl für das Lebensvolle und 
Kulturfördernde erkannte er schon früh die Bedeu 
tung der Bibliophilie. Sie wurde seine beson 
dere Leidenschaft und war bald von seinem litera 
rischen Wirken nicht mehr zu trennen, 
Zobeltitz ist der Vater der modernen Bibliophilie 
in Deutschland geworden und eine große Zahl seiner 
aufrichtigen Bewunderer mag sich auch heute noch 
aus den Reihen der deutschen Bücherfreunde rekru 
tieren. Verwandtschaftlich in einen dichterisch be 
lebten Kreis gestellt, war ihm von Jugend auf der 
Umgang mit Büchern eine Selbstverständlichkeit. Er 
lernte sie lieben, nicht nur wegen der geistigen 
Nahrung, die sie ihm gaben, sondern auch als Do 
kumente menschlicher Kultur, als Objekte an sich. 
Gegen Ende des vorigen Jahrhunderts wurde die 
»Gesellschaft der Bibliophilen« gegründet, deren 
Träger Zobeltitz war. Es waren bis dahin nicht viele, 
die um den Reiz wußten, der von einer Original 
ausgabe oder einem typographisch wohlgelungenen 
Druck ausgehen kann. Aber mit der Vorliebe für 
schöne und seltene Bücher verband Zobeltitz Auf 
gaben, die einen größeren Raum erfüllten. Schon in 
den ersten Nummern der »Zeitschrift für Bücher 
freunde« offenbarte er sich als Pionier einer neuen 
Bewegung, die auf ästhetischem Gebiet ihre Auf 
gaben erblickte. Die Pflege der Kultur des Buches 
wurde ihm schließlich zur Lebensaufgabe. Er war 
der Forscher der Buchgeschichte, des Druckes, des 
Einbandes, er betrieb die Bibliophilie wissenschaft 
lich, und seine genaue Kenntnis der deutschen und 
ausländischen Literatur, sein guter Geschmack und 
sein ästhetisches Feingefühl befähigten ihn zur Füh 
rung auf diesem Gebiet. Die Erfolge in der Praxis 
blieben nicht aus: durch die von Zobeltitz unablässig 
geförderte Verbreitung der Buchkenntnis belebte 
sich der Antiquariatsmarkt, und schon nach zwölf 
Jahren Pionierarbeit konnte eine Buchgemeinde in 
Deutschland festgestellt werden, die sich trotz der 
Zeiten Ungunst bis heute erhalten hat. 
Zobeltitz selbst hatte schon als junger Leutnant 
mit dem Sammeln von Büchern begonnen. Zunächst 
kaufte er alle in Leihbibliotheken als wertlos aus 
gesonderten Ritter-, Räuber- und Geisterromane zu 
sammen und legte so den Grundstock zu seiner in 
aller Welt berühmt gewordenen Sammlung von 
Robinsonaden und Räubergeschichten. 
Später beschränkte es sich ausschließlich auf die 
deutsche Literatur vom 17. bis zum 19. Jahrhundert. 
Seine Bibliothek, die mehr als 30.000 Bände umfaßte, 
enthielt die seltensten Kostbarkeiten aus der Zeit 
der deutschen Klassik und Romantik. 
In der Inflationszeit war Zobeltitz gezwungen, 
sein Gut in der Neumark, das er schon einmal ver 
loren und dann aus den Erträgnissen seiner schrift 
stellerischen Arbeit wieder erstanden hatte, end 
gültig aufzugeben, Zu diesem Zeitpunkt verkaufte 
er auch den größten Teil seiner Bibliothek, die er 
| in seiner Berliner Wohnung nicht unterzubringen 
1 vermochte. 
JCunstschätze von Schloß Wefzdorß 
Ungefähr eine Fahrtstunde von Wien liegt Schloß 
W etzdorf mit dem sogenannten Heldenberg, wo 
Feldmarschall Wenzel Graf Radetzky zur ewi 
gen Ruhe gebettet wurde. Begründer des Wetzdorfer 
Heldenfriedhofes und Heldenberges war der im 
Jahre 1775 geborene Gottfried Josef Pargfrider, 
von dem einige Quellen berichten, daß er aus kleinen 
Anfängen sich zu Reichtum und großem Ansehen 
emporgearbeitet habe, während andere von schon 
ererbtem Wohlstand zu berichten wissen. Wie dem 
auch immer sein möge, fest steht, daß Pargfrider 
ein glühender Verehrer des Soldatentums im allge 
meinen und des großen Radetzky im besonderen 
war. In Wetzdorf hat Pargfrider für den berühmten 
Feldmarschall ein eigenes Zimmer eingerichtet, das 
Radetzky oft und gerne bewohnte. Nach dem Tode 
Radetzkys wurde der Leichnam unter großem mili 
tärischen Gepränge von Kaiser Franz Josef 
selbst nach Wetzdorf geleitet und dort am Helden 
berge beigesetzt. Heldenberg und Heldenfriedhof 
machte Pargfrider dem Kaiser Franz Josef zum Ge 
schenke, wofür er durch Verleihung des Ordens der 
Eisernen Krone 3. Klasse ausgezeichnet worden ist, 
ohne jedoch in seiner Bescheidenheit jemals von 
der mit diesem Orden verbundenen Erhebung in 
den erblichen Ritterstand Gebrauch zu machen. 
Schloß Wetzdorf selbst hat Pargfrider mit kunst 
vollem Mobiliar, guten Bildern, Gläsern und Por 
zellan sowie mit den verschiedensten Erinnerungs 
gegenständen an Radetzky und Napoleon I., zu 
dem er gleich wie zu seinem Ideal Radetzky be 
wundernd aufblickte, angefüllt.
	        
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