sich das Faschingstreiben auf seinem Höhepunkt
befindet. Wir erblicken typische Fastnachtszenen -
Figuren mit ausgefallenem Kopfschmuck". davor
ein tanzendes Paar. Gegen das ausgelassene Trei-
ben ziehen von der rechten Bildseite die Fasten in
Gestalt einer Frau zu Felde. die auf einem großen
runden Tisch einen tafelfertigen Fisch hereinträgt
(Abb. 6).
Boschs Einfluß in der Behandlung des Themas
bleibt in der Version Breughels präsent - dies gilt
insbesonderefür die Bildhandlung im Vordergrund:
ein dickwanstiger Narr auf einem Faß als Inkarnation
des Karnevals steht einer hageren, griesgrämigen
alten Frau gegenüber. die offenbar als Allegorie der
Fasten zu deuten ist.
Was Bosch und Breughel in der Behandlung des
Themas verbindet. ist in erster Linie die komposito-
rische Komponente - der Dualismus des Themas
wird in Form einer betont räumlichen Abgrenzung
zum Ausdruck gebracht.
Im Gegensatz aber zu Bosch, der sich relativ eng an
den Wirkungsrahmen des Themas hält. polarisiert
Breughel in einem weit umfassenderen Sinne. Die
detaillierte Schilderung der Fastnachtsbräuche wird
unter seinem Pinselstrich so zu einem Spiegelbild
menschlicher Existenz. voller Anklänge an Eigen-
heiten und Mißstände seinerZeit. wieArmut. Laster.
Blindheit und Siechtum - hier wird unübersehbar
Kritik deutlich. Selbst die Architektur wird von
Breughel in diesen thematischen Dualismus mit
einbezogen. so beispielsweise. indem er der Kirche
auf der Seite der Fasten das Wirtshaus auf der Seite
des Karnevals gegenübersteht. Hier zeigt sich. wie
differenziert Breughel Bosch empfunden und vor al-
lem. wie konsequent er sich an ihm selbst weiter-
entwickelt hat. Diese Einsicht unterstreicht den ab-
soluten Anspruch auf Originalität und Individualität
schöpferischen Wirkens. den Musper in den Worten
zum Ausdruck bringtü:
nWir haben die Überzeugung und sie hat sich bisher
immer bestätigt. daß geistige Äußerungen zweier
Menschen nicht vertauscht werden können. Es ge-
hört zu den wunderbarsten Tatsachen. daß die An-
lage eines Kunstwerks im Großen wie jede kleinste
Einzelheit dem Gesetz der Persönlichkeit unterliegt
und also jede einzelne künstlerische Äußerung das
Kennzeichen ihrers Urhebers trägt-
7 Pieter Breughel d. Ä., -Die Kinderspiele-x. 1560. Aus-
schnitLOl aulHolz,118 x 161 cm; bez.u.r. -BruegeI15601,
Wien, Kunsthistorisches Museum. Gemäldegalerie,
Anmerkungen 24, 25
" unter lkonologlschen Aspekten nur schwer denkbar
M T, Musper. Untersuchungen zu Regler van derWayden und Jan van
Eyck, Stullgar! o.J.
C1 Anschrift des Autors
Dr. Claus Peter Egner
Wirichsbongardsmaße 5
0-5100 Aachen